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„Scholz hat gelogen“: Vizekanzler nach verwunderlichen „Erinnerungslücken“ in Not - dann passiert nächste Panne

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Auf Olaf Scholz ruhen die Hoffnungen der SPD. Doch ausgerechnet ein Bankier-Tagebuch lässt einen bösen Verdacht aufkommen. Die Opposition will nun ernst machen.

Update vom 10. September, 11.04 Uhr: Angekratzt ist die Glaubwürdigkeit des SPD-Kanzlerkandidaten und Bundesfinanzministers Olaf Scholz - in erster Linie ist er dafür selbst verantwortlich, empfing er doch den Miteigentümer der Warburg Bank, Christian Olearius, vor vier Jahren mehrfach in seinem damaligen Bürgermeisterbüro in Hamburg. Und das zu einem Zeitpunkt, als gegen den Bankier und die Bank selbst schon längst wegen schwerer Steuerhinterziehung ermittelt wurde. Warum Scholz als sozialdemokratischer Bürgermeister dreimal einen Unternehmer traf, der in die Cum-Ex Affäre verstrickt ist, ist für die Oppositionen im Bundestag schwer zu begreifen.

Gleich zweimal musste der 62-jährige Finanzminister gestern über diese dubiose Verwicklung aus seiner Zeit als erster Bürgermeister in Hamburg aussagen. Hinter verschlossenen Türen musste der Minister dem Finanzausschuss Rede und Antwort stehen - danach musste er sich einer öffentlichen Regierungsbefragung unterziehen. Der Vorwurf, den unter anderem die Linken und die FDP erheben, lautet, Scholz sei in die verschachtelten Transaktionen der Hamburger Warburg-Bank, bei denen rechtswidrige Steuererstattungen erschwindelt wurden, verwickelt.

FDP fordert: Parlamentarische Untersuchung zur Cum-Ex Affäre

Scholz hielt sich zunächst bedeckt - als dann Tagebücher des Chefs der Warburg Bank beschlagnahmt und ausgewertet wurden, musste der Finanzminister den Kontakt zum Bankier einräumen. Ein Eiertanz, der Scholz bereits gestern übel angekreidet wurde - und der sich zudem maßgeblich auf seine Kanzlerkandidatur auswirken könnte. Gegenüber der Bild kritisiert FDP-Finanzexperte Florian Toncar, dass Scholz bereits zu viele Erinnerungslücken geltend gemacht habe, wenn es um die Gesprächsinhalte mit dem Warburg-Boss gehe. Abermals plädiert er jetzt auf Twitter dafür, den Gründen für die dubiosen Treffen nachzugehen:

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss in Hamburg wird jetzt unvermeidlich.

Florian Toncar, FDP

Für Scholz läuft es seitdem alles andere als rund, denn für eine ganz andere Angelegenheit erntet der Minister in den sozialen Medien jetzt Spott und Häme. Er und die Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) eröffneten am Montag feierlich eine neue Kindertagesstätte im Bundesfinanzministerium. Das Gebäude an der Ecke Leipziger Straße/ Wilhelmstraße in Berlin bietet in bester Lage 20 Plätze für Kinder bis zu drei Jahren, die zunächst, dies meldet die Berliner Morgenpost, nur den Beschäftigten des Finanzministeriums vorbehalten sind. Eine reine „Protz“-Kita finden viele in den sozialen Netzwerken. Dass die Kita den Namen „Schatzkiste“ trägt, sorgt deshalb jetzt unter einem Facebook-Post von Giffey zudem für zynische Kommentare und Gelächter.

