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Söder fordert erneut Minister-Tausch in Berlin: Seehofer gibt sich ironisch - Merkel äußert sich

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Winterklausur der CSU-Landesgruppe im Bundestag
Ein weiteres Kapitel der Erzrivalen Seehofer und Söder: Fällt der Ex-CSU-Chef einer Regierungsumbildung in Berlin zum Opfer? © dpa / Matthias Balk

Markus Söder fordert ein neues Regierungsteam in Berlin: Das Kabinett von Angela Merkel müsse verjüngt werden. Mehrere CSU-Minister könnten dem zum Opfer fallen.

Update vom 6. Januar 2020, 17.10 Uhr: Markus Söder legt nach: Der CSU-Chef hat am Montag erneut eine Neuaufstellung des Kabinetts Merkel bis Mitte des Jahres angemahnt. „Das, was die Regierung ist“, sei „auch die Zukunftsmannschaft für danach“, sagte Söder am Montag vor Beginn der Winterklausur der CSU-Bundestagsabgeordneten im oberbayerischen Kloster Seeon. Darüber werde man zu gegebener Zeit nachdenken, betonte Söder - er nannte dabei einen möglichen Zeithorizont bis Mitte dieses Jahres. „Das ist nicht einfach, aber das ist letztlich auch eine Aufgabe.“

„Einfach zu sagen, alles bleibt bis zum Ende so, wie es ist, ist eine Meinung und ist eine Idee“, fügte Söder hinzu. Er glaube aber, „dass die eine oder andere Verstärkung“ allen Beteiligten nützen könne: „So eine zweite Luft, die kann am Schluss nochmal allen Beteiligten etwas helfen.“ Er nannte erneut keine Namen, ließ aber erkennen, dass er den größten Nachholbedarf bei Innovationen, Wissenschaft und Wirtschaft sieht: „Es fällt auf, dass wir wirtschaftlich etwas schwächer werden, dass wir technologisch im internationalen Wettbewerb zulegen müssen.“

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ mitteilen, sie arbeite gut mit ihren Ministern zusammen, sehe aber an manchen Stellen Luft nach oben. Letzteres sah Söder als Bestätigung für seinen Vorstoß.

Söder hatte in einem Interview mit der Bild am Sonntag eine Verjüngung des Bundeskabinetts gefordert. Einige Beobachter münzten dies auch als Angriff auf seinen 70 Jahre alten Vorgänger an der CSU-Spitze, Innenminister Horst Seehofer. Das Verhältnis der beiden CSU-Politiker gilt seit langem als schwierig, wie Merkur.de* berichtete. Seehofer mahnte nun - ohne Söders Namen zu nennen - zur Ruhe.

Söder fordert Verjüngung von Merkels Kabinett: Seehofer reagiert mit Ironie, Senioren-Union ist verärgert

Im vergangenen Jahr sei die Wirkung von Selbstbeschäftigung bei der SPD zu sehen gewesen, sagte Seehofer am Rande der Jahrestagung des Beamtenbunds dbb in Köln. „Wir sollten jetzt als Union der SPD in diesem Jahr nicht nacheifern“, mahnte er mit Blick auf das langwierige Vorsitzenden-Casting des Koalitionspartners. Zu seiner eigenen politischen Zukunft wollte er aus diesem Grund nichts sagen: „Ich gebe dazu schon seit zwei Jahren keine Stellungnahmen mehr ab.“ Seehofer hatte im Mai erklärt, er wolle mit dem Ende der laufenden Legislaturperiode aus der Politik ausscheiden.

In seiner Rede vor dem dbb ging Seehofer mit Ironie auf die Debatte ein: „In meinem Alter, das werden Sie alle noch erleben, müssen Sie täglich nach dem Aufstehen prüfen, ob Sie noch im Amt sind.“ Seehofer stellte klar, dass er sich als Chef des Bundesinnenministeriums wohlfühlt: „Ich hoffe, ich darf Euch noch einige Tage leiten“, sagte er an die Adresse seiner Mitarbeiter.

Die Senioren-Union hat sich unterdessen gegen die Forderung Söders gewandt. "Qualität misst sich nicht daran, ob jemand alt oder jung ist. Es geht darum, die besten Köpfe im Kabinett zu haben", erklärte der Vorsitzende der Vereinigung der über 60-jährigen CDU-Mitglieder, Otto Wulff, am Montag in Berlin. Er äußerte sich verärgert über den Vorstoß.

„Wurstelt die GroKo so weiter, ist 2021 der nächste Kanzler ein Grüner“, warnt unterdessen der Politik-Chef des Münchner Merkur*, Christian Deutschländer, in einem Kommentar.

Söder fordert neue Minister für Merkels Regierung: Löst das ein CSU-Beben aus?

Ursprungsmeldung vom 5. Januar 2020: Berlin/München - Markus Söder will nicht Kanzlerkandidat der Union werden (Interview mit Merkur.de*), aber die Bundespolitik als mächtiger CSU-Ministerpräsident dennoch mitgestalten. Nicht nur sein umjubelter Auftritt auf dem CDU-Bundesparteitag (Merkur.de*), auf dem er der Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer und ihrem Widersacher Friedrich Merz die Show stahl, unterstrich diesen Anspruch. Auch in einem Interview mit der Bild am Sonntag stellte Söder nun eine klare Forderung an das Kanzleramt: Die Bundesregierung müsse 2020 umgebildet werden. 

