Wird die Landtagswahl 2018 mit den Ergebnissen der Bundestagswahl 2017 verglichen, hat laut der „USBW 18“-Studie die CSU weniger Stimmen verloren. Im Vergleich zur Bundestagswahl sind die vorherigen CSU-Wähler zu den Freien Wähler und zu den Grünen abgewandert. Außerdem haben rund 200.000 vorherige CSU-Wähler bei der Landtagswahl 2018 im Vergleich zur Bundestagswahl nicht gewählt. Dahingegen hat laut der Studie die CSU rund 80.000 Stimmen von der AfD gewinnen können.
Die AfD hat ihr Ergebnis der Bundestagswahl von 12,6 Prozent im Vergleich zur Landtagswahl 2018 nicht halten können. Obwohl zudem vor allem der Absturz der SPD nach der Landtagswahl diskutiert wird, wie Merkur.de* berichtet, zeigt sich in den Ergebnissen der „USBW 18“-Studie, dass die Linke und die FDP prozentual gesehen im Vergleich zu ihren Ergebnissen bei der Bundestagswahl tatsächlich mehr Wähler verloren haben.
Zusätzlich zu der bayernweiten Befragung führten die Forscher der „USBW 18“-Studie auch detaillierte Befragungen in den drei Städten München, Regensburg und Passau durch. Dabei wurden die Wähler beim Verlassen des Wahllokals gebeten, an der Befragung teilzunehmen. Die Auswahl der Städte ergab sich aus der Kooperation der drei Universitäten in München, Passau und Regensburg.
Die zehn untersuchten Stimmbezirke in Regensburg und Passau wurden per Zufall ausgewählt. Die 16 Stimmbezirke, die in München ausgewertet wurden, sind dieselben wie die bereits 2013 untersuchten Stimmbezirke. So möchte die Studie auch den zeitlichen Verlauf von Wählerwanderungen festhalten. In München und Passau nahmen jeweils rund 60 Prozent der Befragten teil, in Regensburg rund 70 Prozent.
Besonders in München profitierten die Grünen von den Wählerwanderungen. Laut der „USBW 18“-Studie kommen fast die Hälfte aller Grün-Wähler von der SPD. Generell weise München seit längeren ein deutlich anderes Wahlverhalten auf als die ländlichen Gebiete, was bisher der SPD zugute gekommen sei. Mit der Landtagswahl 2018 haben sich die politischen Kräfte jedoch verschoben. „Die Grünen lösen die SPD als urbane Opposition ab“, heißt es in der Studie. Mit Siegen der Direktkandidaten in fünf von neun Münchner Stimmkreise setzten sich die Grünen in München durch, wie Merkur.de* berichtet.
Die CSU hat im Vergleich zur Landtagswahl 2013 auch in München vor allem an die Grünen und an die AfD Stimmen verloren. Im Kontext der Bundestagswahl sieht dies allerdings anders aus. Zwar wanderten ebenfalls viele CSU-Wähler zu den Grünen ab, dennoch konnte die CSU in diesem Kontext Stimmen von der AfD gewinnen.
In Passau konnten die Grünen auf ihre Stammwähler zählen: Rund 74 Prozent wählten nach der Landtagswahl 2013 erneut diese Partei. Außerdem konnten die Grünen Stimmen von allen anderen Parteien außer der AfD gewinnen.
Die AfD konnte dafür im Vergleich zur Landtagswahl 2013 die meisten Nichtwähler mobilisieren. Sie profitierte außerdem ebenfalls von ihren Stammwählern. Rund 70 Prozent, die bei der Bundestagswahl 2017 die AfD gewählt haben, entschieden sich auch bei der Landtagswahl 2018 für diese Partei. Auf ihre Stammwähler zählen konnte dagegen mit rund 67 Prozent ansonsten nur die CSU - die SPD, FDP und die Linke verloren im Vergleich mit der Bundestagswahl Stimmen an die anderen Parteien.
Obwohl die CSU zwar an fast alle Parteien Wähler verloren hat - vor allem an die Grünen und an die AfD - konnte die CSU dennoch Stimmen von der FDP und den Freien Wählern gewinnen. Außerdem gelang es der Partei laut der „USBW 18“-Studie mit 16,5 Prozent, Nichtwähler „in einem beachtlichen Ausmaß“ zu mobilisieren.
Großer Gewinner der Wählerwanderung sind auch in Regensburg die Grünen. Vor allem von der SPD, der FDP, der Linken und den Freien Wählern konnte die Partei Stimmen gewinnen. Auch in Regensburg konnten sich die Grünen zudem auf ihre Stammwähler stützen: Rund 77 Prozent haben diese Partei bereits bei der Landtagswahl 2013 gewählt.
Auch die AfD konnte im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 einen Großteil ihrer Wähler halten. Verloren haben dagegen erneut die SPD, die FDP und die Linke. Zum Beispiel haben nur 36 Prozent der Wähler, die bei der Bundestagswahl 2017 die SPD gewählt haben, bei der Landtagswahl 2018 wieder die Sozialdemokraten gewählt. Die Freien Wähler konnten dagegen die Hälfte ihrer Stammwähler mobilisieren.
An der Studie des Lehrforschungsprojekts „Universitätsstudie Bayernwahl 18“ nahmen bisher rund 18.000 Menschen in ganz Bayern teil. Sie wurden vor und nach der Wahl entweder per Fragebogen und Telefon befragt.
Bei den bisher veröffentlichten Daten der Studie handelt es sich alleridngs zunächst um vorläufige Ergebnisse. Die endgültigen Ergebnisse der Studie erwartet Prof. Dr. Helmut Küchenhoff in den nächsten sechs Monaten. „Da es sich um ein Lehrforschungsprojekt handelt, fangen wir gerade mit einem zugehörigen Seminar an“, sagt er.
Mithilfe von Studenten werden so noch weitere Daten ausgewertet. Zum Beispiel kommen noch Daten aus Gemeinden in den Regionen Oberpfalz und Niederbayern hinzu. Außerdem werden die Ergebnisse einer bayernweiten Online-Nachwahlbefragung, die noch bis voraussichtlich Sonntag, 28. Oktober, läuft, und die Frage, welche Gründe die Wählerwanderungen haben, untersucht. Wie genau die einzelnen Stimmkreise in Bayern gewählt haben, können Sie auf Merkur.de* nachlesen.
Bezüglich der vorläufigen Studienergebnisse ist zu beachten, dass es bei der statistischen Erhebung von Daten auch zu Verzerrungen kommen kann. Gründe hierfür seien zum Beispiel die Teilnahmeverweigerung von Wählern, falsche Angaben und das Fehlen der Briefwähler. Außerdem könne auch die zufällig getroffene Auswahl der Stimmbezirke das Ergebnis beeinflussen.
Auch dass die Befragungen jeweils vor und nach der Wahl durchgeführt wurden, bringt laut Prof. Dr. Küchenhoff Probleme mit sich. „Vor der Wahl sind viele Wähler noch unentschlossen, nach der Wahl kennen die Leute das Ergebnis und passen ihre Antworten möglicherweise daran an“, erklärt er. Trotzdem findet er es bemerkenswert, dass die Ergebnisse der Studie mit den amtlichen Wahlergebnissen so gut zusammenpassen.
Wer Interesse an den Details der Studie hat, findet ein PDF mit den ersten Forschungsergebnissen im Detail auf der Internetseite des Statistischen Beratungslabors der LMU München.
In wenigen Tagen findet außerdem die Landtagswahl in Hessen statt. Auch dort werden laut aktuellen Umfragen zur Wahl Abstürze von der CDU und der SPD erwartet.
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