Olaf Scholz (SPD), Bundesminister der Finanzen, und Franziska Giffey (SPD, l), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, verteilen bei der Eröffnung des neuen Kindergartens auf dem Gelände des Bundesfinanzministeriums Stofftiere.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) verteilten am Montag Stofftiere bei der Eröffnung der neuen Kita des Bundesfinanzministeriums. © Kay Nietfeld/ DPA/ Picture Alliance

Update vom 9. September, 16.00 Uhr: Auch nach der Regierungsbefragung geht ein Tag der peinlichen Fragen für Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) weiter. In einer aktuellen Stunde hat die Bundestags-Opposition im Streit um nicht zurückgeforderte Steuerschulden im Cum-Ex-Skandal nochmals schwere Vorwürfe erhoben. „Der Finanzminister sagt, Cum-Ex sei eine Schweinerei, aber in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister öffnete er dem Warburg-Bankier Olearius mehrfach sein Amtszimmer, er täuschte darüber wiederholt den deutschen Bundestag“, erklärte der Linke-Politiker Fabio de Masi. Erst auf Weisung des Bundesfinanzministeriums habe Hamburg eine weitere Verjährung von Steuerschulden der Bank verhindert.

„Herr Scholz traf sich am 10. November 2017 mit Herrn Olearius - am Tag, an dem das Schreiben des Finanzministeriums in Hamburg eintraf“, betonte er. „Herr Scholz hat die Unwahrheit gesagt“, konstatierte de Masi mit Blick auf eine frühere Äußerung Scholz', es gebe keine weiteren Sachverhalte außer den in der Presse bekannten. Erst später seien weitere Treffen bekannt geworden. "Sie müssen selbst wissen, ob sie mit diesem Rucksack den Wahlkampf bestreiten wollen", fügte er hinzu.

„Ein Durchschnittsverdiener zahlt 36 Prozent Steuersatz, die zahlen das alle, jedes Jahr aufs Neue - das Vertrauen dieser Menschen in die gerechte Steuerveranlagung wird zerstört“, kritisierte der FDP-Finanzexperte Florian Toncar. Die Erkenntnisse aus den Tagebüchern des Bankiers Olearius seien alleine kein Beweis, aber sie könnten Gegenstand eines Gerichtsverfahrens werden, warnte er. „Ich unterstelle, dass das, was wir inzwischen von Ihnen erfahren haben, vollständig ist", sagte Toncar. Nun müsse eine parlamentarische Untersuchung in Hamburg eröffnet werden. Wer für die Entscheidung im Fall Warburg verantwortlich sei, müsse mit Konsequenzen rechnen.

Scholz habe sich dreimal mit dem Bankier getroffen, sich dreimal erläutern lassen, warum die Warburg-Bank die Steuern nicht zurückzahlen wolle; Scholz habe einen Brief angenommen und angeregt, einen Brief an den Finanzsenator zu schicken, sagte die Grüne Lisa Paus: „Mir ist völlig schleierhaft wie jemand, der Cum-Ex wirklich für eine Schweinerei hält, so etwas machen kann.“ Ihr falle es schwer zu glauben, dass es keine politische Einflussnahme gab.

Cum-Ex-Skandal: Olaf Scholz erlebt schwere Stunde im Bundestag

Update vom 9. September, 14.00 Uhr: Die Regierungsbefragung im Bundestag neigt sich dem Ende entgegen. Olaf Scholz hat in betont sachlichem Tonfall alle Nachfragen der Opposition zur Cum-Ex-Affäre in Hamburg beantwortet - ohne allerdings weitere Auskünfte in der Sache zu geben. Es sei normal, sich nicht alle Treffen seiner Amtszeit als Bürgermeister zu erinnern, sagte Scholz unter anderem. Zudem verwies er auf die Unabhängigkeit der Finanzbehörden. Eine Einflussnahme habe es nicht gegeben. Impliziert war damit: Auch im Falle der Warburg-Bank nicht.

Ohne brisante eigene Äußerungen ist der Vizekanzler so durch die Befragung gekommen. Haften bleiben allerdings auch die Inhalte der Redebeiträge der Opposition: Im Raum stehen nun weiterhin unter anderem die Fragen, warum Hamburg als einziges Bundesland auf die Rückzahlung von Cum-Ex-Steuerforderungen verzichtete - und ob es einen Zusammenhang mit Parteispenden an die SPD gibt, von denen unter anderem die FDP im Plenum sprach.

