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Polizeiskandal in NRW: Steinmeier wird deutlich - „Feinde der Freiheit und der Demokratie“

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In NRW wurden Dienststellen und Wohnungen von Polizisten durchsucht - sie sollen per WhatsApp jahrelang rassistische und volksverhetzende Inhalte verschickt haben.

Update vom 26. September, 10.45 Uhr: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zum 40. Jahrestag des Oktoberfestattentats ein konsequentes Vorgehen gegen rechtsextreme Netzwerke gefordert. „Die rechtsterroristischen Mordtaten der vergangenen Jahrzehnte waren nicht das Werk von Verwirrten“, sagte er am Samstag in München laut dem Manuskript. Bei seiner Rede kam er auch auf Vorkommnisse innerhalb der Polizeibehörden zu sprechen, wie etwa die jüngsten Skandale um Rechtsextremismus in NRW und Mecklenburg-Vorpommern zu sprechen.

Er vertraue der Polizei und den vielen Beamten, die täglich die Demokratie verteidigten. Aber „Feinde der Freiheit und der Demokratie“ dürften in der Polizei nicht geduldet werden. „Es muss jede Anstrengung unternommen werden, rechtsextreme Netzwerke zu enttarnen, wo es sie gibt. Die Polizeiführungen und die politisch Verantwortlichen dürfen kein Klima dulden, in dem sie entstehen und von anderen gedeckt werden können“, betonte Steinmeier.

Nach Polizei-Skandal in NRW: Horst Seehofer lehnt Studie zu Rassismus weiterhin ab

Update vom 20. September, 8.45 Uhr: Im Skandal um Rechtsextremismus unter Polizisten sieht Bundesinnenminister Horst Seehofer weiterhin keinen Grund, eine Studie zu Rassismus innerhalb der Polizei in Auftrag zu geben. „Eine Studie, die sich ausschließlich mit der Polizei und dem Vorwurf eines strukturellen Rassismus innerhalb der Polizei beschäftigt, wird es mit mir nicht geben“, bekannte Seehofer im Interview mit der Bild am Sonntag. „Das wird auch dem Problem nicht im Ansatz gerecht.“

Dafür will der CSU-Politiker eine breit angelegte Studie zu Rassismus in der Gesellschaft in Auftrag geben. „Hier bedarf es eines wesentlich breiteren Ansatzes für die gesamte Gesellschaft und an diesem arbeiten wir.“

Polizeiskandal in NRW: Thüringens Ministerpräsident Ramelow will „nicht wegschauen“

Update vom 19. September, 14.35 Uhr: Nach dem Rechtsextremismus-Skandal bei der Polizei in zwei Bundesländern meldet nun sich auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) in der Debatte. Er hat Polizisten aufgerufen, rassistischen und rechtsextremen Einstellungen in ihren eigenen Reihen deutlich entgegenzutreten. „Gerade im Polizeiapparat ist eine Kultur notwendig, dass man nicht schweigt und nicht wegschaut“, so Ramelow am Samstag in Jena.

Zudem sei eine wissenschaftliche Analyse zu Rassismus bei der Polizei mehr als überfällig. Damit stellt er sich deutlich gegen die Position von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der eine Studie auch angesichts der jüngst aufgedeckten rechtsextremer Chatgruppen von Polizisten in Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern weiterhin ablehnt, worauf jüngst auch Satiriker Jan Böhmermann auf Twitter reagiert hatte (siehe Update vom 19. September, 12.31 Uhr).

Polizeiskandal in NRW: Jan Böhmermann wütend auf Seehofer - und löscht einen ausdrücklichen Tweet

Update vom 19. September, 12.31 Uhr: Ungeachtet des Rechtsextremismus-Skandals bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen (siehe Ursprungsmeldung) bleibt Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bei seinem „Nein“ zu einer Studie zu rassistischen Vorurteilen bei der Polizei. Moderator und Satiriker Jan Böhmermann quittierte diese Entscheidung auf seinem Twitter-Kanal mit einem „F*** dich, Opa!“. Der 39-Jährige löschte diesen aber schnell wieder und ruderte inzwischen zurück.

