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„Ich hoffe sehr, dass ...“: Johnson schreibt Brexit-Brief an Tusk - der lässt ihn abblitzen

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Premierminister Johnson besucht Fusionsforschungszentrum
Großbritanniens Premierminister Boris Johnson. © dpa / Julian Simmonds, The Daily Telegr

Für den Fall eines harten Brexits rechnet die Regierung mit dramatischen Folgen für die Bevölkerung. Am Mittwoch trifft Angela Merkel Boris Johnson.

12.56 Uhr: EU-Ratschef Donald Tusk hat kühl auf den neuen Vorstoß des britischen Premierministers Boris Johnson zur Änderung des Brexit-Abkommens reagiert. Die Backstop-Klausel für Irland, die Johnson streichen will, sei eine Versicherung, dass auf der irischen Insel keine harte Grenze entstehe, schrieb Tusk am Dienstag auf Twitter. „Jene, die den Backstop ablehnen und keine realistische Alternative vorschlagen, unterstützen die Errichtung einer Grenze. Auch wenn sie das nicht zugeben.“

Die EU besteht auf der Backstop genannten Notfallklausel, um Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland auszuschließen. Denn eine Teilung der Insel durch eine harte Grenze könnte alte Konflikte in der ehemaligen Bürgerkriegsregion wieder aufflammen lassen.

Johnson hatte in einem Brief an Tusk die Streichung der Klausel verlangt und vage andere „Verpflichtungen“ ins Spiel gebracht, ohne dies auszuführen. Johnson will sein Land am 31. Oktober aus der EU herausführen, notfalls auch ohne vertragliche Vereinbarung mit der EU.

Brexit-Brief an Tusk: Johnson gibt nicht auf - „Ich hoffe sehr, dass ...“

Update vom 20. August, 11.22 Uhr: Der britische Premierminister Boris Johnson hat in einem Brief an EU-Ratspräsident Donald Tusk für neue Brexit-Verhandlungen geworben. Ein Austrittsabkommen mit der EU habe für seine Regierung "oberste Priorität", schrieb Johnson am Montag. Seine Regierung wolle mit "Energie und Entschlossenheit" daran arbeiten, ein Abkommen zu erzielen.

Zugleich erteilte Johnson dem sogenannten Backstop - der umstrittenen Grenzreglung für Nordirland - eine Absage: Dieser sei "undemokratisch" und verletzte Großbritanniens Souveränität, schrieb der Premierminister. Außerdem würde ein vorübergehender Verbleib in der Zollunion es Großbritannien unmöglich machen, eine eigenständige Handelspolitik zu fahren. 

Die Änderungen sollen nach Johnsons Darstellung einen ungeregelten Brexit Ende Oktober verhindern. „Ich hoffe sehr, dass wir mit einem Deal ausscheiden werden“, schrieb der Regierungschef.

Die EU hat das britische Ansinnen von Nachverhandlungen des im Mai beschlossenen Brexit-Abkommens wiederholt zurückgewiesen. Das unter Johnsons Vorgängerin Theresa May ausgehandelte Abkommen war im britischen Parlament drei Mal gescheitert. Johnson hat versprochen, sein Land zum 31. Oktober aus der EU zu führen - mit oder ohne Abkommen mit der Europäischen Union.

No-Deal-Brexit: Briten drohen Lebensmittel-Engpässe - UK-Regierung beschwichtigt

18.29 Uhr: Laut Regierungsdokumenten drohe bei einem ungeregelten Brexit ein Mangel an Lebensmitteln, Medikamenten und Benzin. Das Dossier wurde nach Angaben der „Sunday Times“ vom Cabinet Office zusammengestellt. Das Büro unterstützt Premierminister Boris Johnson und die Minister in ihrer Arbeit.

Der britische No-Deal-Beauftragte Michael Gove reagierte nun auf die Veröffentlichung. Er bezeichnete die Papiere zu den Szenarien eines EU-Austritts ohne Abkommen als veraltet. Sie würden den schlimmsten Fall widerspiegeln. Inzwischen gehe man nur noch von kleineren Hindernissen aus.

Merkel trifft Johnson vor dem kommenden Brexit

12.22 Uhr: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wird an diesem Mittwoch in Berlin den neuen britischen Premierminister Boris Johnson treffen. Das bestätigte Regierungssprecher Steffen Seibert am Sonntag in einer sogenannten Bürgerpressekonferenz beim Tag der offenen Tür der Bundespressekonferenz in Berlin. Seibert betonte, die Bundesregierung bedauere die Entscheidung der Briten, die Europäische Union zu verlassen. „Aber wir müssen auch die Realitäten zur Kenntnis nehmen.“ Die Bundesregierung habe in diesem Zusammenhang immer gesagt, dass ein Brexit mit Abkommen besser sei als ein Ausstieg ohne Abkommen. Daran könne niemand ein Interesse haben.

No-Deal-Brexit: Briten drohen Lebensmittel und Benzin-Engpässe

Update vom 18. August: Sollte Großbritannien ohne Abkommen aus der Europäischen Union austreten, rechnet die britische Regierung einem Bericht zufolge mit einem Mangel an Lebensmitteln, Medikamenten und Benzin. Die „Sunday Times“ berief sich auf geleakte Regierungsdokumente. 

