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Sturmgewehr-Attrappe im Paket: Drohung gegen sächsischen SPD-Chef - „zu Freiwild erklärt“

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Sitzung SPD-Parteivorstand
Sachsens SPD-Chef Martin Dulig. © dpa / Bernd von Jutrczenka

Nach dem Fall Lübcke scheint die Sicherheitslage prekär zu bleiben.

Update vom 29. Juni 2019: Der sächsische Wirtschaftsminister und SPD-Landeschef Martin Dulig ist Opfer einer massiven Bedrohung geworden. Dulig erhielt an seine Privatadresse ein Paket mit der Nachbildung eines Sturmgewehrs, wie der 45-Jährige dem Redaktionsnetzwerk Deutschland bestätigte. "Geöffnet hat das Paket meine Frau Susann. Im Beisein meines 83-jährigen Vaters", sagte er. Auf den ersten Blick sei nicht erkennbar gewesen, dass es keine echte Waffe war.

Bei der täuschend ähnlichen Nachbildung der an Dulig versandten Waffe handelt es sich dem Bericht zufolge um einen frei verfügbaren Soft-Air-Nachbau des Sturmgewehrs G36 der Firma Heckler & Koch, mit dem auch die Bundeswehr ausgerüstet ist. Die Lieferung kam demnach bereits Mitte Mai.

Dulig, der auch Ostbeauftragter der Bundes-SPD ist, sagte dem RND: "Bedroht und beschimpft werde ich täglich. Genauso wie viele andere Politiker und Bürgerinnen und Bürger, die sich für eine mitmenschliche Gesellschaft und unsere Demokratie einsetzen."

Die meisten dieser Drohungen mache er nicht öffentlich, "um den Tätern nicht auch noch die Genugtuung zu geben, dass sie mich getroffen haben". "Aber das geht jetzt gegen meine Familie. Das ist mein wundester Punkt", sagte der SPD-Politiker. "Nicht nur ich, meine ganze Familie wird von diesen Leuten immer mehr zu Freiwild erklärt."

Das Paket mit der Sturmgewehr-Attrappe war zwei Wochen vor der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke an Dulig verschickt worden. Nach dem Tod von Lübcke hatten mehrere Kommunalpolitiker Morddrohungen erhalten, darunter die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die bereits 2015 Opfer einer rechtsradikal motivierten Gewalttat geworden war.

Update vom 23. Juni 2019: Wie kann sich unsere Demokratie schützen?, fragt Anne Will ihre Gäste am Sonntag, 23. Juni, nach dem Mord an Walter Lübcke. Unter anderen diskutiert Kramp-Karrenbauer mit.

Nach Lübcke-Mord auch Drohungen gegen Politiker: Neue Details zum Verfasser

12.35 Uhr: Im Fall der Morddrohungen gegen Kommunalpolitiker in Nordrhein-Westfalen gehen die Ermittler davon aus, dass der Verfasser oder die Verfasserin in der Vergangenheit bereits mehrere Drohmails geschrieben hat. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte am Freitag in einem WDR-Interview zu den Drohungen gegen die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker und den Altenaer Bürgermeister Andreas Hollstein: „Wir wissen, dass es einer ist, der häufiger in den letzten Jahren mit solchen Mails aufgetaucht ist.“

Es sei auffällig, dass er Geld fordere. „Das Ganze mit politischen Aussagen unterstützt. Der ganze Brief ist ja rechtsradikal formuliert, und deswegen muss man das sich sehr genau angucken.“ Man müsse jetzt sorgfältig prüfen, ob die Gefahren ganz konkret seien. „Vor allem, weil es sich in zwei Fällen ja auch um Politiker handelt, bei denen ein solcher Anschlag ja schon mal stattgefunden hat“, sagte Reul weiter. Die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali rechnete in einem wütenden Statement auf Facebook mit den Nachwirkungen der Straftat ab. Währenddessen macht sich Entsetzen über Äußerungen einiger Pegida-Demonstranten breit, die den Mord an Walter Lübcke rechtfertigen wollen.

Polizeigewerkschaft fordert mehr Beamte für Strafverfolgung im Netz 

Update vom 21. Juni, 07.32 Uhr: Nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke fordert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) mehr Personal für die Strafverfolgung im Internet. Die Polizei verfüge "momentan gar nicht über so große Kapazitäten, ein Videoportal oder soziale Netzwerke systematisch zu durchforsten", sagte der GdP-Vorsitzende Oliver Malchow der "Welt" (Freitagsausgabe). "Hier ist künftig mehr qualifiziertes Personal nötig."

Zur möglichen Wirkung von extremistischen Äußerungen im Netz sagte Malchow, "solche Häme und Hetze geben denen, die bereit dazu sind, Gewalt anzuwenden, womöglich den noch fehlenden Anstoß". Derzeit befürchtet die Polizei seinen Worten zufolge, dass sich durch den Mord an Lübcke "andere Rechtsextremisten - aber auch anders motivierte Menschen - zu Nachahmungstaten aufgerufen fühlen". Die Sicherheitsbehörden müssten sensibel sein, Hinweise genau analysieren und Gefährdungsbewertungen vornehmen.

Lesen Sie auf merkur.de* einen Kommentar zum Fall Lübcke von Merkur-Chefredakteur Georg Anastasiadis.

Falls sich in dem Mordfall ein rechtsterroristischer Hintergrund erhärte, "wird dies sicherlich eine historische Zäsur sein", sagte der Gewerkschaftschef weiter. "Wenn eine politische Überzeugung zum Töten von Menschen führt, die eine andere Überzeugung etwa in der Flüchtlingspolitik haben, dann gibt es in Deutschland eine neue Sicherheitslage."