In einem Folge-Tweet erklärte Böhmermann: „Ich hab vor Wut drei schlimme Wörter über Horst Seehofer getwittert. Ich bin so traurig und verzweifelt. Egal, woran du glaubst oder woher deine Eltern stammen: Menschen sollen der Polizei vertrauen können und sich nicht vor ihr fürchten müssen.“

Sein Arbeitgeber ZDF nahm Böhmermann („Neo Magazin Royale“) in Schutz: „Der Tweet ist erkennbar spontan aus persönlicher Betroffenheit entstanden“, sagte ein Sprecher des Senders der Bild. Die Wortwahl sei aber „indiskutabel“. Die Frage einer Studie zu Rassismus bei der Polizei sorgt seit Monaten für Dissens in der Großen Koalition.

Jan Böhmermann am 17. Februar 2020 in Berlin bei der Preisverleihung der „Journalistinnen und Journalisten des Jahres 2019“.
Jan Böhmermann ist offenbar kein Fan von Innenminister Horst Seehofer. (Archivbild) © Christophe Gateau/dpa

Nach Polizei-Skandal in NRW: Auch zwei Polizisten in Mecklenburg-Vorpommern wegen rechtsextremer Chats suspendiert

Update vom 19. September, 10.24 Uhr: Nach dem Rechtsextremismus-Polizei-Skandal in Nordrhein-Westfalen gibt es einen weiteren Fall in Mecklenburg-Vorpommern Dort sind im Zuge von Ermittlungen wegen rechtsextremistischer Chats zwei Polizisten vom Dienst suspendiert worden. Sie stünden im Verdacht, auf ihren Privathandys antisemitische, ausländerfeindliche sowie naziverherrlichende Nachrichten verschickt zu haben, wie das Landesinnenministerium am Freitagabend mitteilte. Bei Durchsuchungen seien Datenträger und weitere Technik beschlagnahmt worden, die nun ausgewertet würden.

Gegen zwei weitere Polizisten seien Disziplinarverfahren eingeleitet worden, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) dem Sender NDR. Insgesamt stünden nun 17 Beamte und ein Tarifangestellter der Landespolizei im Verdacht, rechtsextremes Gedankengut in Internet-Chats ausgetauscht zu haben. „Solch ein Verhalten ist abscheulich und beschämend für die Landespolizei“, erklärte Caffier. „Die Zeit, in der wir von Einzelfällen reden, ist vorbei.“ Allerdings gebe es derzeit keine Hinweise auf ein Netzwerk.

Debatte um Studie zu Rassismus in Polizei dreht sich weiter

Update vom 18. September, 9.20 Uhr: Trotz des Rechtsextremismus-Skandals bei der Nordrhein-Westfälischen Polizei hat sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gegen eine entsprechende Rassismus-Studie ausgesprochen. „Dieser Vorgang bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen tut weh“, sagte Seehofer der SZ. Er sei aber sicher, „dass die überwältigende Mehrheit unserer Polizistinnen und Polizisten solche Machenschaften ablehnen.“ Ohne Zweifel stehe die Mehrheit „zu unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung.“

Seehofer verwies auf einen Bericht des Verfassungsschutzes zu dem Themenkomplex, der Ende September veröffentlicht werde – jedoch war dieser schon vor dem Skandal und der Diskussion um Rassismus in der Polizei geplant.

Rechtsextremismus-Skandal bei NRW-Polizei: Innenminister Reul spricht von „Schande für die Polizei“

Update vom 17. September, 13.19 Uhr: Nach dem Auffliegen des Rechtsextremismus-Skandals bei der Polizei in seinem Bundesland hat NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in einer Ansprache im Düsseldorfer Landtag erneut von einer „Schande für die Polizei in NRW“ gesprochen - und dabei auf ein Problem hingewiesen, das er dabei sieht: Dass sich die beschuldigten Beamten in einer privaten, geschlossenen Chatgruppe austauschten. „Da gibt es eine rechtlich geschützte Eintrittsschwelle“, so Reul. Die Ermittler hätten in diesem Fall „Glück“ gehabt, dass sie wegen Geheimnisverrats eines Polizisten die Befugnis hatten, die Daten einzusehen.

