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Markus Söder und die sanfte Ergrünung der CSU

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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Samstag nach einer Vorstandsklausur der CSU. Foto: Lino Mirgeler
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Samstag nach einer Vorstandsklausur der CSU. Foto: Lino Mirgeler © Lino Mirgeler

CSU-Chef Söder will sich als oberster Klimaschützer der Republik profilieren. Und seine Partei folgt ihm - aus mehreren Gründen.

Feldafing (dpa) - Der ergrünte Markus Söder wirkt sehr zufrieden mit sich. «Das war heute ein sehr wichtiger Tag für die CSU», sagt der Parteichef mit staatstragend-ernster Miene. «Unglaublich geschlossen» sei seine Partei, das mache ihn auch ein bisschen stolz.

Die CSU betreibe nun «Klimaschutz mit offenem Herz und scharfem Verstand» - und sie «wolle echte geistige Orientierung für die Zukunft geben».

Kurz zuvor ist eingetreten, womit zwar alle gerechnet hatten, aber vielleicht nicht in dieser Deutlichkeit: Der CSU-Vorstand hat die neue «Klimastrategie» der Partei gebilligt - einstimmig. Natürlich hätten einige an der einen oder anderen Stelle gerne etwas mehr oder etwas weniger gehabt, sagt Söder. Das sei normal. Doch das Ganze zu einem guten Ende zu bringen, das gehöre eben zu einer «politischen Führungsaufgabe» dazu.

Fakt ist: Söder hat seine Partei in den vergangenen Wochen und Monaten merklich ergrünen lassen. Erst das große Artenschutz-Paket, mit dem er auf das bayerische Volksbegehren «Rettet die Bienen» reagierte. Trotz anfänglicher innerparteilicher Widerstände setzte er das Gesetzespaket und damit seinen politischen Kurs letztlich durch.

Und nun der Klimaschutz: Auch den hat Söder schon vor langer Zeit zur Chefsache gemacht, hat Richtung und Tempo vorgegeben. Der CSU-Chef wollte zum einen wohl nicht länger zusehen, dass die Grünen lange Zeit von Umfragerekord zu Umfragerekord eilten. Zum anderen hat er schneller als andere die Brisanz des Themas erkannt, und dass der Klimaschutz viele Menschen bewegt, vor allem Jugendliche.

Söder aber will mehr, als einfach nur die Grünen kopieren. «Er will das Original werden», sagt einer aus dem Parteivorstand. Söder wolle sich selber und seine Partei als neuen Taktgeber im Umwelt- und Klimaschutz profilieren. Pionier, Vorreiter, Vordenker, Vorbild - viele derartige Begriffe bemühen Söder, Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Bayerns Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer, als sie am Samstag die Ergebnisse der Vorstandsklausur vorstellen. Ohnehin sei die Vereinigung von Klimaschutz und Konjunkturpolitik alte CSU-Linie, sagt Söder. «Wir beleben eine Ur-DNA der CSU wieder.»

Und tatsächlich hat Söder es nun geschafft, den Vorstand hinter sich zu scharen und Skeptiker in seiner Partei verstummen zu lassen. Natürlich habe Söder mit seinem Klimaschutz-Kurs viele überrascht und zum Teil auch überrollt, berichtet ein Vorstandsmitglied. Er habe aber seit seinem Amtsantritt als Parteichef deutlich an Autorität gewonnen - seine Führung werde deshalb ohne Wenn und Aber akzeptiert.

Hinzu kommt: Es ist kein völlig radikaler Klimaschutz-Kurs. Die umstrittene Mindestabstandsregel für neue Windräder beispielsweise rührt Söder nicht an, zumal nicht in Sichtweite der bayerischen Kommunalwahlen im kommenden Jahr. Vieles im CSU-Klimakonzept sei auch Symbolik, räumt ein Vorstandsmitglied ein. Es enthalte auch keine Zumutungen, sondern arbeite mit Anreizen und Angeboten. Also: Eine CO2-Steuer soll es nicht geben, dafür etwa einen Steuerbonus für den Kauf energieeffizienter Waschmaschinen oder Kühlschränke.

Auch der CSU-Wirtschaftspolitiker Peter Ramsauer warnt zwar, man dürfe «den Gaul des Zeitgeistes» nicht zu Tode reiten, lobt aber die Kopplung von Klima- und Wirtschaftspolitik im Klimakonzept. Genau diese Mischung hält Söder für entscheidend, um beim Klimaschutz möglichst viele Menschen mitzunehmen und das Land nicht zu spalten.

Hinzu kommt, dass im Moment kaum absehbar ist, wie sich die von der CSU präferierte Ausweitung des CO2-Zertifikatehandels unter anderem auf den Verkehrsbereich finanziell für die Bürger auswirken wird. Klar aber ist: Der Klimaschutz wird viel Geld kosten. «Das ist ein großes Milliardenprojekt. Das sind schon zig Milliarden, die da anstehen werden», sagt Söder. Neue Schulden lehnt er strikt ab: «Wir glauben, dass das Ganze finanzierbar ist mit einer schwarzen Null.»

Und schließlich grenzt sich Söder von den Grünen umso schärfer ab. Die fielen «als intellektueller Sparringspartner beim Klimaschutz aus», lästert er. Auch das hält interne Skeptiker bei Laune. Mit dem neuen CSU-Konzept in der Tasche gehen Söder & Co. nun in die entscheidende Phase der Berliner Koalitionsberatungen über ein großes Klimaschutz-Paket.

Aus der SPD aber kommt sofort Kritik. «Auch wenn sich die Schwarzen jetzt grün anpinseln, sie bleiben der verlängerte Arm der Industrie», sagt Bayerns SPD-Landeschefin Natascha Kohnen. Und die Grünen kontern postwendend, sie selber blieben die «eigentlichen Taktgeber» im Klimaschutz. Grünen-Landeschef Eike Hallitzky keilt im Bayerischen Rundfunk zurück: «Wer glaubt, das Klima lässt sich mit ein paar kleinen Maßnahmen schützen, der ist ein Blender oder ahnungslos.»

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