Darüber hinaus werde von einem mehrmonatigen Zusammenbruch in den Häfen, einer harten Grenze zu Irland und steigenden Sozialkosten ausgegangen. Das Dossier, das sich mit den wahrscheinlichsten Auswirkungen eines No-Deal-Brexits beschäftige, wurde den Angaben zufolge vom Cabinet Office zusammengestellt. Das Büro soll den Premierminister und die Minister in ihrer Arbeit unterstützen.

Brexit-Turbulenzen um Johnson: Merkel setzt Zeichen

Update vom 16. August 2019: Trotz der Querelen in Großbritannien rechnet Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) offenbar nicht mit einem baldigen Sturz von Premier Boris Johnson - zumindest nicht in naher Zukunft: Laut Regierungssprecher Steffen Seibert plant Merkel ein Treffen mit Johnson „in allernächster Zeit“. 

Es sei "sinnvoll", über den britischen EU-Austritt und andere Themen zu sprechen, "die uns verbinden", sagte Seibert. Merkel und Johnson hätten seit dem Amtsantritt des konservativen Politikers Ende Juli bereits einmal telefoniert, fügte er hinzu.

Angesprochen auf Berichte, wonach sich die Bundesregierung auf einen ungeordneten Brexit einstelle, sagte Seibert, ein geordneter Austritt Großbritanniens sei "in jeder Hinsicht vorzuziehen". Gleichzeitig bereite sich die Bundesregierung aber auch auf den "von uns nicht gewünschten und sehr negativen Fall eines Austritts ohne Abkommen vor". Dies tue die gesamte EU.

Showdown vor dem Brexit: Labor-Chef Corbyn will Boris Johnson stürzen

London - Der britische Labour-Chef Jeremy Corbyn will nach Medienberichten vorübergehend als Premierminister das Ruder übernehmen und so einen Brexit ohne Abkommen verhindern. Weniger als 80 Tage vor dem EU-Austritt plant der Alt-Linke demnach, die Parteien im Parlament dazu bringen, Boris Johnson mit einem Misstrauensvotum aus dem Amt zu drängen. Als neuer Premier will Corbyn den Brexit hinauszögern, Neuwahlen ausrufen und zugleich ein neues Referendum auf den Weg bringen, wie britische Medien am Donnerstag berichteten.

Der Chef der britischen Sozialdemokraten gehe davon aus, auch viele seiner Kritiker auf seine Seite ziehen zu können, wenn seine Zeit als Premier klar befristet wäre. Einen Brief mit seinem Vorschlag soll Corbyn am späten Mittwochabend an die Chefs der oppositionellen Parteien und Rebellen der regierenden Konservativen geschickt haben.

Umstrittener Premier: Boris Johnson
Umstrittener Premier: Boris Johnson © AFP / JON SUPER

„Unsere Priorität sollte es sein, im Parlament zusammenzuarbeiten, um einen stark schädigenden No-Deal-Brexit zu verhindern“, zitieren die Medien aus dem Schreiben, das auf ein geteiltes Echo gestoßen sein soll. So bezeichnete die neue Chefin der Liberaldemokraten, Jo Swinson, Corbyns Vorschlag den Berichten zufolge als „Unsinn“. Die Grünen begrüßten demnach zwar das vorgeschlagene Misstrauensvotum, wollen aber ein neues Referendum noch vor Neuwahlen.

Ein Regierungssprecher sagte dazu: „Es gibt eine klare Wahl: Jeremy Corbyn, der das Referendum außer Kraft setzen und die Wirtschaft ruinieren wird, oder Boris Johnson, der das Referendum respektieren und mehr Geld für das (staatliche Gesundheitssystem) NHS und mehr Polizei auf unseren Straßen zur Verfügung stellen wird.“

Johnson will notfalls auch einen No-Deal-Brexit

Johnson will Großbritannien unter allen Umständen am 31. Oktober aus der Europäischen Union führen. Er pocht auf Änderungen am fertigen Austrittsvertrag mit der EU, will aber notfalls auch ohne Abkommen gehen. Das Parlament hatte das Austrittsabkommen dreimal durchfallen lassen, aber auch klar gegen einen Brexit ohne Vertrag gestimmt. Johnson hatte zuletzt nicht ausgeschlossen, zur Not dem Parlament eine Zwangspause aufzuerlegen und es so handlungsunfähig zu machen.

Johnson will den vereinbarten Backstop im Abkommen streichen, was die EU ablehnt. Diese Garantieklausel soll verhindern, dass zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland wieder Grenzkontrollen eingeführt werden müssen. Das könnte den alten Konflikt zwischen katholischen Befürwortern einer Vereinigung Irlands und protestantischen Loyalisten wieder schüren.

Der Backstop sieht vor, dass Großbritannien so lange Teil einer Zollunion mit der EU bleibt, bis das Problem anderweitig gelöst ist. Für Nordirland sollen zudem teilweise Regeln des Europäischen Binnenmarkts gelten. Johnson sieht in der Klausel ein „Instrument der Einkerkerung“ Großbritanniens in Zollunion und Binnenmarkt. Die Wirtschaft reagierte zuletzt bereits mit negativen Signalen auf Johnsons Kurs.

Mehr zum Thema: Trump-Berater Bolton: USA würden Johnsons No-Deal-Brexit „begeistert unterstützen“

Boris Johnson war kürzlich zu Gast zum Antrittsbesuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel.

dpa

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