Update 17. Januar 2020, 17.30 Uhr: Plant Wladimir Putin sich zu einem Oberhaupt eines neuen Groß-Russland zu machen? Viel wird derzeit spekuliert über die geheimen Machtpläne des Kreml-Chefs nach seiner Amtszeit als Präsident in vier Jahren. Erwartet wird, dass er das Staatssystem bis 2024 so umbauen will, dass der Präsident weitaus weniger Befugnisse hat.
Focus Online hat Sarah Pagung, Russland-Expertin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik befragt. Sie sieht drei Möglichkeiten für Putin, seine Macht zu retten: Als Premierminister eines gestärkten Unions-Staates mit Weißrussland, als Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates oder als Parlamentspräsident mit ausgedehnten Machtbefugnissen.
Tagesschau-Korrespondentin Ina Ruck spekuliert ebenfalls über die Zukunft von Putin: „Manche gehen davon aus, dass der nationale Sicherheitsrat weiter gestärkt wird, ein schon jetzt sehr mächtiges Gremium. Es kann aber auch sein, dass der bisher eher unbekannte Staatsrat aufgewertet wird. Beide würden sich dazu eignen, sie mit größerer Macht auszustatten, um sie dann zu einer Art Politbüro 2.0 werden zu lassen, dem dann Putin vorsitzt - eine Rolle, in der er weiterhin die Geschicke des Landes leiten könnte."
Update vom 16. Januar, 15.51 Uhr: Der neue russische Ministerpräsident Michail Mischustin hat in seinem ersten öffentlichen Auftritt seit seiner Nominierung "echte Veränderungen zum Besseren" angekündigt. Der 53-Jährige sprach am Donnerstag vor dem russischen Unterhaus, das ihn kurz darauf erwartungsgemäß mit breiter Mehrheit als neuen Regierungschef bestätigte. Präsident Wladimir Putin traf sich derweil mit der Arbeitsgruppe, welche die von ihm angekündigten Verfassungsreformen ausarbeiten soll.
383 Abgeordnete der Duma stimmten für den von Putin vorgeschlagenen Kandidaten Mischustin, Gegenstimmen gab es keine, lediglich die Abgeordneten der Kommunistischen Partei enthielten sich.
"Der Beschluss ist gefasst", sagte Parlamentspräsident Wjatscheslaw Wolodin nach der fast einhelligen Zustimmung für Mischustin und fügte hinzu: "Diese Kandidatur hat alle geeint." Die Zustimmung der Duma galt als Formalität, da die Pro-Putin-Partei Geeintes Russland 75 Prozent der Sitze in der Parlamentskammer hält. Der neue Regierungschef muss noch per Präsidentendekret bestätigt werden, er hat nun eine Woche Zeit, ein neues Kabinett zusammenzustellen.
In seiner zehnminütigen Vorstellungsrede legte Mischustin den Schwerpunkt auf wirtschaftliche und soziale Themen. Priorität habe für ihn die "Erhöhung der Reallöhne", kündigte er an. Er wolle zudem das Vertrauen der Unternehmer "zurückgewinnen" und Investitionen ankurbeln.
Mischustin ist gelernter Ingenieur und hat in Wirtschaftswissenschaften promoviert. Er machte Karriere in mehreren Behörden, bevor er 2010 Chef der Steuerbehörde wurde. Ob er nur ein Platzhalter ist oder Nachfolger Putins werden soll, ist unklar. Der Moskauer ist ein Verfechter der Modernisierung und Digitalisierung Russlands und gilt wie Putin als Eishockey-Fan.
Update vom 16. Januar, 13:50 Uhr: Das russische Parlament hat Michail Mischustin als neuen Regierungschef bestätigt. 383 Abgeordnete der Duma stimmten für den von Präsident Wladimir Putin vorgeschlagenen Kandidaten, Gegenstimmen gab es keine, 41 Abgeordnete enthielten sich. Putin hatte den Chef der russischen Steuerbehörde für das Amt des Ministerpräsidenten vorgeschlagen, nachdem die Regierung von Dmitri Medwedew überraschend zurückgetreten war.h
Update vom 15. Januar, 20.30 Uhr: Auf Twitter löst die Nachricht vom Rücktritt der russischen Regierung Sarkasmus und Belustigung aus. „Ach, Russland hatten neben Putin eine Regierung?“, twittert ein User. Auch die Russen spotten. „Tatsächlich ist nur eines in Russland stabil und unerschütterlich - Dmitri Medwedew, der bei einer Rede des Präsidenten schläft.“
Update vom 15. Januar, 17.30 Uhr: Der russische Präsident Wladimir Putin hat den Chef der nationalen Steuerbehörde, Michail Mischustin, als neuen Ministerpräsidenten vorgeschlagen. Das meldeten die russischen Nachrichtenagenturen am Mittwochabend unter Berufung auf den Kreml. Der 53 Jahre alte Mischustin leitet die russische Steuerbehörde seit 2010 und gilt als weitgehend unbekannt.
Das Parlament muss seiner Ernennung binnen einer Woche zustimmen. Experten sprechen davon, dass Putin mit der vorgeschlagenen Verfassungsänderung seine Macht ausbauen will. Beide Parlamentskammern werden von Pro-Putin-Kräften dominiert, die sich dem Wunsch des Kreml-Chefs nie widersetzen.