Bundesregierung: Söder fordert von Regierungsumbildung im Kabinett Merkel

Gleichzeitig erneuerte der bayerische Regierungschef seine Kritik an der Arbeit von Merkels Kabinett: „Angesichts der Probleme in der Welt braucht es eine Regierung, die durchstartet. Es reicht nicht, nur die Zeit bis 2021 abzusitzen. Ob die Große Koalition noch zu Großem fähig ist, bleibt abzuwarten. Sollte die Regierung jedoch bis 2021 bleiben, ist es wichtig, neuen Schwung in die Regierung zu bringen.“

Es sei wie im Fußball, so Söder weiter, „in der zweiten Halbzeit verstärkt man sich mit neuen und frischen Kräften. Wir sollten daher bis Mitte des Jahres das Regierungsteam verjüngern und erneuern. Denn es braucht Aufbruchstimmung.“

Neue CSU-Minister vor den Kommunalwahlen in Bayern: Belebung oder Behinderung für den Wahlkampf?

Aufbruchsstimmung für die Christsozialen wohl auch vor den bayerischen Kommunalwahlen am 15. März, zumal die CSU-Minister wenig Ansehen in der Bevölkerung des Freistaats genießen, wie eine Umfrage jüngst bescheinigte. Dagegen könnten neu entfachte Personaldebatten aber auch Unruhe in die Partei bringen und den Wahlkampf in den Städten und Gemeinden lähmen. Denkbar wäre eine Kabinettsumbildung nach den Wahlen - die Ergebnisse in den Kommunen könnten das Ausmaß der Personalrochade mitbestimmen.

Söder will neue Aufbruchsstimmung von Merkels Regierung - ohne Scheuer, Seehofer und Müller?

Auf die Personalentscheidung der anderen Koalitionspartner kann Söder keinen direkten Einfluss nehmen - wohl aber auf jene der CSU. Hier fällt besonders Söders Bemerkung zu einer jüngeren Regierungsmannschaft auf. Wagt er einen erneuten Machtkampf mit dem entthronten Ex-CSU-Chef Horst Seehofer? Der Bundesinnenminister ist mit 70 Jahren das älteste Mitglied der Bundesregierung. 

Auch der Entwicklungsminister Gerd Müller könnte mit 64 Jahren einem Generationsumbruch zum Opfer fallen. Andererseits kann von seinem Ministerium für die deutsche Politik sowieso kaum eine Aufbruchsstimmung ausgehen, dafür ist der Etat und das Prestige zu gering.

Bliebe noch Andreas Scheuer - der Verkehrsminister steht wegen des Pkw-Maut-Desasters sowieso schon stark in der Kritik, die Opposition fordert seinen Rücktritt, er muss sich in einem Untersuchungsausschuss zur Wehr setzen und auch der Bundesrechnungshof erkannte Verstöße gegen das Vergabe- und Haushaltsrecht. Einerseits gab es für Scheuer bislang Rückendeckung aus München, andererseits macht Söder im BamS-Interview auch deutlich, dass Scheuer die Maut-Belastung nun loswerden muss: „Andreas Scheuer leistet als Verkehrsminister gute Arbeit. Ich bin überzeugt, dass er die Vorwürfe im Untersuchungsausschuss mit großer Ernsthaftigkeit vollständig aufklären wird. Die Maut darf nicht zu einer dauerhaften Hypothek werden.“ Besonders diesen letzten Satz sollte der Passauer als Warnung verstehen.

Söder könnte bei großer Regierungsumbildung seinen Minister-Austausch besser verkaufen 

Für Markus Söder hätte eine große Regierungsumbildung, an der alle drei Koalitionsparteien sich beteiligen, den großen Vorteil, dass damit weniger Schlaglicht auf seine eigenen Personalentscheidungen fallen würden. Würde beispielsweise der neue SPD-Chef Norbert Walter-Borjans für Olaf Scholz neuer Finanzminister werden, würde die gleichzeitigen CSU-Personaldebatten weniger Aufmerksamkeit bekommen. Ebenso, wenn Friedrich Merz (CDU) als Wirtschaftsminister den glücklosen Peter Altmaier ablösen würde. 

Video: Scheuers Mautflop könnte teures Nachspiel haben 

Umfrage-Watschn für Scheuer, Seehofer und Müller - fallen sie einer Regierungsumbildung zum Opfer? 

Bei vielen Wählern ist Verkehrsminister Scheuer schon unten durch. In einer Umfrage des Insitituts GMS für Sat.1 gaben 83 Prozent der Befragten aus Bayern an, mit dem Verkehrsminister sehr oder eher unzufrieden zu sein (Merkur.de*). Verheerende Werte, zumal Zweidrittel den Rücktritt des Niederbayern fordern. Noch schlimmer für den CSU-Politiker: Sogar 60 Prozent der eigenen Wähler wollen ihn nicht mehr im Amt sehen. 

Auch Horst Seehofer hat kaum mehr Rückhalt in der Wählerschaft: 65 Prozent sind laut der GMS-Erhebung mit ihm unzufrieden, bei CSU-Wählern sind es 52 Prozent. Gerd Müller ist bei 61 Prozent der Wähler nicht mehr gern als Minister gesehen. 

Mögliche CSU-Gewinnerin einer Regierungsumbildung in Berlin: Dorothee Bär 

Möglich erscheint dadurch, dass die erst 41-jährige Dorothee Bär weiter aufsteigen wird im Regierungsviertel. Bär ist momentan Staatsministerin für Digitalisierung im Kanzleramt und gilt als einzige CSU-Frau und wegen ihres Alters auch bei einer Regierungsumbildung als gesetzt. Eine Berufung als Bundesministerin mit einem eigenen Ministerium wäre für sie der nächste Karriereschritt.

Allerdings braucht Söder so oder so die Unterstützung der CDU - und der Kanzlerin, wie Merkur.de* analysiert. 

mag

*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes

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