Das ganze Ausmaß das Falls ist laut Reul noch nicht absehbar: „Bist jetzt sind 30 Beamte betroffen - aber man weiß, wenn man anfängt zu graben, kommt noch mehr zum Vorschein.“ Allein am Mittwoch wurden im Zusammenhang mit den Razzien (siehe Ursprungsmeldung) nochmals mehr als 100 elektronische Medien beschlagnahmt.

Reul zeigte sich in seiner emotionalen Rede erschüttert. „Der Fall hat eine Dimension in einer Abscheulichkeit, die ich nicht für möglich gehalten hätte“, sagte er vor den Landtagsabgeordneten und forderte „sorgfältige Ermittlungen“ und „knallharte Konsequenzen“. Die in den Chats geteilten Bilddateien beschrieb Reul als „unerträglich“: „Ich kann Ihnen die Bilder nicht zeigen. Aber das sind nicht nur Hakenkreuze, sondern auch fiktive Darstellungen mit Flüchtlingen - gepostet von Menschen, die geschworen haben, die Verfassung des Landes zu befolgen und verteidigen“.

Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, sitzt am 17. September 2020 im Plenum des Landtags in Düsseldorf.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) informierte die Düsseldorfer Landtagsabgeordneten über mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus in der Polizei von Nordrhein-Westfalen. © Rolf Vennenbernd

Update vom 17. September, 12.07 Uhr: Grünen-Chef Robert Habeck hat nach der Aufdeckung rechtsextremer Chatgruppen bei Polizei NRW (siehe Ursprungsmeldung) gefordert, gegen „falsch verstandenen Korpsgeist“ unter den Beamten vorzugehen. Eine ganze Dienststelle sei involviert, es hätten zwar nicht alle aktiv mitgemacht, aber über Jahre hätte niemand etwas dagegen unternommen, sagte Habeck der dpa. Die Ereignisse zeigten besonders plakativ, „was falsch verstandener Korpsgeist anrichten kann“. Daher brauche es die Einrichtung eines unabhängigen Polizeibeauftragten.

Polizei-Skandal in NRW: BKA-Chef warnt vor Vertrauensverlust in Polizei

Update vom 17. September, 6.53 Uhr: Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, hat nach der Aufdeckung von rechtsextremen Chatgruppen bei der nordrhein-westfälischen Polizei (siehe Ursprungsmeldung) vor einem generellen Vertrauensverlust gewarnt. „Das sind Vorfälle, die das Vertrauen in die Polizei erheblich erschüttern“, sagte Münch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Ähnliches gelte für mit „NSU 2.0“ unterschriebene Drohbriefe mit „offensichtlich vorherigen Datenabfragen bei der Polizei“.

Münch forderte: „Deshalb müssen wir, die gesamte Polizei in Deutschland bis in die letzte Dienststelle, alles tun, um Vertrauen zu halten oder zurück zu gewinnen und mit aller Deutlichkeit immer wieder sagen: Rechtsextremes Gedankengut und rechtsextremes Handeln haben in der Polizei keinen Platz und werden, wo immer sie in Erscheinung treten, mit aller Konsequenz und unter Ausschöpfung aller rechtsstaatlichen Mittel verfolgt.“

Für das BKA berichtete Münch von sechs Fällen in den vergangenen drei Jahren, bei denen das Verhalten eine Schwelle erreicht habe, „an der wir gesagt haben: Das tolerieren wir nicht.“ Es habe sich „ganz überwiegend“ um Fälle aus dem Kreis der Kriminalkommissarsanwärterinnen und -anwärter gehandelt. In fünf Fällen seien die Arbeitsverhältnisse beendet worden. Einmal seien arbeitsrechtliche Maßnahmen ergriffen worden.

