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Neuer Konfrontationskurs wegen Russland: USA setzen Türkei eine Frist

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Kriegerisches Objekt der Begierde: das russische Flugabwehrsystem S-400
Kriegerisches Objekt der Begierde: das russische Flugabwehrsystem S-400. © dpa / Yuri Kochetkov

Hält die Türkei am umstrittenen Kauf von russischen S-400-Flugabwehrraketen fest? Die USA machen ernst und setzen ein Ultimatum. Es geht um Spionage und Profite der Rüstungsindustrie.

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Update vom 29. Juli: Wegen den umstrittenen Waffenlieferungen aus Russland hat die USA angekündigt keine F-35-Kampfjets nach Ankara zu liefern. Präsident Erdogan reagierte auf diese Bekanntmachung mit einer Drohung in Richtung Washington. 

Update vom 25. Juli: Recep Tayyip Erdogan hat innenpolitisch weiter Probleme: Auch eine Entscheidung der türkischen Zentralbank sorgt für Stirnrunzeln. Schützenhilfe könnte der Präsident der Türkei unterdessen ausgerechnet von VW bekommen.

Update vom 23. Juni: Jetzt gilt es. Die Wahllokale in Istanbul haben geöffnet. Die Istanbuler brechen im ganzen Land ihren Urlaub ab und reisen zum Wählen in die Metropole. Wir begleiten den Wahllabend in einem Live-Ticker mit allen News, Ergebnissen und Stimmen zur Schicksalsabstimmung für Erdogan, die Istanbul-Wahl in der Türkei. +++

Update vom 7. Juni 2019: Die USA haben dem Nato-Partner Türkei eine Frist bis Ende Juli gesetzt, um auf den Kauf russischer S-400-Flugabwehrraketen zu verzichten. Das US-Verteidigungsministerium kündigte am Freitag Sanktionen für den Fall an, dass Ankara dieser Forderung nicht nachkommen sollte. Bleibe die Türkei bei dem Rüstungsdeal mit Russland, würden derzeit in den USA an den F-35-Kampfflugzeugen der Nato trainierende Piloten der türkischen Luftwaffe ausgewiesen, warnte die für Rüstungsaufträge zuständige Staatssekretärin des Pentagon, Ellen Lord. Außerdem soll dann nach ihren Angaben die Beteiligung türkischer Unternehmen am Bau der F-35-Maschinen dauerhaft gekappt werden.

Die USA und andere Nato-Mitgliedstaaten befürchten, Russland könnte über das S-400-System Informationen zu Nato-Flugzeugen erlangen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte aber in dieser Woche auf dem Rüstungsgeschäft mit Russland beharrt. Seine Regierung habe nicht vor, davon "einen Rückzieher zu machen", erklärte er.

Während der Erdgas-Konflikt vor der Küste Zyperns noch schwelt, hat sich der türkische Präsident Erdogan mit bedrohlichen Worten mit Blick auf Zypern gemeldet. 

Türkei plant Kauf von Raketenabwehrsystemen im Wert von 2,2 Mrd. Euro

Die ersten russischen Luftabwehrraketen sollen bereits im Juni oder Juli geliefert werden. Der Deal führt bereits seit langem zu Spannungen zwischen der Türkei und der Nato. Wegen der Bedenken, Russland könne Zugriff auf Flugzeugdaten der Allianz erlangen, haben die USA die türkische Teilnahme an der Produktion der F-35 bereits ausgesetzt. Türkische Firmen steuern zu der Maschine mehrere Bauteile bei.

Washington will, dass Ankara statt der S-400-Raketen das US-Patriot-System erwirbt und die heimische Rüstungsindustrie fördern. Dann könnte das gemeinsame F-35-Programm fortgesetzt werden, argumentieren Vertreter der US-Regierung. Die türkische Regierung hat auch hundert F-35-Maschinen bestellt.

Erdogan wies die Forderung nach dem Kauf des Patriot-Systems unter anderem mit dem Argument zurück, Moskau habe ein besseres Angebot unterbreitet. Die USA seien aber nicht auf die Forderungen Ankaras eingegangen, mit Russland gleichzuziehen. Pentagon-Chef Patrick Shanahan sagte dazu am Freitag, das US-Angebot sei durchaus "wettbewerbsfähig". Russischen Nachrichtenagenturen zufolge geht es um den Kauf von vier Systemen im Wert von umgerechnet 2,2 Milliarden Euro.

