Dem Bericht zufolge fertigte Göring-Eckardts Kollege Cem Özdemir aus seinen Notizen eine neue Version an - die beiden Verhandlungspartner auf Skepsis stieß. Man habe stundenlang erneut verhandeln müssen, ehe es wieder Konsens über das Papier gab, heißt es in dem Bericht. Vor allem Lindner sei erzürnt gewesen.
Die FDP trat auch öffentlich dem Eindruck entgegen, nur die Grünen machten in den Sondierungsgesprächen Kompromissangebote und die anderen Parteien reagierten darauf nicht. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Marco Buschmann, sprach in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung von einer „klassischen Wahrnehmungsverzerrung“: „Jeder sieht nur, was er selbst für die Verhandlungen tut. Aber auch wir haben schon einiges abgeräumt (...) Die Grünen können beruhigt sein: Es tun auch andere etwas.“
FDP-Chef Christian Lindner sagte dem Spiegel, ginge es nach den Bürgern, würde die „Ordnung bei der Einwanderung“ ganz oben auf der Prioritätenliste der Sondierer stehen.
Für die Themenbereiche Arbeit, Soziales, Gesundheit und Pflege haben die Jamaika-Unterhändler einem Medienbericht zufolge bereits eine grundsätzliche Einigung erzielt. „Uns eint der Wille, dass jemand, der länger gearbeitet hat, im Alter mehr haben soll als die Grundsicherung“, zitierte die Rheinische Post aus einem ihr vorliegenden Papier. Wie genau das Rentenmodell aussehen soll, ist demnach noch offen. Eine Entscheidung soll bis Ende 2018 fallen.
Die Grünen wollen unterdessen in einer Jamaika-Koalition womöglich Anspruch auf die Ministerien für Energie, Landwirtschaft und Verkehr erheben. "Das sind schon die Ressorts, die wir da auch im Auge haben", sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Freitagabend der Bild. Er fügte aber hinzu, dass über die Ministerien stets ganz am Schluss gesprochen werde - und dies sei erfahrungsgemäß "eine der härtesten Verhandlungen".
Bei den Grünen stehe eine Energiewende, eine Verkehrswende und eine Agrarwende "ganz oben an". Das gelte insbesondere für den Klimaschutz. "Nicht, weil das unser Steckenpferd ist, sondern weil es eine Menschheitsfrage ist", sagte Kretschmann. Für die Grünen sei es daher wichtig, bei ihrem "Kernthema" nachher auch zu bestimmen, "was da geht". Das würde den Verzicht auf das Außenamt bedeuten; Parteichef Cem Özdemir galt bislang als ein möglicher Außenminister in einem Jamaika-Bündnis.
Die Jamaika-Parteien wollen bis kommenden Donnerstag ihre laufenden Sondierungen abschließen und mögliche Koalitionsverhandlungen prüfen.
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AFP