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Merz legt bei der AfD-Debatte bei Polizei und Bundeswehr nach - und kritisiert Union scharf

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Friedrich Merz
Der CDU-Politiker Friedrich Merz. © dpa / Christoph Schmidt

Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat in der Debatte um einen vermeintlichen „Rechtsruck“ bei Polizei und Bundeswehr nachgelegt - und dabei die Politik angegriffen.

Update vom 8. Juli 2019: In einer Kolumne für die Welt am Sonntag hat sich Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz nochmals zu dem viel diskutierten „Rechtsruck“ bei Polizei und Bundeswehr geäußert - und dabei die SPD, aber auch seine CDU angegriffen. 

Ende Juni hatte Merz in einem Interview erklärt, dass CDU/CSU immer mehr Wählerstimmen aus Polizei und Bundeswehr an die AfD verlieren. Die Reaktionen auf seine Vermutung seien „aufschlussreich“ gewesen, schreibt Merz nun. Dabei habe er die „Dimensionen des Themas eher unterschätzt“, wie er jetzt schreibt. 

Aus „einem schlichten Befund einer Wählerwanderung“ sei eine Debatte über „Rechtsruck“ geworden. Ein solchen wolle er den Streitkräften und der Polizei keinesfalls unterstellen. Er stelle nur fest, dass sich „immer mehr Beamte der AfD zuwenden, weil sie nicht mehr den Eindruck haben, dass ihnen der Staat ausreichend Rückendeckung gibt, um ihren Auftrag zu erfüllen.“

Darüber hinaus spricht Merz von einer „Erosion unseres Rechtsstaates, die auf vielen Ebenen seit Langem erkennbar“ sei. So sei die „Hinwendung zur AfD in Polizei und Bundeswehr also in den wenigsten Fällen ein ‚Rechtsruck‘, sondern überwiegend ein Akt der Verzweiflung von Staatsdienern, die sich im Stich gelassen fühlen und deshalb auf die einfachen Antworten einer selbst ernannten Alternative setzen“.

Dabei schiebt er aber nicht nur der Union die Schuld in die Schuhe, auch die SPD bezieht er in seine Kritik ein. So fragt Merz in seiner Kolumne: „Kann es sein, dass sich nicht die Wähler verändert haben, sondern dass ihnen die Politik einfach keine ausreichenden Antworten mehr gibt?“

Man löse das Problem der Hinwendung zur AfD nicht, in dem man deren Existenz infrage stelle und auch nicht damit, dass man die Wähler kritisiere. Vielmehr müssen man das Vertrauen der Bürger wieder für sich gewinnen, so der 64-Jährige. Merz hatte sich am Wochenende auch für einen „unaufgeregten Umgang“ mit der AfD ausgesprochen - und Gegenwind aus der eigenen Partei erhalten.

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Merz warnt vor AfD-Sympathien bei Polizei und Bundeswehr - Gewerkschaft bestätigt „Schieflage“

Update vom 24. Juni 2019: Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, hat bestätigt, dass in der Bundespolizei Mitarbeiter mit rechtsnationalen Parteien sympathisieren. „Da ist bei vielen Beamten etwas in Schieflage geraten, was sich in Sympathien für das rechtsnationale Parteienspektrum ausdrückt“, sagte Bundespolizist Radek der Rheinischen Post am Montag. 

Friedrich Merz
Der CDU-Politiker Friedrich Merz. © dpa / Christoph Schmidt

Die Bundesregierung habe der Bundespolizei nie erklärt, warum die Beamten im Jahr 2015 und danach trotz ihres strapaziösen Einsatzes an der Grenze von ihrem gesetzlichen Auftrag, die unerlaubte Einreise zu unterbinden, hätten abweichen müssen. „Daraus haben sich bei Bundespolizisten Sympathien für die AfD entwickelt. Eine politische Spätfolge davon ist, dass heute Bundespolizisten bei Landtagswahlen für die AfD kandidieren.“

Er beklagte, dass die „Wertschätzung der Bundesregierung für die Arbeit der Bundespolizei über viele Jahre in der großen Koalition nicht spürbar gewesen sei. Erst in den vergangenen drei Jahren, habe ein Umdenken stattgefunden, es gebe mehr Stellen. „Für den Vertrauensverlust ist das zu spät“, sagte Radek.

Der CDU-Politiker Friedrich Merz hatte am Wochenende vor einem Abdriften von Polizisten und Soldaten hin zur rechtspopulistischen AfD gewarnt und damit eine Diskussion über die Sicherheitspolitik der Regierung angestoßen. „Wir verlieren offenbar Teile der Bundeswehr an die AfD. Wir verlieren Teile der Bundespolizei an die AfD“, sagte der frühere Fraktionschef im Bundestag der „Bild am Sonntag“. Um dem Trend zu begegnen, müsse die CDU eine Partei sein, die ohne Wenn und Aber hinter den Sicherheitsorganen stehe. „Nur mit eindeutigem Rückhalt aus der Politik können sie jeden politischen Extremismus erfolgreich bekämpfen.“

Merz warnt vor AfD-Sympathien bei Polizei und Bundeswehr - Seehofer und Leyen kontern scharf 

Update vom 23. Juni 2019: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) haben Vermutungen des früheren Unionsfraktionschefs Friedrich Merz (CDU) über AfD-Sympathien in den Reihen von Bundeswehr und Bundespolizei scharf kritisiert. Die Aussage sei "schon vom Ansatz her falsch", warf Seehofer dem CDU-Politiker in der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe) vor. Von der Leyen sagte dem Blatt: "Polizei und Bundeswehr sind allein der Verfassung verpflichtet und gehören keiner Partei".

