Update 20.15 Uhr: Die Lage bei der Suche nach möglichen Koalitionen in Sachsen bleibt unübersichtlich - Hauptgrund ist die Unklarheit über die Mandatzahl der AfD im neuen Landtag: Die Partei durfte nach Unstimmigkeiten bei der Aufstellung der Landesliste nur 30 Listen-Kandidaten ins Rennen schicken. Aktuell liegt sie in den Hochrechnungen bei rund 28 Prozent. Ein Ergebnis, das der Partei 38 Mandate ermöglichen würde - theoretisch.
Könnte die AfD, etwa über gewonnene Direktmandate, alle ihr zustehenden Sitze besetzen, dann gäbe es nur eine realistische Koalitionsoption: „Kenia“, also ein schwarz-rot-grünes Bündnis. Tatsächlich äußerten sich Grüne aus Land und Bund (darunter auch Parteichef Robert Habeck) noch am Sonntagabend prinzipiell offen, forderten aber auch weitreichende Mitsprache und eine Neuorientierung der CDU. Ministerpräsident Michael Kretschmer verzichtete auf eine klare Positionierung, freute sich aber über die Möglichkeit eines Bündnisses mit „positiven Kräften“.
Gelänge Schwarz-Rot-Grün nicht, blieben der CDU nur Bündnisse, die AfD oder Linke beinhalten würden - oder eine Minderheitsregierung. Eine solche hatte Kretschmer allerdings bereits im Vorfeld ausgeschlossen.
Ganz anders wäre die Lage allerdings, würde die AfD trotz ihres hohen Stimmanteils nur 30 Abgeordnete ins Parlament bringen. Dann könnten Schwarz-Grün oder gar eine Fortführung der schwarz-roten Koalition in den Bereich des Möglichen geraten. Wie die Optionen final aussehen, hängt nun davon ab, ob und in welcher Zahl AfD-Politiker über Erststimmen in den Landtag einziehen, die nicht auf der Landesliste vertreten wird. Es wird also noch fleißig gerechnet werden dürfen.
Am Ende könnte es freilich auch ganz anders kommen: AfD-Spitzenkandidat Jörg Urban hat eine Klage angekündigt, sollte seine Partei nicht alle ihre zustehenden Mandate aus der Landesliste besetzen können. Nach allen Regeln der Umfragekunst dürfte genau dieses Szenario am Ende eintreten. Dann hätten die Gerichte zu entscheiden, ob es gar zu Neuwahlen kommt.
Update vom 1. September, 18.02 Uhr: Die CDU ist nach Prognosen von ARD und ZDF trotz Stimmeinbußen als stärkste Kraft aus der Landtagswahl in Sachsen hervorgegangen. Die Partei von Ministerpräsident Michael Kretschmer kann demnach ihre Spitzenposition behaupten. Die AfD löst die Linke klar als zweitstärkste Kraft ab. Die bislang mitregierende SPD fällt auf ein Rekordtief in Sachsen und erzielt das schlechteste Landtagswahlergebnis in ihrer Geschichte bundesweit. Dagegen legen die Grünen im Freistaat deutlich zu und haben Chancen auf eine erstmalige Regierungsbeteiligung. Die FDP muss um den Einzug in den Landtag bangen. Wer künftig Sachsen regiert, bleibt zunächst offen. Für eine Neuauflage der CDU/SPD-Koalition reicht es nicht mehr.
Da Kretschmer eine Koalition mit AfD und Linken ausgeschlossen hatte, reicht es in Sachsen nicht mehr für eine Zweier-Koalition. Auch für Rot-Rot-Grün gibt es den Prognosen zufolge keine Mehrheit. Rechnerisch möglich wäre ein Bündnis von CDU, SPD und Grünen, wegen der Parteifarben auch „Kenia“-Koalition genannt. Die Grünen würden so erstmals in Sachsen in Regierungsverantwortung kommen. In Sachsen-Anhalt regiert seit 2016 ein solches Bündnis aus CDU, SPD und Grünen. Einer Minderheitsregierung unter seiner Führung hatte Kretschmer bereits eine Absage erteilt. Warum es aus seiner Sicht nicht für ein besseres Ergebnis gereicht hat, ließ Kretschmer in seiner Reaktion auf die Landtagswahl in Sachsen und Brandenburg durchblicken.
Ausgangsmeldung: Dresden - Die Landtagswahlen nahen in den östlichen Bundesländern. Vor der Landtagswahl in Sachsen erhält die derzeit regierende schwarz-rote Koalition unter der Führung des Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) nur schwache Umfragewerte. SPD und CDU können wohl zu zweit keine Mehrheit mehr erlangen. Eine Umfrage des Instituts INSA vom 6. August ergibt zum Beispiel folgendes Bild.
