Der Parlamentspräsident hat im Iran großen Einfluss auf die Entscheidung der Abgeordneten. Die von ihm genehmigten Gesetze dürften auch von anderen Gremien gebilligt werden. Zudem ist er der Gesprächspartner hochrangiger Politiker, die nach Teheran kommen, um brisante politische Themen zu besprechen.
Update vom 22. Februar 19.20 Uhr: Die Parlamentswahlen im Iran scheinen den erwarteten Ausgang zu nehmen. Die Wahlkommission zählte laut AFP mittlerweile 162 von 208 Wahlkreisen aus und es zeichnet sich ein deutlicher Sieg der Konservativen ab. Inoffzielle Teilergebnisse sollen zeigen, dass bereits fast alle Parlamentssitze feststünden. 191 der 290 Plätze gehen demnach an konservative Kandidaten.
In Teheran setzt sich wohl Polizeichef Mohammed Bagher durch. Die endgültigen Ergebnisse werden am frühen Sonntagmorgen erwartet.
Update um 22.59 Uhr: Insgesamt zwei Stunden länger als ursprünglich angekündigt hatten viele Wahllokale für die Parlamentswahl im Iran geöffnet. Gegen Mitternacht Ortszeit (21.30 Uhr MEZ) wurden dann nach fast 16 Stunden die letzten Wahllokale geschlossen. Zur Wahlbeteiligung gab es zunächst nur widersprüchliche Angaben. Viele Beobachter gehen jedoch von einer niedrigen Wahlbeteiligung aus.
Ihrer Einschätzung nach sind die meisten Iraner der Auffassung, dass das Parlament - egal in welcher Konstellation - nicht in der Lage sei, die politischen und wirtschaftlichen Probleme des Landes zu lösen. Zu bewältigen seien sie vielmehr nur über eine neue Außenpolitik, insbesondere eine Änderung der Nahost-Strategie und Verhandlungen mit den USA zu bewältigen. Mit den Ergebnissen der Parlamentswahl müssen sich Beobachter noch etwas gedulden. Die Stimmzahlen aus den kleineren Provinzen werden am Samstag bekanntgegeben. In größeren Städten dauert die Auszählung bis zu 72 Stunden.
Update um 18.40 Uhr: Die iranischen Behörden haben die Parlamentswahl um insgesamt vier Stunden verlängert, berichtet die Nachrichtenagentur AFP am Freitagabend unter Berufung auf das dortige Staatsfernsehen. Die Wahllokale sollen nun erst um 22 Uhr Ortszeit, also um 19.30 Uhr nach mitteleuropäischer Zeit, schließen. Sieben Stunden nach Öffnung der Wahllokale hatten Informationen des iranischen Innenministeriums zufolge mehr als elf Millionen der 58 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.
Der von konservativen Geistlichen dominierte Wächterrat gab an, mit einer Wahlbeteiligung von mindestens 50 Prozent zu rechnen. Dies wäre allerdings deutlich niedriger als bei den vorangegangenen Wahlen, bei denen die Beteiligung laut offiziellen Angaben durchschnittlich bei 60,5 Prozent gelegen hatte. Schon im Vorfeld der Wahl erwarteten Beobachter eine sehr niedrige Wahlbeteiligung. Augenzeugenberichten zufolge seien in Teheran kaum Wähler in den Lokalen gewesen.
Update um 18.12 Uhr: Nachdem die Parlamentswahl im Iran nach mitteleuropäischer Zeit am Freitagmorgen begann, berichtet die Deutsche Presse-Agentur am späten Nachmittag von unterschiedlichen Angaben zur Wahlbeteiligung. Das staatliche Fernsehen sprach von einer sehr hohen Wahlbeteiligung in der Hauptstadt Teheran und anderen Provinzen. Doch Angaben von Augenzeugen zufolge waren zumindest in Teheran die meisten Wahllokale leer. Einige Augenzeugen sagten sogar, es seien mehr Reporter als Wähler da.
Es wurden auch Spekulationen laut, dass die Wahlbeteiligung aus Sorge vor einer Coronavirus-Ansteckung niedriger ausfallen könnte. In den Wahllokalen trugen deshalb viele Wähler und Wahlbeobachter Masken. Im Iran sollen Berichten zufolge vier Patienten in den vergangen 48 Stunden an den Flogen der neuartigen Lungenkrankheit gestorben sein.