Bereits vor der Befragung hatte Scholz im Finanzausschuss ein weiteres Treffen mit dem Warburg-Banker Olearius eingeräumt (siehe Update von 13.16 Uhr).

Update vom 9. September, 13.48: Auch der FDP-Politiker Christian Dürr nimmt den Finanzminister weiter in die Mangel. „Diese Erinnerungslücken sind für einen Kanzlerkandidaten bemerkenswert“, rügt er mit Blick auf die Einlassungen Scholz' zu den Olearius-Treffen. Er fordert Aufklärung, warum ein SPD-Bundestagskandidat, der die Treffen vermittelt habe, 2017 umfangreiche Parteispenden von der Warburg-Bank erhalten habe. Scholz verweist auf die Regularien der Hamburger SPD: Als damaliger Träger eines Regierungsamtes dürfe er in dieser Frage gar keine Kenntnisse haben.

Scholz in heikler Regierungsbefragung: „Tausende Gespräche als Bürgermeister geführt“

Update vom 9. November, 13.34 Uhr: Auch die Grüne-Finanzpolitikerin Lisa Paus will Scholz im Plenum in die Enge treiben. „Es hat keine politische Einflussnahme auf die Entscheidung des Finanzamtes Hamburg gegeben“, erwidert dieser. Das sei „alles, was man dazu sagen kann". Unternehmer zu treffen und sich ihre Anliegen anzuhören, gehöre zum politischen Geschäft, sagt Scholz mit Blick auf das nun eingeräumte weitere Treffen mit Olearius (siehe Update von 13.16 Uhr). Er habe als Bürgermeister tausende Gespräche geführt - es sei normal, dass man sich nicht an alle erinnern könne.

Damit sind alle drei Hauptkritiker Scholz' aus der Opposition zu Wort gekommen. Der Vizekanzler hat die Vorwürfe weitgehend an sich abperlen lassen.

Update vom 9. November, 13.30 Uhr: Den Faden greift nun auch der Linke-Politiker Fabio de Masi auf. Er will wissen, wie es sein könne, dass sich eine Finanzbeamtin in Cum-Ex-Fragen den Weisungen der Politik widersetzt - und ob die Hamburger SPD nicht Parteispenden der Warburg-Bank zurückzahlen solle.

Die Entscheidung der Hamburger SPD wolle er nicht beeinflussen, sagt Scholz, er lebe nun in Potsdam. Er sei zudem dafür, dass die Finanzbehörden ihre Entscheidungen in eigener Verantwortung treffen.

Update vom 9. September, 13.26 Uhr: FDP-Finanzexperte Florian Toncar attackiert in seiner Frage nun offen Scholz: Er will wissen, wie der Finanzminister Kleinverdienern erklären wolle, dass im Cum-Ex-Skandal 47 Millionen Euro von der Warburg-Bank nicht zurückgefordert wurden.

Scholz weicht der Frage zunächst aus. Auf Nachfrage betont der Finanzminister, die Steuerbehörden in Hamburg entschieden wie überall im Bundesgebiet eigenverantwortlich. Eine Intervention aus der Politik habe es "nicht gegeben".

„Scholz hat gelogen“: Vizekanzler räumt weiteres Treffen ein - nun brisante Befragung im Bundestag

Update vom 9. September, 13.16 Uhr: Im Bundestag beginnt nun die Befragung von Finanzminister Olaf Scholz. In seinem Eingangsstatement nimmt der SPD-Politiker bislang allerdings keinen Bezug auf die Vorwürfe gegen seine Person im Zuge des Cum-Ex-Skandals - er spricht zunächst über die Vorfälle am Reichstag und das Konjunkturpaket der Bundesregierung in der Coronakrise.

Scholz (SPD) hat zuvor allerdings zweites Treffen mit dem Warburg-Bank-Mitinhaber Christian Olearius im Jahr 2016 bestätigt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sagte er im Finanzausschuss des Bundestags, er habe allerdings keine konkrete Erinnerung an das Gespräch und ihm offenkundig geringe Bedeutung beigemessen. Der Termin sei lediglich anhand von Kalenderaufzeichnungen rekonstruiert worden. Bislang war nur ein Treffen von Olearius mit Scholz bekannt. Scholz war zu der Zeit Hamburger Bürgermeister.