Update vom 15. Januar, 17.30 Uhr: Putin will seine Macht sichern, ist sich Sarah Pagung, Russland-Expertin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), sicher. „Er will absichern, dass er der Sonnenkönig bleibt“, sagte sie gegenüber focus online. „Mit einigen größeren und kleineren Änderungen an der Verfassung will Putin sicherstellen, dass die Macht des Präsidenten künftig eingeschränkt wird. Das weist klar darauf hin, dass Putin sich auf seinen Abgang als Präsident vorbereitet.“
Laut Pagung könnte Putin den Posten des Premierministers anstreben - das wäre durch die Stärkung der Befugnisse der Duma möglich. Fest steht: „Egal, wer Putin als Präsident nachfolgt, wird nicht die Machtfülle haben, wie er sie hat“, sagt Pagung. Aber sie kann sich auch eine weitere - wenn auch laut Pagung unwahrscheinliche - Konstellation vorstellen:
Nämlich, dass Putin Oberhaupt eines gemeinsamen Staates von Russland und Weißrussland wird. Seit Jahren diskutieren Regierungsvertreter der beiden Staaten über einen Zusammenschluss. Für Putin wäre das ihrer Ansicht nach die ideale Position, sagte sie gegenüber focus online.
Update vom 15. Januar, 16.40 Uhr: Putins Rede zur Neuorganisation der Funktionen von Unterhaus und Präsident führt zu Spekulationen, ob Putin mit seinen Maßnahmen die Zukunft seiner politischen Karriere oder seinen politischen Abgang organisieren will. Putin ließ offen, ob die Amtszeit von Präsidenten neu geregelt wird. Das ist wichtig, denn Putin kann nur noch bis 2024 das Land führen.
Die Verfassung schreibt vor, dass der Präsident nur zweimal hintereinander amtieren darf. Der 67-Jährige wurde im Mai 2018 wiedergewählt. Darüber gebe es „in der Gesellschaft“ bereits Diskussionen, sagte Putin. „Ich halte das nicht für ausschlaggebend. Aber ich stimme dem zu.“ Er vermied damit erneut eine klare Aussage zu seiner politischen Zukunft.
In seiner mehr als einstündigen Rede beschrieb Putin seine Vorstellung von der Verfassungsänderung. Konkret geht es darum, dass das Unterhaus, die Duma, künftig entscheiden soll, wer Ministerpräsident und dessen Stellvertreter werden. Auch über die einzelnen Minister soll das Parlament bestimmen. Bislang liegt all das in der Hand des Präsidenten. Diese Änderung ist wichtig, denn wenn das Parlament über den Ministerpräsidenten entscheidet, könnte Putin dadurch erneut in das Amt des Ministerpräsidenten wechseln.
Putin will weiterhin einen starken Präsidenten. Der Präsident müsse das Recht behalten, die Aufgaben und Prioritäten der Regierung zu bestimmen, sagte er in seiner Rede. Und er soll auch den Ministerpräsidenten und seine Minister entlassen können. Zudem behält er die „direkte Kontrolle“ über das Militär, Polizei und die Geheimdienste. Der Föderationsrat - das Oberhaus im Parlament - soll zudem mit dem Präsidenten festlegen, wer in den Regionen zum Staatsanwalt berufen wird. Nach demselben Schema sollen auch Richter entlassen werden können.
Update vom 15. Januar, 16 Uhr: Medwedews Regierung stand im Land schon seit Längerem im Land unter Druck, vor allem wegen der anhaltenden, russischen Wirtschaftskrise. Eine umstrittene Rentenreform hatte zudem in den vergangenen Jahren für großen politischen Zündstoff gesorgt. Putin hatte erst kurz zuvor mehr Hilfen für einkommensschwache Familien versprochen. Die nächste Parlamentswahl war für Herbst 2021 geplant.
Besonders Medwedew, der von 2008 bis 2012 Präsident Russlands war und danach Regierungschef, ist in Russland sehr unbeliebt. Seit 2017 gibt es immer wieder Proteste der Opposition, die sich besonders gegen seine Person richten. Angestoßen hat sie der Kremlkritiker Alexej Nawalny, der mit Recherchen die Korruption und Geldanhäufung des Politikers aufgedeckt hat. Der aus Petersburg stammende Jurist ist auch Vorsitzender der Kremlpartei Geeintes Russland.
Erstmeldung vom 15. Januar 2019: Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew hat nach Berichten der russischen Staatsagentur Tass den Rücktritt der gesamten Regierung angekündigt. Er wolle Präsident Wladimir Putin damit die Möglichkeit geben, die nötigen Veränderungen im Land anzustoßen, teilte Medwedew demnach mit. Am Vormittag hatte Präsident Wladimir Putin in seiner Rede zur Lage der Nation eine Verfassungsänderung angekündigt.
Kreml-Chef Putin soll das bisherige Kabinett angewiesen haben, im Amt zu bleiben. Putin wolle nun eine neue Regierung einberufen. Das berichtet der Spiegel unter Berufung auf die russische Nachrichtenagentur Interfax. Unter Berufung auf Medwedew meldet die Agentur demnach, dass Putin seinen ehemaligen Ministerpräsidenten zum stellvertretenden Chef des Sicherheitsrates ernennen wolle.
Medwedew solle künftig für Verteidigung und Sicherheit verantwortlich sein. Die Regierung sei in ihrer jetzigen Form zurückgetreten, damit Putin alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen könne.
In seiner Rede zur Lage der Nation hatte Putin eine Reform vorgeschlagen, die dem russischen Parlament künftig mehr Macht einräumen solle. Darüber solle in einem Referendum abgestimmt werden, sagte der russische Präsident. Ein Datum für die Abstimmung nannte er jedoch noch nicht.
Putin ist seit 20 Jahren in Russland an der Macht. Am 31. Dezember 1999 hatte er nach dem Rücktritt des damaligen Präsidenten Boris Jelzin die Amtsgeschäfte übernommen.
Putin war seitdem mit einer vierjährigen Unterbrechung Präsident. 2008 übernahm vorübergehend sein Vertrauter Dmitri Medwedew das höchste Amt, während Putin als Ministerpräsident amtierte.
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