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30-jähriger SPD-Politiker könnte Stuttgarts neuer OB werden - obwohl eigene Partei ihn stoppen wollte

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Marian Schreier will Oberbürgermeister von Stuttgart werden. Er ist mit 30 Jahren der jüngste Bewerber und sorgte mit seiner Kandidatur für einen Eklat in der SPD.

Stuttgart - Die Politik in Stuttgart (BW24* berichtete) wurde in den vergangenen Jahren von den Grünen geprägt. Während im Rathaus von Stuttgart seit sieben Jahren Fritz Kuhn das Sagen hat, sitzt mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann* ebenfalls ein Mitglied der Grünen an der Spitze der Landesregierung von Baden-Württemberg.

Am 8. November könnten sich die politischen Verhältnisse in der Landeshauptstadt Stuttgart* allerdings ändern. Dann findet die Wahl zum Oberbürgermeister statt, Amtsinhaber Fritz Kuhn wird nicht erneut antreten. Inzwischen hat der Gemeindewahlausschuss 14 von insgesamt 17 Bewerbungen zur Wahl zugelassen.

Weil der Oberbürgermeister in Stuttgart durch eine Persönlichkeitswahl bestimmt wird, treten viele Kandidaten ohne Unterstützung einer Partei an. Auch Corona-Kritiker Michael Ballweg kandidiert bei der OB-Wahl in Stuttgart.* Mit gerade einmal 30 Jahren ist Marian Schreier der Jüngste unter den Bewerbern. Er wirbt mit dem Slogan „Der Junge kann das“ - und betont trotzdem, dass das Alter bei der Wahl keine Rolle spielt.

OB-Kandidat Marian Schreier: Alter spielt bei der Wahl in Stuttgart keine Rolle - und könnte doch wichtig werden

Angesichts seines jungen Alters sieht sich Marian Schreier auf keinen Fall verunsichert oder im Nachteil. „Kompetenz ist keine Frage des Alters“, erklärt Marian Schreier im Gespräch mit BW24. Viel wichtiger sei, wofür ein Bewerber steht. Den Wählern in Stuttgart, die ihm wegen seines Alters kritisch gegenüber stehen, will er deshalb mit Argumenten begegnen.

Marian Schreier ist jüngster Kandidat für die Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart.
OB-Wahl in Stuttgart: Marian Schreier ist erst 30, traut sich das Amt des Oberbürgermeisters aber zu. © Gerber & Loesch / Marian Schreier

Denn 2015 wurde Marian Schreier zum damals jüngsten Bürgermeister Deutschlands gewählt - in Tengen im Kreis Konstanz. In Tengen konnte der gebürtige Stuttgarter mit seinem ungewöhnlichen Stil bereits bemerkenswerte Erfolge feiern. Ein Beispiel ist das Ärztehaus der Stadt, das von einer Genossenschaft gebaut wird, an der auch die Bürger beteiligt sind.

Einen Seitenhieb in Richtung Fritz Kuhn und sein Alter kann sich Marian Schreier dann doch nicht verkneifen. „Wenn Erfahrung der Schlüssel wäre, hätte sich in Stuttgart die letzten Jahre mehr bewegt“, erklärt er gegenüber BW24.

Und doch verschließt auch er nicht die Augen davor, dass er mit 30 Jahren möglicherweise gerade bei den jungen Wählern gut ankommen könnte. „Viele Fragen in Stuttgart haben einen langen Zeithorizont“, so Marian Schreier zu BW24. Entsprechend sei gerade seine Generation in der Verantwortung, Antworten darauf zu finden.

Kandidatur für OB-Wahl in Stuttgart beschert Marian Schreier Probleme mit der SPD

Die Tatsache, dass Marian Schreier überhaupt als Kandidat für die OB-Wahl antreten darf, verdankt der gebürtige Stuttgarter dem System der Persönlichkeitswahl. Wie der Name schon sagt, wählen die Stadtbürger eine Persönlichkeit, die Partei taucht weder auf den Wahlplakaten, noch auf dem Stimmzettel auf.

Natürlich haben trotzdem viele Kandidaten die Unterstützung einer Partei. Beispielsweise will OB-Kandidat Frank Nopper mithilfe der CDU Stuttgart ein neues Image verpassen.* Theoretisch hätte Marian Schreier als Parteimitglied die SPD hinter sich. Doch die unterstützt bereits den Kandidaten Martin Körner. Weil Marian Schreier sich aber trotzdem für das Amt des Oberbürgermeisters von Stuttgart bewarb, drohte die SPD wegen dieser „unsolidarischen Kandidatur“ sogar mit Parteiausschluss.

Eine Landesschiedskommission entschied aber zugunsten von Marian Schreier, sodass er neben Martin Körner antreten kann und lediglich seine Rechte als Parteimitglied bis zur Neuwahl des Stadtoberhauptes ruhen lassen muss. „Für mich ist der Streit damit erledigt“, erklärt Marian Schreier BW24. Trotz derselben Parteizugehörigkeit sieht er im übrigen deutliche Unterschiede in den Parteiprogrammen von sich und Martin Körner.

OB-Wahl in Stuttgart: Die Wahlprogramme ähneln sich - doch für Marian Schreier steckt der Teufel im Detail

Beim Blick auf die wesentlichen Themen, die sich die Kandidaten auf die Agenda geschrieben haben, fällt auf: Bei der Identifikation grundlegender Problemzonen in Stuttgart sind sich die Bewerber bemerkenswert einig. Viele sehen Handlungsbedarf in den Bereichen Wirtschaft, Mobilität, Wohnungsbau oder auch Digitalisierung und Klimawandel. Marian Schreier ist da keine Ausnahme.

Ein Problem sieht er darin allerdings nicht. Er wolle keinen „Wahlkampf in Abgrenzung zu anderen“ machen, sondern mit einem neuen Stil überzeugen, erklärt Marian Schreier BW24. Darüber hinaus gäbe es im Detail bei den Programmen durchaus Differenzen. Besonders bei Fragen der Mobilität und des Wohnungsbaus sieht Marian Schreier deutliche Unterschiede.

Unabhängig von den Wahlprogrammen sieht Marian Schreier ohnehin ideologische Grabenkämpfe und parteipolitische Schablonen als Problem für die Stadtpolitik. „Viele Ideen scheitern bereits an der Umsetzung - oder zögerten sich endlos hinaus“, so Marian Schreier zu BW24. Die politischen Nebenkriegsschauplätze will er deshalb mit seinem neuen Stil beseitigen.

Wahl zum Oberbürgermeister in Stuttgart: Der Eckensee ist für Marian Schreier Beispiel, wie es nicht laufen sollte

Ein anderes Anliegen von Marian Schreier ist die Lage der Jugend und besonders, dass sich Szenen wie bei den Ausschreitungen in Stuttgart* nicht wiederholen. Am Eckensee will er deshalb einen Sicherheitscontainer einrichten - eine Art mobile Polizeistation und ansonsten wieder verstärkt auf Prävention auch durch Streetworker setzen.

Die Situation am Eckensee sieht Marian Schreier auch als Beispiel gescheiterter Kooperation zwischen Landesregierung und der Stadt Stuttgart. Denn das Areal gehört eigentlich dem Land. Der Plan, dort die Beleuchtung aus Sicherheitsgründen zu verbessern, scheiterte bislang an der Uneinigkeit zwischen Stadt und Land. Sollte Marian Schreier bei der OB-Wahl am 8. November tatsächlich für eine weitere Überraschung sorgen, hätte er jedenfalls ausreichend Möglichkeiten zu zeigen, ob „der Junge“ das kann. (*BW24 ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks)

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