Scholz hat den Bundestag belogen“: Nun wird es ernst - Linker: „Die Sache stinkt“

Update vom 9. September, 10.30 Uhr: Um 13.00 Uhr ist es soweit: Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wird den Bundestagsabgeordneten Rede und Antwort stehen - im großen Parlamentsplenum. Anschließend gibt es eine nicht-öffentliche Anhörung im Finanzausschuss.

Unter anderem die Linke wirft Scholz vor, den Bundestag belogen zu haben - es geht um den Cum-Ex-Skandal und millionenschwere Steuerforderungen an die Warburg-Bank, die die Hamburger Finanzbehöden nicht einforderten. In einer vorangegangenen Befragung im Finanzausschuss habe Scholz erklärt, es gebe zu seinen Treffen mit Bankier Christian Olearius nichts zu berichten, was nicht schon in der Presse stand, erklärte Fraktions-Finanzexperte Fabio de Masi am Mittwoch in einem Tweet. „Das ist eine Antwort und war unwahr“, betonte er.

Klar scheint zumindest, dass Scholz im März bei einer Befragung nicht auf die Frage eingegangen war, ob es weitere Gespräche mit Olearius gegeben hatte - so zitiert das Portal t-online.de aus einem Protokoll der Sitzung. Das Umfeld des Finanzministers ziehe sich nun darauf zurück, dass Fragen zunächst gesammelt und dann gebündelt beantwortet seien. Dabei habe Scholz wohl die entsprechende Frage vergessen.

„Scholz muss auch erklären, ob Finanzbeamte in Hamburg sich wirklich auf eigene Faust zwei Anordnungen des Bundesfinanzministeriums widersetzten, die Millionenforderung gegen Warburg zu sichern“, sagte de Masi der Webseite. „Die Sache stinkt", sagte er.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, warf dagegen den Fraktionen vor, Wahlkampf zu betreiben. „Sie versuchen, die Person des Bundesfinanzministers, der bisher erfolgreich die Auswirkungen der Krise auf das Gesundheitswesen und die Arbeitsplätze in Deutschland meistert, zu diskreditieren und wollen so den Kanzlerkandidaten der SPD beschädigen. Das wird nicht gelingen“, sagte Schneider t-online.

„Scholz hat den Bundestag belogen“: Schwere Vorwürfe gegen Vizekanzler - Hofreiter spricht von „Heuchelei“

Update vom 8. September, 15.10 Uhr: Olaf Scholz selbst hat Vorwürfe, er habe den Bundestag belogen, am Montag zurückgewiesen - doch die Opposition lässt vor der Befragung des Finanzministers am Mittwoch nicht locker. „Wenn man sich die unfassbaren Vorgänge in der Finanzindustrie anschaut, dann kann man zu Herrn Scholz nur sagen, er muss diese Woche einiges erklären“, erklärte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter am Dienstag im Bundestag.

Scholz müsse sich auch fragen lassen, „ob es nicht reine Heuchelei ist zu sagen, er will völlige Transparenz“, wenn er gegenüber dem Finanzausschuss des Bundestags die Unwahrheit über Treffen mit dem Chef der Warburg Bank im Zusammenhang mit sogenannten Cum-Ex-Geschäften gesagte habe, betonte Hofreiter. In einer Demokratie brauche es das Vertrauen, dass mit wirtschaftlich Mächtigen genau so umgegangen werde wie mit jedem Steuerzahler.

Olaf Scholz: Hat der Finanzminister den „Bundestag belogen“ - nun äußert er sich selbst?

Update vom 7. September, 21.10 Uhr: In weniger als zwei Tagen muss Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) im Finanzausschuss Rede und Antwort stehen - die Opposition wirft ihm vor, an selber Stelle bislang brisante Treffen mit dem Bankier Christian Olearius verschwiegen zu haben. Im Hintergrund steht wohl der böse Verdacht, Scholz habe als Regierender Bürgermeister Hamburgs womöglich die Warburg-Bank vor Steuerrückforderungen im Cum-Ex-Skandal geschützt.

