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Linke-Größe äußert These zu Fall Nawalny - und entsetzt sogar Parteifreund: „Du deutest nicht wirklich an ...“

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Klaus Ernst gibt am 3. September vor der Linke-Klausurtagung in Potsdam ein Interview.
Klaus Ernst gibt am 3. September vor der Linke-Klausurtagung in Potsdam ein Interview. © Annette Riedl/dpa

Im NRW-Wahlkampf und auf Twitter: Immer mehr Linke-Promis äußern Zweifel an Russlands Schuld im Fall Nawalny. Die Reaktionen sind vernichtend.

Bochum/München - Der Fall Nawalny hat nahezu weltweit für Bestürzung gesorgt - und für Ratlosigkeit. Doch während EU oder auch Nato augenscheinlich noch überlegen, welche Konsequenzen Wladimir Putins Russland treffen könnten, ohne damit eine allzu ernste Krise mit dem geostrategisch mächtigen Staat zu riskieren, sind in Deutschland noch längst nicht alle von der Beteiligung des Kreml an der Vergiftung des Oppositionellen überzeugt.

Gleich mehrere Linke-Politiker haben sich mit erstaunlichen Äußerungen zu Wort gemeldet, zuletzt auch Sevim Dagdelen in der ARD-Talkshow Anne Will. Sie vermuten andere Kräfte hinter der Attacke auf Nawalny - obwohl nach Erkenntnissen der Berliner Charité das Gift Nowitschok bei Nawalny zum Einsatz kam. Auch bei einem Anschlag auf den russischen Ex-Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter 2018 in England war Nowitschok verwendet worden. Die Liste der Übergriffe auf Oppositionelle* in Russland endet damit freilich nicht.

Fall Nawalny: Gysi bricht im NRW-Wahlkampf Lanze für Putin - „Muss doch bescheuert sein ...“

„Der Putin muss doch bescheuert sein, wenn er sowas macht. Er weiß doch, dass das die Beziehungen zum Westen noch mehr verschlechtert", sagte die Partei-Größe Gregor Gysi laut einem Bericht des Blogs Ruhrbarone am Donnerstag in Bochum bei einer Wahlkampfverstaltung vor der NRW-Kommunalwahl*.

Auf dem Podium erhielt er dem Bericht zufolge Unterstützung von der Bochumer Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen. „Die Eskalationspolitik und der Konfrontationskurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel sind verheerend – das dürfen wir nicht zulassen!Dagdelen ist auch Obfrau des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag.

Gysi hatte zuletzt versucht, seine Partei als verlässlichen Koalitionspartner in einer etwaigen grün-rot-roten Bundesregierung zu positionieren - unter anderem mit der Forderung nach verlässlichen außenpolitischen Positionen. FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sieht dieses Ziel nun nachhaltig torpediert: „Die Linke ist und bleibt ein außenpolitischer Geisterfahrer“, twitterte sie.

Nawalny: Linke-Politiker twittert gewagte These und emport sogar einen Genossen: „Du deutest nicht wirklich an ...“

Der frühere Linke-Parteichef Klaus Ernst äußerte sich in einem Interview mit der Rheinischen Post ähnlich. „Der Vorgang nutzt weder Russland, noch Europa oder Deutschland“, sagte er. „Er nutzt vor allem den USA“, behauptete Ernst.

Später verschriftlichte er ähnliche Überlegungen in einem Tweet. „Wem nutzt die Vergiftung Nawalnys*? Etwa Putin?“, fragte er rhetorisch. „Wer hat Interesse, die Beziehungen, besonders die wirtschaftlichen, zwischen Deutschland, EU und Russland zu stören, was Röttgen schon fordert?“ Der CDU-Vorsitzanwärter Norbert Röttgen* hatte sich zuletzt unter anderem in einem ARD-Talk erneut als Kritiker des Pipeline-Projekts positioniert.

Kritik erhielt Ernst dafür sogar aus eigenen Reihen. Der Chef der Linke-Jugendorganisation solid, Michael Neuhaus äußerte sich in einer Antwort auf den Tweet fassungslos. „Du deutest gerade nicht wirklich an, dass die Vergiftung von Nawalny eine False-Flag-Aktion war, oder?“, lautete sein Kommentar. Später ergänzte Ernst, der Fund von Nowitschok reiche als Beweis nicht aus - das Gift sei „in kleinen Mengen" auch im Westen produziert worden.

Kanzlerin Merkel und Außenminister Maas schließen nach dem Giftanschlag auf Kreml-Kritiker Nawalny inzwischen Sanktionen gegen Russland nicht mehr aus. Die Linke ist aktuell auf der Suche nach einer neuen Parteiführung. Katja Kipping und Bernd Riexinger wollen im Herbst nicht mehr als Vorsitzende antreten - eine erste Nachfolgekandidatin hat nun ihren Hut in den Ring geworfen. Die Bundesregierung steht im Fall Nawalny unterdessen weiter unter Druck. Angela Merkel müsse handeln, meint der Münchner Merkur* in einem Interview. (fn) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.

Das Team um den Putin-Kritiker Nawalny teilte jetzt ein Video, in dem sie einen schweren Verdacht äußern.

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