Update um 9.35 Uhr: Im Iran hat am Freitag die Parlamentswahl begonnen. Mehr als 7000 Kandidaten bewerben sich um die 290 Mandate. Überschattet wurde der Urnengang im Vorfeld von der umstrittenen Ablehnung gemäßigter Kandidaten, die Präsident Hassan Ruhani nahestehen. Fast 75 Prozent der Kandidaten aus dem Ruhani-Lager sollen vom Wächterrat, der laut Verfassung für die ideologische Qualifikation der Kandidaten zuständig ist, disqualifiziert worden sein.
Damit hat die Ruhani-Opposition beste Chancen, nach sieben Jahren wieder eine Wahl zu gewinnen. Die Koalition der Konservativen und Hardliner mit dem ehemaligen Polizeichef Mohammed Bagher Ghalibaf als Spitzenkandidat könnte diversen Prognosen zufolge besonders die politisch wichtigen 30 Sitze in der Hauptstadt Teheran ergattern und somit nach jahrelanger Abwesenheit ihr politisches Comeback feiern.
Fast 58 der 83 Millionen sind landesweit wahlberechtigt, aber viele Beobachter gehen von einer niedrigen Wahlbeteiligung aus. Ihrer Einschätzung zufolge sind die meisten Menschen der Auffassung, dass das Parlament - egal in welcher Konstellation - nicht in der Lage sei, die politischen und wirtschaftlichen Probleme des Landes zu lösen. Die Wahllokale sind landesweit von 8.00 bis 18.00 Uhr Ortszeit (5.30 bis 15.30 MEZ) geöffnet.
Teheran - Für den Iran wird der 21. Februar 2020 womöglich ein schwieriger Tag: Das Land wählt ein neues Parlament. Das Regime um den „Obersten Führer“ Ali Chamenei richtet seinen Blick dabei allerdings vor allem auf die Wahlbeteiligung. In seinen Reden warb Chamenei zuletzt dafür, zur Wahl zu gehen.
Denn: Eine geringe Wahlbeteiligung könnte als mangelnde Unterstützung für das System gelten. Die Angst davor ist nicht unbegründet, Experten rechnen mit einer Wahlbeteiligung von 25 Prozent etwa in der Hauptstadt Teheran - und immer wieder kommt es zu Demonstrationen der Bevölkerung. Die Machthaber gehen hart dagegen vor.
Es ist die erste Wahl seit der Aufkündigung des Atomabkommens durch die USA im Mai 2018 (Merkur.de* berichtete), für das sich Präsident Hassan Ruhani eingesetzt hatte. Besonders viele junge Anhänger des moderaten Lagers wollen aus Enttäuschung über die politische Führung gar nicht erst zur Abstimmung gehen.
Der Iran steckt in einer schweren Krise. Die Wirtschaft des Landes leidet unter strengen Sanktionen - vor allem durch die USA. Viele Menschen sind arbeitslos, die Inflation ist hoch. Und noch immer überschatten die Ereignisse des 8. Januar das Land: Das iranische Militär hatte an diesem Tag eine ukrainische Passagiermaschine abgeschossen. Alle 176 Menschen an Bord kamen ums Leben. Zunächst hatten die Behörden im Iran von einem technischen Defekt gesprochen - am Ende gab man jedoch zu, das Flugzeug irrtümlich abgeschossen zu haben.
Der offenbar versehentliche Abschuss geschah infolge einer militärischen Reaktion auf die Tötung des iranischen Topgenerals Qasem Soleimani durch die USA. Die Details sind aber immer noch unklar. Seitens mehrerer Länder wurde der Iran zu einer gründlichen Untersuchung des Vorfalls aufgefordert - was Präsident Hassan Rohani auch zusicherte.
Bereits seit längerem kommt es auch zu Protesten gegen die Machthaber. Die iranischen Sicherheitskräfte gehen laut Amnesty International teils hart gegen die Demonstranten vor. Es gibt Festnahmen - immer wieder würden auch Menschen getötet.