Scholz scheinen die Vorwürfe bislang aber nicht anzufechten. Er erklärte am Montag der Nachrichtenagentur Reuters, er habe bislang alle Fragen zum Fall beantwortet - „das wird auch weiter so sein“, betonte er. Er sei für „volle Transparenz“. Zugleich stellte der designierte SPD-Kanzlerkandidat klar, es habe keinerlei Beeinflussung von der Politik auf Entscheidungen von Finanzämtern gegeben. Er sei immer scharf gegen Cum-Ex-Betrug vorgegangen. Bekannt ist mittlerweile auch, dass Scholz am Mittwoch für rund eine Stunde im Ausschuss Rede und Antwort stehen will.

Allerdings gibt es offenbar auch in der Bevölkerung - und unter SPD-Anhängern - die Erwartung, dass Scholz nun für mehr Transparenz als bislang sorgen sollte. In einer Civey-Umfrage im Auftrag von Spiegel Online erklärten 82,5 Prozent der Befragten, Scholz solle „ausführlicher Auskunft geben, als er dies bisher getan hat". Unter SPD-Sympathisanten waren immerhin mehr als 60 Prozent der Umfrageteilnehmer dieser Auffassung.

Der Linke-Finanzexperte Fabio de Masi will unterdessen Scholz am Mittwoch auch von einer anderen Seite angreifen: Laut einer von seiner Partei eingeholten Sachverständigen-Stellungnahme sei Cum-Ex in Deutschland weiterhin möglich, twitterte er am Montagabend. Impliziert ist damit wohl auch: Allzu umfassend ist die seit mittlerweile drei Jahren von Scholz mitverantwortete Bundesregierung nach de Masis Ansicht nicht gegen die Steuerpraxis vorgegangen.

„Scholz hat den Bundestag belogen“: Schwere Vorwürfe gegen Vizekanzler - Showdown am Mittwoch?

Erstmeldung vom 5. September: Berlin - Olaf Scholz soll die SPD* erfolgreich in den Bundestags-Wahlkampf 2021 führen. So lautet zumindest der Plan der Parteispitze. Doch dem in der Corona-Krise gut benoteten Vizekanzler, der die deutsche Wirtschaft fast über den Berg sieht, könnte jetzt ein Problem aus seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister um die Ohren fliegen. Das heikle Stichwort: Cum-Ex.

Olaf Scholz im Cum-Ex-Skandal: Hat er „den Bundestag belogen“?

Rund um den Steuerskandal und die Hamburger Warburg-Bank gibt es neue Vorwürfe. Nun will der Bundestags-Finanzausschuss Scholz vorladen - schon am kommenden Mittwoch. „Wir haben dringenden Gesprächsbedarf“, sagte die Vorsitzende des Ausschusses, Katja Hessel (FDP), der Wirtschaftswoche

Ebenfalls für den Mittwoch beantragte die Linke-Fraktion zudem eine Aktuelle Stunde im Bundestag zum Thema Cum-Ex bei der Warburg-Bank und der „Rolle der Politik“. „Olaf Scholz hat im Bundestag die Unwahrheit gesagt“, erklärte der finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Fabio De Masi, am Freitag in Berlin. Seine Grüne*-Amtskollegin Lisa Paus erklärte in einem Tweet, Scholz habe „den Bundestag belogen".

Olaf Scholz: Brisante Daten aus Bankier-Tagebuch - Verschwieg der Vizekanzler Treffen?

Anlass sind die jüngsten Berichte, wonach Scholz intensivere Kontakte zu der Bank gepflegt haben soll als bislang angegeben. Die Süddeutsche Zeitung, die Zeit und der NDR hatten am Donnerstag berichtet, Scholz habe sich in seiner Zeit als Erster Bürgermeister in Hamburg öfter als bislang in Befragungen eingeräumt mit dem Miteigentümer der Privatbank, Christian Olearius, getroffen. Das gehe aus Tagebüchern des Bankiers hervor.