Der Vorsprung der CDU vor der AfD ist knapp. Die SPD wie auch die CDU sind in den Umfragen zur Sachsen-Wahl abgerutscht.
CDU: 28 ProzentAfD: 25 ProzentLinke: 16 ProzentGrüne: 12 ProzentSPD: 8 ProzentSonstige: 6 ProzentFDP: 5 Prozent
Die Parteien werden aufgrund dieser Ergebnisse nach der Landtagswahl in Sachsen aller Voraussicht nach eine neue Koalition bilden. Alle möglichen Konstellation wären dabei Dreier- oder gar Viererbündnisse, weil die Sachsen-SPD eine Koalition mit der AfD ausschließt. Gleiches gilt für den Großteil der sächsischen CDU: 44 von 60 CDU-Direktkandidaten in Sachsen sprachen sich bereits gegen eine Koalition mit der AfD aus. Die verbleibenden 16 Politiker hatten sich nicht geäußert.
Der Einzug der FDP in den Landtag ist wegen der Fünf-Prozent-Hürde noch ungewiss, deshalb wird sie an dieser Stelle nur in einem Rechenmodell berücksichtigt.
Im Vorfeld der Landtagswahl in Sachsen hatte es Aufregung um die Anzahl der Bewerber auf den Listenplätzen der AfD gegeben: Wegen Formfehlern wurde der Großteil der Landesliste gestrichen und nur 18 Bewerber zugelassen. Ein Urteil des sächsischen Verfassungsgerichtshofes zum Streit um die gekürzte Landesliste hat die Situation vorerst geklärt: Es dürfen nun 30 Bewerber auf der AfD-Liste bei der Landtagswahl in Sachsen antreten. Ursprünglich hatte die AfD 61 Listenplätze vergeben.
Die AfD hat nun weitere Schritte auch für die Zeit nach der Wahl angekündigt. Im schlimmsten Fall könnte demnach eine Neuwahl drohen.
CDU, Linke, Grüne: Die Linke und die CDU passen aufgrund ihrer Wahlprogramme zwar kaum zueinander - dennoch sehen Experten diese Konstellation nach der der Landtagswahl in Sachsen als durchaus möglich an. Wenn die Alternativen ausgehen, könnte die Ablehnung der CDU gegenüber der Linken wackeln.
CDU, Grüne, SPD: Für diese Koalition kann es nach einer infratest- und INSA-Umfrage knapp reichen. Hier lässt sich ideologisch wahrscheinlich auch noch die größte Nähe herstellen.
CDU, SPD, Grüne, Linke: Theoretisch wäre nach der Sachsen-Wahl eine Koalition von CDU, SPD, Grüne und Linke möglich. Das wäre ungewöhnlich, da ein Zusammenschluss von vier Regierungsparteien ein effizientes Handeln schwierig macht - aber es ist zumindest eine Option.
Denkbar ist zuletzt außerdem auch eine Minderheitsregierung unter Führung der CDU mit einem möglichen weiteren Koalitionspartner und wechselnden Mehrheiten. In Deutschland gibt es jedoch große Vorbehalte gegenüber Minderheitsregierungen, weil sie als instabil gelten.
CDU, SPD, Grüne, FDP: Diese Vierer-Koalition bekam laut einer Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des MDR die größte Zustimmung bei den Sachsen: 32 Prozent wünschen sich dieses Modell. Dies würde aber nur im Fall des Einzugs der FDP gelingen, ihre Umfragewerte liegen um die 5 Prozent.
Die Ergebnisse, Reaktionen, Prognosen und aktuellen Meldungen bekommen Sie am Sonntag in unserem Live-Ticker zur Landtagswahl in Sachsen.
Sie sind sich noch unsicher, welche Partei Sie bei der Landtagswahl in Sachsen wählen sollen? Der Wahl-O-Mat Sachsen hilft ihnen weiter. Wenn Sei Ihre Entscheidung getroffen haben, müssen sie nur noch wissen, wie man den Stimmzettel in Sachsen ausfüllt. Eine Übersicht über die aktuellen Spitzenkandidaten zur Landtagswahl in Sachsen bieten wir Ihnen ebenfalls.
Am 1. September findet noch eine weitere Landtagswahl statt. Mindestens ebenso kompliziert wie in Sachsen stellen sich im Vorfeld die möglichen Koalitionen nach der Landtagswahl in Brandenburg dar. Mehrere Parteien können auf den Wahlsieg hoffen. Warum der Osten ganz anders wählt als der Westteil der Republik, das erfahren Sie in dieser Analyse.
sam