Staatsanwaltschaft und LKA Berlin ermitteln nach Drohmails gegen Politiker

Update 20. Juni, 14.34 Uhr: Nach Morddrohungen gegen Politiker in Nordrhein-Westfalen haben die Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt Berlin die Ermittlungen übernommen. Gegenstand seien die am Mittwoch an "Institutionen und Personen des öffentlichen Lebens" versandten Drohmails, teilten die Sicherheitsbehörden in Berlin am Donnerstag mit. Dabei werde geprüft, ob die jüngsten E-Mails in Zusammenhang mit früheren bundesweiten Drohschreiben mit rechtsextremistischem Hintergrund stünden.

Weitere Auskünfte wollten die Behörden unter Verweis auf die andauernden Ermittlungen zunächst nicht erteilen. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte eine Morddrohung erhalten. Laut dem WDR hat diese offenbar einen rechtsextremen Hintergrund und steht im Zusammenhang mit der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU). Auch der Bürgermeister der westfälischen Stadt Altena, Andreas Hollstein (CDU), soll laut WDR eine Morddrohung erhalten haben.

Die Berliner Ermittler leiten seit Januar federführend die Ermittlungen zu der seit über einem Jahr laufenden Serie von Drohschreiben. In dieser gingen mit "Nationalsozialistische Offensive", "NSU 2.0" oder "Wehrmacht" unterschriebene Drohmails an Gerichte und Behörden, Institutionen, Politiker, Anwälte, Journalisten und Prominente.

Die Serie umfasste bereits vor rund zwei Monaten mehr als 200 solcher Schreiben. Anfang April wurde in dem Zusammenhang ein 31-jähriger Tatverdächtiger aus Schleswig-Holstein festgenommen, die Serie war damit aber nicht zu Ende. Dem Mann wurde unter anderem die Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten vorgeworfen.

Nach Lübcke-Mord: Weitere prominente Politiker bestätigen Todesdrohungen

Update 20. Juni, 6.30 Uhr: Nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke haben die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, der Bürgermeister von Altena und weitere deutsche Politiker Morddrohungen erhalten. Die Polizei bestätigte am Mittwochabend in Köln, dass eine Drohung gegen Reker nach dem Mord an Lübcke eingegangen sei. Ob es einen Zusammenhang mit dem Verbrechen gäbe, könne er nicht sagen, fügte ein Polizeisprecher hinzu. Zuständig sei zentral das Landeskriminalamt Berlin, da neben Reker auch andere Politiker Drohungen erhalten hätten. Zuerst hatten „Bild“ und WDR darüber berichtet. Vom Landeskriminalamt Berlin war am Abend keine Stellungnahme zu erhalten.

Der Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass auch er bedroht werde. Er habe in der Vergangenheit immer wieder mal Morddrohungen erhalten. Zuletzt sei am Dienstag eine eingegangen, sagte er. Sowohl Reker als auch Hollstein waren in den vergangenen Jahren zum Ziel von Attentätern geworden.

Nach dem Fall Lübcke: Morddrohungen gegen mehrere Politiker

Köln/Berlin - Die Kölner Oberbürgermeister Henriette Reker hat eine Morddrohung erhalten. Die Polizei in Köln bestätigte am Mittwochabend entsprechende Informationen von Bild und WDR. Die Drohung sei nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke eingegangen, sagte ein Polizeisprecher. Ob es einen Zusammenhang mit dem Verbrechen gebe, könne er nicht sagen. Zuständig sei zentral das Landeskriminalamt Berlin, da neben Reker auch andere Politiker Drohungen erhalten hätten.

Nach Informationen des WDR gibt es innerhalb Deutschlands mehrere Drohungen gegen Politiker, sie sollen sich unter anderem gegen den Bürgermeister der westfälischen Stadt Altena, Andreas Hollstein, richten. Vom Landeskriminalamt war am Abend keine Stellungnahme zu erhalten.

Morddrohungen nach Fall Lübcke: Reker und Hollstein waren schon Opfer von Attentätern geworden

Sowohl Reker als auch Hollstein waren in den vergangenen Jahren zum Ziel von Attentätern geworden. Reker entging 2015 vor ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin nur knapp dem Tod, als ihr ein Rechtsradikaler mit einem Messer in den Hals stach. Auch Hollstein wurde im November 2017 von einem Mann mit einem Messer attackiert, er erlitt eine Verletzung am Hals.

Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni auf der Terrasse seines Wohnhauses im hessischen Wolfhagen-Istha niedergeschossen worden. Unter dringendem Tatverdacht sitzt ein 45-Jähriger in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft stuft das Verbrechen als politisches Attentat mit rechtsextremem Hintergrund ein.

Der Fall sorgt für eine erhitzte Debatte auch über den Umgang mit Rechtsextremen im Allgemeinen. Vor dem Mordfall war auf einschlägigen Seiten gegen Lübcke gehetzt worden. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erlebte nach einem Moment physischer Schwäche am Dienstag eine Hasswelle im Netz.

Der mutmaßliche Mord an Walter Lübcke ist am Donnerstag, den 20. Juni, auch Thema bei bei Maybrit Illner. Die Talksendung steht unter dem Motto „Mordfall Lübcke – rechter Terror in Deutschland?“

Ein Mann in Niedersachsen hat einen scheinbar verlassenen Raketenwerfer am Straßenrand entdeckt - doch er ahnt nicht, dass er die ganze Zeit beobachtet wird. Ein Ex-SPD-Politiker hat unterdessen Angela Merkels Wirtschaftspolitik als einen Mitgrund für „rechte Proteste“ ausgemacht.

dpa/fn

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