Erdogan hält trotz US-Kritik an Kauf russischer Raketen fest

Update vom 4. Juni 2019: Die türkische Regierung habe mit Russland eine Vereinbarung getroffen, sagte Präsident Recep Tayyip Erdogan laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Dienstag. Ankara sei fest zu dem Kauf entschlossen und habe nicht vor, bei dem umstrittenen Rüstungsgeschäft "einen Rückzieher zu machen".

Erdogan hält am Kauf Russischer Raketen fest.
Erdogan hält am Kauf Russischer Raketen fest. © dpa / Uncredited

Die ersten russischen Luftabwehrraketen sollen bereits im Juni oder Juli geliefert werden. Die Pläne zum Kauf führen seit langem zu Spannungen zwischen der Türkei und der Nato. Die USA und andere Mitgliedstaaten fürchten, Russland könnte über das S-400-System Informationen zu Nato-Flugzeugen erlangen. Wegen dieser Bedenken haben die USA bereits Ankaras Teilnahme an der Produktion von F-35-Kampfflugzeugen ausgesetzt, zu denen türkische Firmen mehrere Bauteile beisteuern.

Vergangene Woche warnte eine Vertreterin des Pentagon die Türkei vor "verheerenden" Folgen für das gemeinsame F-35-Programm und die Zusammenarbeit mit der Nato, sollte Ankara an seinen Plänen festhalten. Selbst wenn die US-Regierung dies selbst nicht wolle, könne der Kongress sie zwingen, Sanktionen zu verhängen, sagte Kathryn Wheelbarger, im US-Verteidigungsministerium zuständig für Fragen der internationalen Sicherheit. Die Abgeordneten könnten sich dabei auf ein US-Gesetz stützen, das Geschäfte mit russischen Rüstungsfirmen unter Strafe stellt.

Menschenrechtsgericht fordert von Türkei Stellungnahme zu Festnahmen

Update vom 3. Juni 2019: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EMGR) fordert von der Türkei Auskunft über die Inhaftierung von mehr als 540 Richtern und Staatsanwälten. Aus am Montag vom EGMR verschickten Dokumenten geht hervor, dass es um Festnahmen nach dem Putschversuch von 2016 geht.

Der Gerichtshof mit Sitz in Straßburg möchte von der Türkei unter anderem wissen, ob es ausreichend plausible Verdachtsgründe gab, um die Juristen in Untersuchungshaft zu nehmen. Sie soll außerdem beantworten, ob es nach der Haftzeit Entschädigungen gab. Einem EGMR-Sprecher zufolge hat die Türkei bis zu sechs Monate Zeit, um Stellung zu nehmen.

Staatsanwälte warfen den Justizmitarbeitern den Dokumenten zufolge Verbindungen zur Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen und damit Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vor. Die Regierung macht Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Die Prozesse gegen die Betroffenen dauern demnach an.

Seit dem Putschversuch geht die türkische Regierung intensiv gegen angebliche Terrorverdächtige, aber auch Oppositionelle vor. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Mitte April in Ankara gesagt, dass insgesamt mehr als 4000 Angestellte des Justizsystems des Amtes enthoben worden seien. Nach Angaben aus dem März sind seit 2016 insgesamt 500 000 Menschen wegen angeblicher Gülen-Verbindungen festgenommen worden - rund 30 000 sollen weiter in Haft sein.

Journalist Gürsel und Wissenschaftler Gölge aus türkischer Haft entlassen - Ermittlungen gegen deutsche Journalistin

Update vom 31. Mai 2019, 13.35 Uhr: Die Staatsanwaltschaft in Ankara hat Ermittlungen gegen eine deutsche Journalistin mit türkischen Wurzeln aufgenommen. Es gehe um Terrorvorwürfe, sagte der Anwalt der Frau, Arkin Hürtas, der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Möglicherweise würden die Vorwürfe noch um Präsidentenbeleidigung erweitert. Zuerst hatte der NDR über den Fall berichtet. Eine offizielle Anklage gibt es laut Anwalt bisher nicht.

