Doch da gibt es ja auch noch den Spitzenkandidaten der AfD, Björn Höcke. Seine Partei war bei der Landtagswahl zweitstärkste Kraft geworden. Doch der Rechtsaußen - vom damaligen AfD-Chef Alexander Gauland im Herbst „in der Mitte“ der AfD verortet - hat einerseits keine Koalitionspartner in Aussicht. Und er will sich auch gar nicht zur Wahl stehen.
Stattdessen nominierte die AfD mit dem parteilosen Kommunalpolitiker Christoph Kindervater einen anderen Bewerber. „Ich möchte Rot-Rot-Grün verhindern“, sagte der 42-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Kindervater ist ehrenamtlicher Bürgermeister der 350-Einwohner-Gemeinde Sundhausen im Nordwesten Thüringens und gehört nach eigenen Angaben keiner Partei an.
Er bezeichnete sich aber als Unterstützer der Werteunion, einer Gruppe sehr konservativer CDU-Mitglieder. Es dürfte sich um einen Versuch handeln, doch eine rechnerisch mögliche Mehrheit aus CDU und AfD zu aktivieren - auch wenn Mitglieder der Werteunion zwischenzeitlich einen anderen prominenten Kandidaten ins Spiel gebracht hatten. Kindervater ist der bundesweit erste Ministerpräsidentenkandidat, der auf einem AfD-Ticket antritt.
Mit ihrem Wahlvorschlag wolle die AfD zeigen, wie man eine Neuauflage eines rot-rot-grünen Regierungsbündnisses in dem Bundesland verhindere, sagte AfD-Landessprecher Stefan Möller der dpa. Kindervater solle bereits ab dem ersten Wahlgang antreten. Allerdings wird der 42-Jährige nach eigenen Angaben am Mittwoch nicht selbst im Landtag erscheinen. Er habe eine Dienstreise in Hessen, die er nicht verschieben könne, sagte er.
Die FDP will es zumindest versuchen: Die Liberalen möchte bei der Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten womöglich ihren Landes- und Fraktionschef Thomas Kemmerich ins Rennen schicken. Unter der Voraussetzung, dass neben dem linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow auch ein AfD-Bewerber antrete, würde Kemmerich dann im dritten Wahlgang kandidieren, hieß es. SPD und Grüne werden naturgemäß auf eigene Kandidaten verzichten - sie wollen schließlich eine Regierung unter Ramelow bilden.
In den ersten beiden Wahlgängen bei der Ministerpräsidentenwahl ist die absolute Mehrheit aller Landtagsmitglieder nötig. Es wird daher erwartet, das Ramelow erst im dritten Wahlgang erfolgreich ist. Dann reicht die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Gewählt ist laut Landesverfassung, "wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält".
Über die Auslegung gibt es allerdings unterschiedliche Rechtsauffassungen. Eine Deutung sagt, dass im dritten Wahlgang nur die Ja-Stimmen zählen - demnach wäre Ramelow selbst dann gewählt, wenn mehr Nein- als Ja-Stimmen abgegeben werden. Zwischen den Fraktionen konnte dazu im Vorfeld der Wahl keine Einigung erzielt werden.
Klarheit könnte am Ende nach Ansicht des Jenaer Verfassungsrechtlers Michael Brenner nur ein Gang zum Verfassungsgericht bringen. Brodocz spricht von einer drohenden Verfassungskrise in Thüringen.
dpa/AFP/fn
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