Ramelows Wahl mit Stimmen der CDU ist offiziell nicht Teil des „Stabilitätsmechanismus“. Bei der Wahl zum Regierungschef sind im Thüringer Landtag in den ersten beiden Wahlgängen die absolute Mehrheit, also 46 Stimmen nötig. Linke, SPD und Grüne kommen zusammen aber nur auf 42. Im dritten Wahlgang reicht die relative Mehrheit. Ramelow will bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit bekommen, ist also auf vier Stimmen von CDU oder FDP angewiesen. Der CDU verbietet ein Parteitagsbeschluss jede Zusammenarbeit mit AfD und Linkspartei.
Auch beim ersten Anlauf für die Wahl des Ministerpräsidenten am 5. Februar stellte die AfD einen Kandidaten auf, den parteilosen Kommunalpolitiker Christoph Kindervater. Im dritten Wahlgang ließ sie ihn aber fallen und wählte stattdessen den FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum neuen Regierungschef. Erstmals waren damit AfD-Stimmen ausschlaggebend für die Wahl eines Ministerpräsidenten in Deutschland, was bundesweit zu Protesten führte. Die AfD wirft Abgeordneten von CDU und FDP vor, sich einschüchtern zu lassen, sodass sie Ramelow beim zweiten Versuch doch mitwählen.
Ramelow legt Wert darauf, dass er die absolute Mehrheit auch ohne die Stimmen der AfD erhält. Gelingt dies nicht im ersten Wahlgang, dann will die Linke-Fraktion eine Neuwahl des Parlaments beantragen. Dass die AfD nun mit einem eigenen Kandidaten ins Rennen geht, sollte trotz der geheimen Abstimmung für eine gewisse Sichtbarkeit des AfD-Abstimmverhaltens sorgen. Insofern könnte das Ramelow also helfen – wenn er denn die absolute Mehrheit erhält. Am Tag darauf stand fest, wer das Rennen gemacht hat - inklusive verweigertem Handschlag.
Übrigens muss nicht nur ein neuer Ministerpräsident in Thüringen gewählt werden, sondern auch ein neuer Vorsitzender für die Bundes-CDU. Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen liefern sich derzeit ein spannendes Duell.
von Stefan Hantschmann und Simone Rothe
*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.