Demnach gab es 2016 und 2017 zwischen Scholz und Olearius drei Treffen und ein Telefonat. Bislang war nur ein Treffen von Olearius mit Scholz aus dem Jahr 2017 bekannt. Drei Tage nach dem Telefonat soll der Bankier laut den Berichten von der Hamburger Finanzverwaltung den Hinweis erhalten habe, dass diese einen Betrag von 47 Millionen Euro doch nicht zurückfordern würde. Scholz soll die Treffen mit Olearius nicht erwähnt haben, auch nicht, als der Vorgang im März und im Juli Thema im Bundestags-Finanzausschuss war.

Gegen die Warburg Bank und Olearius liefen zu der Zeit Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung. Der Bank drohte eine hohe Steuernachzahlung wegen ihrer Verwicklung in sogenannte Cum-Ex-Geschäfte.

SPD-Kandidat Olaf Scholz: Opposition hegt schwerwiegenden Verdacht - „wäre ein sehr plausible Erklärung“

Ein Sprecher des Finanzministeriums verwies am Freitag darauf, dass Scholz - der sich zuletzt über gute Umfragewerte freuen konnte - sich zweimal ausführlich im Finanzausschuss dazu geäußert habe, dass er mit Vertretern von Banken, auch der Warburg-Bank gesprochen habe.

Die Opposition pocht dennoch auf weitere Aufklärung: Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Lisa Paus, forderte, Scholz müsse „die Karten jetzt endlich auf den Tisch“ legen. „Wir verlangen, dass Scholz nächste Woche zum dritten Mal in den Finanzausschuss kommt und diesmal endlich die komplette Wahrheit sagt.“

„Olaf Scholz hat dem Finanzausschuss des Bundestages die beiden Treffen mit Olearius 2016 auf ausdrückliche Frage hin zweimal
verschwiegen“, sagte auch der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Florian Toncar, der dpa. „Er hat sich in zwei Befragungen maximal zugeknöpft präsentiert und viele Fragen nur minimalistisch oder mit Allgemeinplätzen beantwortet. Eine deutlich stärkere persönliche Rolle von Scholz im Steuerfall Warburg als bisher bekannt wäre eine sehr plausible Erklärung für dieses Verhalten.“

Linke*-Finanzexperte Fabio de Masi deutete auf Twitter an, die Möglichkeit der Opposition nachzufragen sei bisher bewusst gering gehalten worden. Nun wolle er im Verbund mit Paus und Toncar den Finanzminister nicht mehr auskommen lassen: „Es ist erbärmlich und wir werden dies als Opposition geeint und unbeschadet unserer politischen Unterschiede nicht durchgehen lassen!“, betonte er. Linke, FDP und Grüne machen derzeit auch in einer anderen Frage gemeinsame Sache.

Cum-Ex kostete den Staat Milliardengelder - Scholz nun im Fokus

Als Cum-Ex-Geschäft wird das Verschieben von Aktien rund um einen Dividenden-Stichtag herum bezeichnet, um sich so eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer mehrfach vom Fiskus erstatten zu lassen. Dadurch sind der öffentlichen Hand in der Vergangenheit Steuergelder in Milliardenhöhe entgangen. Die Bundesregierung schob der Praxis 2012 einen Riegel vor. Einige der Fälle von damals werden derzeit von Gerichten aufgearbeitet.

Im deutschlandweit ersten Strafprozess zu Cum-Ex-Geschäften hatte das Landgericht Bonn im März Bewährungsstrafen gegen zwei Angeklagte verhängt und war zu dem Schluss gekommen, dass die umstrittene Praxis als strafbar zu werten sei. Damit wurde dies erstmals gerichtlich festgestellt. (dpa/AFP/fn) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.

Finanz-Experten sagen für 2021 ein massives Steuerloch voraus. Steuereinnahmen sollen um fast 20 Milliarden Euro sinken.

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