Die Ermittlungen stützten sich auf Beiträge, die die in Hamburg lebende Reporterin in sozialen Medien geteilt haben soll, sagte Hürtas. Darunter sei eine Karikatur des mittlerweile inhaftierten ehemaligen Karikaturisten der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“, Musa Kart. Außerdem gebe es ein Foto, auf dem sie bei einer Demonstration in Deutschland zu sehen sein soll. Sie soll zudem zwei kritische Sätze in sozialen Medien geteilt haben. „Es gibt keinen klaren Straftatbestand“, sagte Hürtas.

Die Reporterin arbeitet dem NDR zufolge für den Kölner Sender Arti TV. Der ist auch in der Türkei zu sehen und war 2017 von regierungskritischen türkischen Exil-Journalisten gegründet worden. Seit dem Putschversuch von 2016 geht die türkische Regierung scharf gegen Terrorverdächtige, aber auch Oppositionelle und Medien vor und schaut dafür auch ins Ausland.

Seine Mandantin würde im Fall einer Verurteilung wegen Terrorpropaganda vermutlich eine Strafe von weniger als zwei Jahren erhalten, da sie bisher straffrei sei, sagte der Anwalt. Im Gespräch mit dem NDR hatte die Frau allerdings gesagt, sie werde nicht in die Türkei reisen, um dort auszusagen. „Erstens bin ich Deutsche und zweitens: Ich möchte nicht in der Türkei vor Gericht aussagen. Denn wenn ich dorthin fliege, werde ich sofort am Flughafen festgenommen.“

11.43 Uhr: Die Türkei ist nach einer Rezession im vergangenen Jahr wieder mit einer wachsenden Wirtschaftsleistung in das laufende Jahr gestartet. Im ersten Quartal sei das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Quartalsvergleich um 1,3 Prozent gestiegen, teilte das Statistikamt am Freitag mit. Als ein Grund für den Anstieg gilt die erhöhte Kreditvergabe durch staatliche Banken. Im Vergleich zum Vorjahresquartal ging das türkische BIP jedoch um 2,6 Prozent zurück.

Journalist Gürsel und Wissenschaftler Gölge aus türkischer Haft entlassen

Update vom 29. Mai, 21.34 Uhr: Der bekannte türkische Journalist Kadri Gürsel ist nur wenige Stunden nach seiner Inhaftierung wieder freigekommen. Er sei auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen worden, berichtete die regierungskritische Zeitung „Cumhuriyet“, für die Gürsel lange gearbeitet hat. Er selbst bestätigte die Nachricht in einem Tweet. 

Gürsel schrieb, dass er gegen 15.30 Uhr Ortszeit aus dem Gefängnis entlassen wurde. Er dankt seinen Anwälten und den Mitarbeitern der Haftanstalt, die seine Freilassung möglich gemacht hatten. Gürsel hatte am Mittwochnachmittag seine Haftzeit angetreten, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtet hatte. Allerdings wurde schon da erwartet, dass er bald auf Bewährung wieder freikommt. Die Papiere zu erstellen sollte „ein oder zwei Tage“ dauern.

Gürsel war im April 2018 gemeinsam mit 13 ehemaligen Mitarbeitern der „Cumhuriyet“ wegen des Vorwurfs der Unterstützung von Terrororganisationen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Der Fall hatte international für Empörung gesorgt.

Gürsel hat bereits elf Monate in Untersuchungshaft gesessen. Ein Berufungsverfahren war jüngst gescheitert. Kurz darauf gab allerdings das Verfassungsgericht Anfang Mai Gürsels Beschwerde gegen das Verfahren statt. Es urteilte unter anderem, sein Recht auf freie Meinungsäußerung sei verletzt worden.

Auf der neuen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (ROG) liegt die Türkei auf Platz 157 von 180. Das Komitee zum Schutz von Journalisten beziffert die Zahl der inhaftierten Medienmitarbeiter auf 68, die Organisation P24 auf mehr als 100.

Nasa-Wissenschaftler Serkan Gölge: Auch er ist frei

Die türkischen Behörden haben außerdem einen seit drei Jahren inhaftierten Wissenschaftler der US-Raumfahrtbehörde Nasa auf freien Fuß gesetzt. Serkan Gölge wurde vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen, wie die Sprecherin des Außenministeriums in Washington, Morgan Ortagus, mitteilte. Gölge hat sowohl die türkische als auch die US-Staatsbürgerschaft.

Die US-Ministeriumssprecherin begrüßte die Freilassung Gölges und forderte die türkische Regierung auf, "so rasch wie möglich" dessen Heimreise in die USA zu ermöglichen. Gölge war nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei vom Juli 2016 während einer Reise in sein Herkunftsland festgenommen worden.