Im Iran leben etwas mehr als 83 Millionen Menschen (UN-Schätzung Stand Februar 2020) auf einer Fläche von 1.6 Millionen Quadratkilometern. Zum Vergleich: Deutschland hat rund 83 Millionen Einwohner - jedoch auf weniger als einem Viertel der Fläche. Allerdings besteht Iran zum Großteil aus hohen Gebirgen und Wüsten. Die Hauptstadt des Landes ist Teheran mit mehr als 9,1 Millionen Einwohnern (Stand Februar 2020).
Seit der Revolution im Jahr 1979 - die ihren Höhepunkt im Sturz des Schahs Mohammad Reza Pahlavi fand - ist der Iran eine sogenannte theokratische Republik. Dabei handelt es sich um die Mischform eines politischen Systems. Einen auf Theokratie basierenden Staat bezeichnet man auch als Gottesstaat. Eine Trennung von Staat und Religion gibt es nicht. Die Staatsgewalt ist dort ausschließlich religiös legitimiert. Politisches und religiöses Oberhaupt des schiitischen Iran ist seit 1989 Ali Chamenei - er wird auch als „Oberster Führer“ bezeichnet. Chamenei ist auch Oberbefehlshaber der iranischen Streitkräfte. Der inzwischen 80-Jährige wurde vom Expertenrat (ein 86-köpfiges Verfassungsorgan des Iran) auf Lebenszeit gewählt.
In einer Rede Anfang Februar hat Chamenei die Bedeutung der Parlamentswahlen für das Land betont. In dieser Rede, die auf einer iranischen Website veröffentlicht wurde, wehrt er sich auch gegen die Behauptung, die Wahlen seien ein abgekartetes Spiel: „Wenn Sie sagen, dass dies kein demokratischer Prozess ist und dass es sich nicht um eine echte Wahl, sondern eher um eine Ernennung handelt, dann wird das Volk entmutigt.“ Dies sei jedoch eine Lüge. „Wahlen sind eine Chance für unser Land: Wenn sie mit Begeisterung durchgeführt werden und alle Menschen zu den Wahlurnen gehen, wird dies die Sicherheit des Landes gewährleisten.“
Dennoch gibt es im Iran auch einen Präsidenten, der vom Volk gewählt wird. Aktueller Präsident des Iran ist Hassan Rohani - er wurde bei den Wahlen 2013 der Nachfolger von Mahmud Ahmadinedschad.
Der iranische Präsident ist - wenn man so will - für das politische Tagesgeschäft zuständig. Allerdings kann er jederzeit vom „Obersten Führer“ abgesetzt werden, der auch einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Tagesgeschäft hat. Zusätzlich kann der „Oberste Führer“ über den sogenannten Wächterrat Einfluss auf die Politik nehmen - dieser hat bei allen Gesetzesbeschlüssen und Regierungsentscheidungen ein Vetorecht. Weil der „Oberste Führer“ den Wächterrat zum Großteil selbst besetzt, fallen dessen Entscheidungen in der Regel auch in seinem Sinne aus. Im Mai 2021 wird dann der Nachfolger für Präsident Hassan Rohani bestimmt - er darf nach zwei Amtszeiten nicht erneut für das Amt kandidieren.
Von freien Wahlen zu sprechen, ist im Falle des Iran schwierig. Denn wer sich überhaupt zu Wahl stellen darf, entscheidet im Vorfeld der sogenannte Wächterrat - bei diesem Organ müssen sich die Kandidaten registrieren. Wer zu weit von der staatlichen Linie abweicht, wird gar nicht erst zugelassen. Bei der diesjährigen Parlamentswahl hat der Rat Tausende reformorientierte und gemäßigte Kandidaten, die Präsident Hassan Ruhani nahe stehen, abgelehnt.
Damit hat der Wächterrat nach Einschätzung von Beobachtern den Weg zu einem Wahlsieg der Opposition geebnet. Ruhanis Gegner, unter ihnen Konservative und Hardliner, hatten in den letzten sieben Jahren alle Wahlen verloren und hoffen nun mit Hilfe des Wächterrats auf ihr politisches Comeback.
Aber auch ein gewähltes Parlament kann keine Entscheidung treffen, die von der Führung nicht goutiert wird: Sollte dies der Fall sein, kann die Entscheidung von Chamenei - beziehungsweise dem Wächterrat - einfach wieder rückgängig gemacht werden.
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