Auch Seehofer attackierte Merz scharf: "Er sollte die Bundespolizei nicht als Trittbrett für seine politische Karriereplanung missbrauchen." Die Bundespolizei stehe fest auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung. "Sie ist kein Eigentum einer Partei, sondern Teil unserer offenen Gesellschaft".

Ähnlich äußerte sich Verteidigungsministerin von der Leyen. Sie kritisierte zudem, Polizisten und Soldaten verdienten mehr Wertschätzung und "keine Mutmaßungen, wo sie ihr Kreuz machen".

Erstmeldung: Merz warnt vor AfD-Sympathien bei Polizei und Bundeswehr: „Wir verlieren offenbar Teile“

Berlin - Der CDU-Politiker Friedrich Merz ist besorgt darüber, dass sich Teile der Bundeswehr und der Bundespolizei der AfD zuwenden. Außerdem nahm er den sächischen Ministerpräsident Michael Kretschmer in Schutz, der ein Ende der Sanktionen gegen Russland gefordert hatte.

In einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ wurde der frühere Fraktionschef im Bundestag mit der Frage konfrontiert, ob der Staat einen blinden Fleck auf dem rechten Auge habe. Das hoffe er nach eigener Aussage nicht. Laut ihm habe es viele Versäumnisse gegeben, die inakzeptabel seien. Was ihn aktuell aber besorgt, seien Gespräche mit Bundestagsabgeordneten aus dem Verteidigungsausschuss, die ihm mitteilten: „Wir verlieren offenbar Teile der Bundeswehr an die AfD“. Bei der Polizei höre er das Gleiche: „Abgeordnete aus dem Innenausschuss sagen: Wir verlieren Teile der Bundespolizei an die AfD.“

Merz besorgt über AfD-Anhänger in Bundeswehr und Bundespolizei: Rückhalt aus der Poltik nötig

Um den jüngsten Entwicklungen entgegenzuwirken, müsse die CDU laut ihm eine Partei sein, die ohne Wenn und Aber hinter den Sicherheitsorganen stehe. „Nur mit eindeutigem Rückhalt aus der Politik können sie jeden politischen Extremismus erfolgreich bekämpfen.“

Merz selbst habe auch Verwandte sowie viele Bekannte und Freunde, die bei der Bundeswehr oder Bundespolizei sind. Aus Erzählungen habe er deshalb gehört, dass sich dort viele „von ihren Dienstherren im Stich gelassen fühlen“. Auf die Frage, ob damit konkret Innenminister Seehofer und Verteidigungsministerin von der Leyen gemeint seien, antwortete er nur mit den Worten „Der Vertrauensverlust betrifft jeweils die gesamte Institution“. Das kann also als indirektes Ja verstanden werden.

Merz nimmt Ministerpräsident Kretschmer in Schutz

In dem Interview ging die Bild ebenfalls der Frage nach, ob sich die Menschen im Osten Deutschlands ungerecht behandelt fühlen und die AfD dort deshalb so viele Anhänger findet. Nach der Einschätzung von Merz herrsche dort „zumindest das Gefühl, dass die Stimme des Ostens im Rest der Republik nicht genügend gehört wird“. Außerdem sagte er: „Vielleicht sprechen wir in der Tat nicht genug miteinander.“

Er finde es beispielsweise nicht in Ordnung, wie der sächsische Ministerpräsident angegangen wurde. Dieser hatte ein Ende der Sanktionen gegen Russland gefordert. Merz sei in dieser Hinsicht zwar anderer Meinung, man müsse den Osten Deutschlands aber trotzdem anhören. „In Ostdeutschland haben viele Unternehmen große Sorgen um ihre Arbeits­plätze, weil sie unter den Folgen der Russland-Sanktionen deutlich mehr leiden als westdeutsche ­Firmen.“ Man brauche sich nicht wundern, wenn niemand versucht das zu verstehen und sich die Menschen dann abwenden.

Europa könne die Sanktionen zwar nicht aufheben, solange der Konflikt in der Ostukraine weiter schwele. Er betonte aber, dass jeder Gesprächskontakt genutzt werden müsse, um aus dem Konflikt auch wieder herauszukommen. „Dass er die Gelegenheit genutzt hat, mit Putin zu sprechen, kann man nicht kritisieren. Das sollte jeder tun, der dazu die Möglichkeit hat.“

Der AfD wird vorgeworfen, mit ihrer Rhetorik rechtsextreme Gewalt zu fördern. Die politische Debatte ist besonders aktuell aufgrund des Mordes an Walter Lübcke heftig. Die CDU richtet schwere Vorwürfe an die AfD, spricht von Mitschuld. Währenddessen schließt Sachsen-Anhalts CDU-Fraktionsvize Thomas zumindest für die Zukunft eine Koalition nicht aus. Und die AfD fordert in einem Positionspapier eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. 

nz/fs

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