Der Nasa-Wissenschaftler wurde dann 2018 wegen Mitgliedschaft in der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. Der türkische Staatschef Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft dem in den USA lebenden Gülen vor, hinter dem Putschversuch zu stecken.

Gölge ist einer von mehreren Justizfällen, die das Verhältnis zwischen Washington und Ankara belasten. Dazu gehört auch die Inhaftierung und der Prozess gegen einen türkischen Mitarbeiter des US-Konsulats in Istanbul. Metin Topuz wird ebenfalls vorgeworfen, in Verbindung zur Gülen-Bewegung gestanden zu haben. Wegen ähnlicher Vorwürfe befindet sich zudem der US-Konsulatsmitarbeiter Mete Cantürk unter Hausarrest.

Der folgenreichste Fall für die Beziehungen mit Washington war aber bisher die Inhaftierung des US-Pastors Andrew Brunson. Nach massivem Druck der US-Regierung wurde er im Oktober nach zweijähriger Untersuchungshaft freigelassen.

Treffen von Erdogan und Trump beim G-20-Gipfel in Japan

Update vom 29. Mai 2019, 18.20 Uhr: Die Präsidenten der Türkei und der USA, Recep Tayyip Erdogan und Donald Trump, wollen sich am Rande des G-20-Gipfels in Japan Ende Juni treffen. Das hätten die beiden bei einem Telefongespräch am Mittwoch entschieden, twitterte der Kommunikationsdirektor von Erdogan, Fahrettin Altun. Aus dem Weißen Haus hieß es, Trump und Erdogan hätten bei dem Telefonat eine Reihe bilateraler Themen diskutiert und über die Möglichkeit gesprochen, diese Diskussion bei dem G-20-Gipfel in Osaka fortzusetzen.

Das Verhältnis zwischen Ankara und Washington ist angespannt. Krach gibt es zum Beispiel, weil die Türkei von Russland das Raketenabwehrsystem S-400 kaufen will. Die USA sind strikt dagegen, weil es ihrer Ansicht nach Verteidigungssysteme der USA gefährdet - vor allem den teuren Kampfjet F-35, an dessen Produktion auch die Türkei beteiligt ist. Die USA drohen der Türkei Sanktionen an, sollte das Geschäft zustande kommen. Erdogan habe Trump erneut eine gemeinsame Arbeitsgruppe vorgeschlagen, twitterte Altun.

Zu Konflikten führen aber auch gegensätzliche Positionen im Syrienkonflikt und die Inhaftierung von US-Bürgern wegen Terrorvorwürfen in der Türkei. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner warb dagegen im Nahen Osten für Frieden.

Türkei weist EU-Bericht über Beitrittschancen als unfair zurück

Update vom 29. Mai 2019, 17.23 Uhr: Die türkische Regierung hat einen Bericht der EU über die schlechten Beitrittschancen des Landes zurückgewiesen. Die Türkei könne solch „unfaire und unausgewogene Kritik“ nicht akzeptieren, sagte der stellvertretende Außenminister Faruk Kaymakci am Mittwoch in Ankara. Andere Teile des Berichts seien konstruktiv, man nehme diese zur Kentnnis.

Die EU hatte am Mittwoch in einem jährlichen Bericht Einschätzungen über die Chancen von sechs Beitrittskandidaten und den Stand der Reformen in den jeweiligen Ländern veröffentlicht. Im Türkei-Kapitel des Dokuments war die Rede von „ernsten Rückschritten bei Rechtstaatlichkeit und Grundrechten“.

Die Autoren wiesen unter anderem darauf hin, dass die Entscheidung der türkischen Wahlbehörde, die Bürgermeisterwahl in Istanbul zu wiederholen, den „Kernzielen eines demokratischen Prozesses“ zuwiderlaufe. In der größten Stadt des Landes hatte bei der Kommunalwahl Ende März ein Oppositionskandidat gewonnen. Die Wahlbehörde annullierte die Wahl daraufhin im Mai wegen angeblicher Regelwidrigkeiten und setzte einen neuen Termin für den 23. Juni an.

