„Wurstelt die GroKo so weiter, ist 2021 der nächste Kanzler ein Grüner“, warnt unterdessen der Politik-Chef des Münchner Merkur*, Christian Deutschländer, in einem Kommentar.
Ursprungsmeldung vom 5. Januar 2020: Berlin/München - Markus Söder will nicht Kanzlerkandidat der Union werden (Interview mit Merkur.de*), aber die Bundespolitik als mächtiger CSU-Ministerpräsident dennoch mitgestalten. Nicht nur sein umjubelter Auftritt auf dem CDU-Bundesparteitag (Merkur.de*), auf dem er der Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer und ihrem Widersacher Friedrich Merz die Show stahl, unterstrich diesen Anspruch. Auch in einem Interview mit der Bild am Sonntag stellte Söder nun eine klare Forderung an das Kanzleramt: Die Bundesregierung müsse 2020 umgebildet werden.
Gleichzeitig erneuerte der bayerische Regierungschef seine Kritik an der Arbeit von Merkels Kabinett: „Angesichts der Probleme in der Welt braucht es eine Regierung, die durchstartet. Es reicht nicht, nur die Zeit bis 2021 abzusitzen. Ob die Große Koalition noch zu Großem fähig ist, bleibt abzuwarten. Sollte die Regierung jedoch bis 2021 bleiben, ist es wichtig, neuen Schwung in die Regierung zu bringen.“
Es sei wie im Fußball, so Söder weiter, „in der zweiten Halbzeit verstärkt man sich mit neuen und frischen Kräften. Wir sollten daher bis Mitte des Jahres das Regierungsteam verjüngern und erneuern. Denn es braucht Aufbruchstimmung.“
Aufbruchsstimmung für die Christsozialen wohl auch vor den bayerischen Kommunalwahlen am 15. März, zumal die CSU-Minister wenig Ansehen in der Bevölkerung des Freistaats genießen, wie eine Umfrage jüngst bescheinigte. Dagegen könnten neu entfachte Personaldebatten aber auch Unruhe in die Partei bringen und den Wahlkampf in den Städten und Gemeinden lähmen. Denkbar wäre eine Kabinettsumbildung nach den Wahlen - die Ergebnisse in den Kommunen könnten das Ausmaß der Personalrochade mitbestimmen.
Auf die Personalentscheidung der anderen Koalitionspartner kann Söder keinen direkten Einfluss nehmen - wohl aber auf jene der CSU. Hier fällt besonders Söders Bemerkung zu einer jüngeren Regierungsmannschaft auf. Wagt er einen erneuten Machtkampf mit dem entthronten Ex-CSU-Chef Horst Seehofer? Der Bundesinnenminister ist mit 70 Jahren das älteste Mitglied der Bundesregierung.
Auch der Entwicklungsminister Gerd Müller könnte mit 64 Jahren einem Generationsumbruch zum Opfer fallen. Andererseits kann von seinem Ministerium für die deutsche Politik sowieso kaum eine Aufbruchsstimmung ausgehen, dafür ist der Etat und das Prestige zu gering.
Bliebe noch Andreas Scheuer - der Verkehrsminister steht wegen des Pkw-Maut-Desasters sowieso schon stark in der Kritik, die Opposition fordert seinen Rücktritt, er muss sich in einem Untersuchungsausschuss zur Wehr setzen und auch der Bundesrechnungshof erkannte Verstöße gegen das Vergabe- und Haushaltsrecht. Einerseits gab es für Scheuer bislang Rückendeckung aus München, andererseits macht Söder im BamS-Interview auch deutlich, dass Scheuer die Maut-Belastung nun loswerden muss: „Andreas Scheuer leistet als Verkehrsminister gute Arbeit. Ich bin überzeugt, dass er die Vorwürfe im Untersuchungsausschuss mit großer Ernsthaftigkeit vollständig aufklären wird. Die Maut darf nicht zu einer dauerhaften Hypothek werden.“ Besonders diesen letzten Satz sollte der Passauer als Warnung verstehen.
Für Markus Söder hätte eine große Regierungsumbildung, an der alle drei Koalitionsparteien sich beteiligen, den großen Vorteil, dass damit weniger Schlaglicht auf seine eigenen Personalentscheidungen fallen würden. Würde beispielsweise der neue SPD-Chef Norbert Walter-Borjans für Olaf Scholz neuer Finanzminister werden, würde die gleichzeitigen CSU-Personaldebatten weniger Aufmerksamkeit bekommen. Ebenso, wenn Friedrich Merz (CDU) als Wirtschaftsminister den glücklosen Peter Altmaier ablösen würde.
Bei vielen Wählern ist Verkehrsminister Scheuer schon unten durch. In einer Umfrage des Insitituts GMS für Sat.1 gaben 83 Prozent der Befragten aus Bayern an, mit dem Verkehrsminister sehr oder eher unzufrieden zu sein (Merkur.de*). Verheerende Werte, zumal Zweidrittel den Rücktritt des Niederbayern fordern. Noch schlimmer für den CSU-Politiker: Sogar 60 Prozent der eigenen Wähler wollen ihn nicht mehr im Amt sehen.
Auch Horst Seehofer hat kaum mehr Rückhalt in der Wählerschaft: 65 Prozent sind laut der GMS-Erhebung mit ihm unzufrieden, bei CSU-Wählern sind es 52 Prozent. Gerd Müller ist bei 61 Prozent der Wähler nicht mehr gern als Minister gesehen.
Möglich erscheint dadurch, dass die erst 41-jährige Dorothee Bär weiter aufsteigen wird im Regierungsviertel. Bär ist momentan Staatsministerin für Digitalisierung im Kanzleramt und gilt als einzige CSU-Frau und wegen ihres Alters auch bei einer Regierungsumbildung als gesetzt. Eine Berufung als Bundesministerin mit einem eigenen Ministerium wäre für sie der nächste Karriereschritt.
Allerdings braucht Söder so oder so die Unterstützung der CDU - und der Kanzlerin, wie Merkur.de* analysiert.
mag
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