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Ziemiak gilt als Vertreter des konservativen Flügels der CDU und Freund von Gesundheitsminister Jens Spahn (38). Seine Berufung dürfte ein Versuch Kramp-Karrenbauers sein, die unterschiedlichen Lager der Partei zusammenzuführen. Kramp-Karrenbauer ist eine Vertraute der langjährigen Vorsitzenden Angela Merkel und gilt als Vertreterin eines politischen Kurses der Mitte. Noch am Vorabend des Parteitags ließ Ziemiak vor Mitgliedern der Jungen Union nach Angaben von Teilnehmern durchblicken, dass er bei der Vorsitzendenwahl nicht für Kramp-Karrenbauer stimmen werde.
Ziemiak wurde 1985 im polnischen Stettin geboren und zog laut seiner Homepage 1988 mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder als Aussiedler nach Nordrhein-Westfalen. Zunächst landete die Familie in einem Aussiedlerlager, bald fanden seine Eltern aber Arbeit.
Paul Ziemiak machte Abitur und begann dann, in Münster und Osnabrück Jura zu studieren, machte jedoch keinen Abschluss. Anschließend studierte er Unternehmenskommunikation. Bevor er Abgeordneter wurde, war er als Kommunikationsreferent bei einer internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig. Pauk Ziemiak ist verheiratet und hat einen kleinen Sohn.
Mit 16 Jahren trat Paul Ziemiak in die CDU ein und übernahm danach verschiedene Ämter - erst auf Kreis- dann auf Landesebene. 2014 gelang ihm der Überraschungscoup: In einer Kampfkandidatur gewann er die Wahl zum Vorsitzenden der Jungen Union. Als Chef der größten politischen Jugendorganisation in Deutschland und Europa ist er Mitglied des Bundesvorstands der CDU. 2017 wurde Ziemiak schließlich über seinen Wahlkreis in Herne und Bochum ins Parlament in Berlin gewählt.
Ziemiak ist geprägt davon, sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet zu haben. "Egal, wo du geboren wurdest, egal, ob dein Vater studiert hat oder deine Mutter Hausfrau ist, wenn du hart arbeitest, dann kannst du es schaffen, das muss die Botschaft der Jungen Union sein", wird aus seiner Bewerbungsrede um den JU-Vorsitz zitiert.
So manchem gilt es als Widerspruch, dass der aus Polen kommende verheiratete Vater eines kleinen Sohnes ein scharfer Kritiker der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel ist. Ziemiak arbeitete auch mit daran, dass Spahn beim Bundesparteitag 2016 den Beschluss zum Doppelpass durchsetzte, eine konservative Breitseite gegen die Kanzlerin.
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In seiner Bewerbungsrede hat der 33-Jährige ein klares Bekenntnis zu klassisch konservativen Werten abgelegt. Er forderte eine Erneuerung der Partei mit einem klaren Kurs und einer klaren Sprache. „Wir müssen die Partei des Rechtsstaats sein“. Zur AfD abgewanderte Wähler wolle er zurückholen, „auch mit einem klaren Bekenntnis zu diesem Land“.
Ziemiak sprach sich für eine konsequente Abschiebung terroristischer Gefährder aus, verwechselte in seinen Ausführungen allerdings den Fall des nach Tunesien abgeschobenen mutmaßlichen Ex-Leibwächters von Osama bin Laden, Sami A., mit dem Attentäter vom Berliner Breitscheidtplatz, Anis Amri.
In der sozialen Debatte dürfe es nicht immer nur Superreiche und Hartz IV gehen . „Ganz normale Familien, diejenigen, die fleißig sind in diesem Land“, müssten im Fokus stehen, sagte er.
Die neue Vorsitzende berichtete am Samstag den Delegierten, sie habe Ziemiak den Posten des Generalsekretärs am Freitagabend erneut angeboten und er habe dies dann angenommen. Es gehe nun nicht um den gestrigen Tag, sondern um die Zukunft der Partei, sagte Ziemiak am Samstag in seiner Bewerbungsrede. "Ich bewerbe mich, weil es um diese Partei geht", sagte er. "Jetzt geht es darum, die Partei zu erneuern mit einem klaren Kurs und einer klaren Sprache."
Bisher hatte Kramp-Karrenbauer das Amt der Generalsekretärin selbst inne, durch ihre Wahl zur neuen Parteivorsitzenden wurde eine Neubesetzung erforderlich.
Brisant: Ziemiak wisse schon länger, dass Kramp-Karrenbauer ihn zum Generalsekretär machen wolle. Daher habe er dafür gesorgt, dass die Saarländerin bei der Stichwahl mehr Stimmen bekommt als Friedrich Merz, würden böse Stimmen behaupten. Pikant sei dies, weil Ziemiak als ein enger Freund von Jens Spahn gilt und außerdem genau wie Friedrich Merz aus dem Sauerland stammt. Deswegen sollte er sich eigentlich den beiden gegenüber zu Loyalität verpflichtet fühlen.
„Im Raum steht der Vorwurf, er sei nur eines Amtes wegen zur politischen Widersacherin übergelaufen“, schreibt der Spiegel. Gestreut worden sei dieses Gerücht von Merz-Anhängern. Dies zeige, „wie vergiftet die Stimmung nach dem Sieg Kramp-Karrenbauers ist“.
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dpa, mke, sm