Rechtsextremismus-Skandal bei Polizei: Großrazzia in NRW - „Widerwärtigste Hetze“

Update vom 16. September, 15.38 Uhr: Nach den Razzien bei Polizisten in Nordrhein-Westfalen und der Aufdeckung von rechtsextremen Chatgruppen hat sich jetzt auch das Bundesinnenministerium zu Wort gemeldet. Die Berichte seien „in höchstem Maße alarmierend“, sagte ein Sprecher von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Weiter bezeichnete der Sprecher die Vorfälle - falls sie sich als wahr entpuppen - als „Schande" für die Polizei in NRW. Es sei auch „ein Schlag ins Gesicht“ aller Polizisten, die in großer Loyalität zur demokratischen Grundordnung stünden. Für das Bundesinnenministerium sind die Razzia und die Untersuchungen aber auch ein Beleg dafür, dass die Sicherheitsbehörden allen Hinweisen konsequent nachgehen. Es werde nicht nur geredet, sondern auch gehandelt, so der Sprecher.

Rechtsextreme Chatgruppen bei der Polizei in NRW entdeckt

Erstmeldung vom 16. September 2020:

Essen – In Nordrhein-Westfalen hat es am Mittwochmorgen mehrere Razzien bei Polizisten gegeben. Der Anlass: fünf aufgedeckte rechtsextreme Chatgruppen. Bei 14 Verdächtigen hat es Durchsuchungen gegeben, den übrigen 15 beschuldigten Beamten seien Disziplinarverfügungen zugestellt worden, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in der Pressekonferenz zu den Razzien.

Die Polizisten sollen jahrelang in privaten WhatsApp-Gruppenchats volksverhetzende und rassistische Nachrichten verschickt haben. Mehr als 200 Ermittler seien gegen „Menschen aus den eigenen Reihen“ im Einsatz gewesen. Es seien Dienststellen und Wohnungen durchsucht worden. Reul sprach angesichts von mehr als 100 Bild-Dateien mit strafrechtlich relevanten Inhalten von „widerwärtigster Hetze“.

NRW-Innenminister Herbert Reul am 16. September 2020 auf einer Pressekonferenz zu den aufgedeckten rechtsextremen Chat-Gruppen in Nordrhein-Westfalen.
Herbert Reul (CDU) © Marcel Kusch/dpa

Rechtsextremismus-Skandal in NRW: Verdacht auf rassistische Hetze bei Polizei - „Was läuft strukturell schief?“

Es handelte sich Reul zufolge um Bilder von Hitler, Hakenkreuzen und Reichskriegsflaggen „und noch viel abscheulicheren Darstellungen“ im Zusammenhang mit Flüchtlingen und Schwarzen - „all dies versendet von Beamten unseres Bundeslandes“. Eine der Chat-Gruppen wurde wahrscheinlich bereits 2012 gegründet, die mit den meisten Dateien 2015. „Die letzte Nachricht die wir gefunden haben, datiert auf den 27. August diesen Jahres“, so Reul.

Großrazzia in NRW: Polizisten unter Rechtsextremismus-Verdacht

„Wir reden von einem Verdacht und stehen bei den Ermittlungen ganz am Anfang“, sagte Reul und warnte vor Vorverurteilung. „Es soll aber auch niemand glauben, wir würden diese Verdachtsmomente nicht ernst nehmen und bei den eigenen Leuten nicht so genau hinschauen.“

„Wir werden das alles aufarbeiten“ versprach Reul: „Was läuft bei der Polizei strukturell schief, dass so etwas passieren kann?" Reul kündigte eine Sonderinspektion für das vor allem betroffene Polizeipräsidium Essen an. Zudem werde er einen Sonderbeauftragten für rechtsextremistische Tendenzen in der nordrhein-westfälischen Polizei berufen. (frs) *Merkur.de gehört zum Ippen-Digital-.Redaktionsnetzwerk.

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