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Thüringen-Wahl: Höcke fordert Ramelow heraus

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Erst wählte die AfD um Björn Höcke (r.) den FDP-Mann Thomas Kemmerich (l.) zum Regierungschef, nun will sie CDU und FDP erneut vorführen.
Erst wählte die AfD um Björn Höcke (r.) den FDP-Mann Thomas Kemmerich (l.) zum Regierungschef, nun will sie CDU und FDP erneut vorführen. © AFP

Links gegen rechts: Die Kandidaten für den zweiten Versuch, einen Ministerpräsidenten in Thüringen zu wählen, sind aufgestellt: Björn Höcke fordert Bodo Ramelow heraus.

Erfurt – Bei der morgigen Ministerpräsidentenwahl in Thüringen prallen zwei Polit-Welten aufeinander: Linken-Frontmann Bodo Ramelow muss sich bei der geheimen Abstimmung im Landtag AfD-Rechtsaußen Björn Höcke stellen. Kurz vor Fristende am Montag kündigte die AfD-Fraktion an, dass der Wortführer des rechtsnationalen Flügels antritt. Höckes Kandidatur könnte die Fronten im Landtag zugunsten Ramelows klären. Die AfD hat dabei CDU und FDP im Visier.

Thüringen-Wahl: Hinter der Höcke-Kandidatur steckt ein Kalkül der AfD

Quasi mit Bekanntgabe der Höcke-Kandidatur legte die AfD-Fraktion auch ihr Kalkül offen. Sollte Ramelow* mit mehr als den 42 Stimmen des rot-rot-grünen Lagers gewählt werden, solle „für jeden Betrachter klar sein, dass diese Stimmen nicht von der AfD kamen“, erklärte der parlamentarische Geschäftsführer Torben Braga. Dann hätten CDU und FDP „ihr Versprechen gebrochen, Ramelow nicht zu wählen und ein Fortbestehen von Rot-Rot-Grün nicht zu ermöglichen“.

Dass die AfD-Fraktion jetzt Höcke antreten lasse, sei „folgerichtig und logisch“, sagte Bundesparteichef Jörg Meuthen. Der Bundesvorstand sei in diese Entscheidung nicht eingebunden gewesen. FDP-Chef Christian Lindner bezeichnete die Kandidatur in der „Rheinischen Post“ als „taktisches Spielchen“ und signalisierte, dass die Freien Demokraten weder Ramelow noch Höcke wählen können.

Übrigens: Alle aktuellen Vorgänge zur Thüringer Ministerpräsidentenwahl lesen Sie auch in unserem News-Ticker. 

Thüringen-Wahl: Überraschender AfD-Schachzug setzt Liberale unter Druck

Mit ihrem überraschenden Schachzug setzt die AfD sowohl Christdemokraten als auch Liberale unter Druck. Deren Fraktionen hatten auch nach dem Debakel um die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich* betont, dass sie Ramelow nicht aktiv ins Amt wählen wollen. Der neue CDU-Fraktionschef Mario Voigt bekräftigte den Entschluss gestern. Man könne Ramelow nicht wählen, stellte der 43-Jährige klar. „Dabei bleibt es.“ Auch Höcke sei „für einen aufrechten Christdemokraten nicht wählbar“.

Voigt wurde gestern zum neuen CDU-Fraktionschef gewählt und folgt damit auf Mike Mohring. Voigts Wahl kann als Signal gewertet werden, dass der „Stabilitätsmechanismus“, den Linke, SPD und Grünen mit der CDU ausverhandelt hatten, hält. Er gehörte auf CDU-Seite zu den Verhandlungsführern.

Thüringen-Wahl: Ramelow will schon im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit 

Ramelows Wahl mit Stimmen der CDU ist offiziell nicht Teil des „Stabilitätsmechanismus“. Bei der Wahl zum Regierungschef sind im Thüringer Landtag in den ersten beiden Wahlgängen die absolute Mehrheit, also 46 Stimmen nötig. Linke, SPD und Grüne kommen zusammen aber nur auf 42. Im dritten Wahlgang reicht die relative Mehrheit. Ramelow will bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit bekommen, ist also auf vier Stimmen von CDU oder FDP angewiesen. Der CDU verbietet ein Parteitagsbeschluss jede Zusammenarbeit mit AfD und Linkspartei.

Auch beim ersten Anlauf für die Wahl des Ministerpräsidenten am 5. Februar stellte die AfD einen Kandidaten auf, den parteilosen Kommunalpolitiker Christoph Kindervater. Im dritten Wahlgang ließ sie ihn aber fallen und wählte stattdessen den FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum neuen Regierungschef. Erstmals waren damit AfD-Stimmen ausschlaggebend für die Wahl eines Ministerpräsidenten in Deutschland, was bundesweit zu Protesten führte. Die AfD wirft Abgeordneten von CDU und FDP vor, sich einschüchtern zu lassen, sodass sie Ramelow beim zweiten Versuch doch mitwählen.

Thüringen-Wahl: Ramelow will nicht mit AfD-Stimmen gewinnen

Ramelow legt Wert darauf, dass er die absolute Mehrheit auch ohne die Stimmen der AfD erhält. Gelingt dies nicht im ersten Wahlgang, dann will die Linke-Fraktion eine Neuwahl des Parlaments beantragen. Dass die AfD nun mit einem eigenen Kandidaten ins Rennen geht, sollte trotz der geheimen Abstimmung für eine gewisse Sichtbarkeit des AfD-Abstimmverhaltens sorgen. Insofern könnte das Ramelow also helfen – wenn er denn die absolute Mehrheit erhält. Am Tag darauf stand fest, wer das Rennen gemacht hat - inklusive verweigertem Handschlag.

Übrigens muss nicht nur ein neuer Ministerpräsident in Thüringen gewählt werden, sondern auch ein neuer Vorsitzender für die Bundes-CDU. Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen liefern sich derzeit ein spannendes Duell

von Stefan Hantschmann und Simone Rothe

*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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