Federica Mogherini sagte in einer Pressekonferenz, die Türkei bewege sich weiter von der EU fort. Sie riet dazu, diesen Trend dringend umzukehren. Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei liegen schon länger auf Eis. In dem Bericht heißt es, die Einschätzungen, die dieser Entscheidung zugrunde lagen, gälten weiterhin.

Die türkische Regierung hat einen Bericht der EU über die schlechten Beitrittschancen des Landes zurückgewiesen. Die Türkei könne solch „unfaire und unausgewogene Kritik“ nicht akzeptieren, sagte der stellvertretende Außenminister Faruk Kaymakci am Mittwoch in Ankara. Andere Teile des Berichts seien konstruktiv, man nehme diese zur Kentnnis.

Die EU hatte am Mittwoch in einem jährlichen Bericht Einschätzungen über die Chancen von sechs Beitrittskandidaten und den Stand der Reformen in den jeweiligen Ländern veröffentlicht. Im Türkei-Kapitel des Dokuments war die Rede von „ernsten Rückschritten bei Rechtstaatlichkeit und Grundrechten“.

Die Autoren wiesen unter anderem darauf hin, dass die Entscheidung der türkischen Wahlbehörde, die Bürgermeisterwahl in Istanbul zu wiederholen, den „Kernzielen eines demokratischen Prozesses“ zuwiderlaufe. In der größten Stadt des Landes hatte bei der Kommunalwahl Ende März ein Oppositionskandidat gewonnen. Die Wahlbehörde annullierte die Wahl daraufhin im Mai wegen angeblicher Regelwidrigkeiten und setzte einen neuen Termin für den 23. Juni an.

Federica Mogherini sagte in einer Pressekonferenz, die Türkei bewege sich weiter von der EU fort. Sie riet dazu, diesen Trend dringend umzukehren. Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei liegen schon länger auf Eis. In dem Bericht heißt es, die Einschätzungen, die dieser Entscheidung zugrunde lagen, gälten weiterhin.

Türkischer Journalist Kadri Gürsel muss ins Gefängnis zurück

15.51 Uhr: Nach der Bestätigung seiner Haftstrafe durch ein Berufungsgericht ist der bekannte türkische Journalist Kadri Gürsel am Mittwoch ins Gefängnis zurückgekehrt. Der frühere Journalist der Zeitung "Cumhuriyet" sei wieder in Haft, sagte sein Anwalt Ilkan Koyuncu der Nachrichtenagentur AFP. Er war im April 2018 von einem Gericht in Istanbul zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden wegen Unterstützung von Terrororganisationen.

Wie die anderen angeklagten "Cumhuriyet"-Mitarbeiter war Gürsel im Laufe des Prozesses aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Im Februar bestätigte ein Berufungsgericht das Urteil gegen den renommierten Kolumnisten und andere Mitarbeiter der regierungskritischen Zeitung. Ende April mussten sechs von ihnen wieder ins Gefängnis, um ihre verbliebenen Haftstrafen abzusitzen. Nun musste auch Gürsel zurück in Haft.

Der "Cumhuriyet"-Prozess gilt international als Symbol für die Erosion der Pressefreiheit in der Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdogan. Auf der Liste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen rangiert das Land auf Platz 157 von 180. Seit dem Putschversuch von Juli 2016 wurden dutzende Medien geschlossen oder der Kontrolle der Regierung unterstellt. Laut der Plattform für Pressefreiheit P24 sitzen derzeit 146 Journalisten hinter Gittern.

Türkei erlässt mehr als 100 Fahndungsbefehle gegen Terrorverdächtige

Update vom 28. Mai 2019, 14.14 Uhr: Fast drei Jahre nach dem Putschversuch in der Türkei sucht der Staat weiter intensiv nach Beteiligten. Allein am Dienstag schrieben Staatsanwälte wieder 101 neue Fahndungsbefehle aus, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Auf der Jagd nach den angeblich Verdächtigen habe die Polizei Razzien in 18 Provinzen durchgeführt. Zum Nachmittag seien 67 der Gesuchten in Haft gewesen. Den Verdächtigen würden Verbindungen zur Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen vorgeworfen, den die Regierung für den Umsturzversuch von 2016 verantwortlich macht.

Unter den am Dienstag gesuchten Verdächtigen seien viele Soldaten, hieß es bei Anadolu weiter. Bei ihren Fahndungen konzentriert sich die Regierung besonders stark auf Polizei und Militär. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Mitte April in Ankara gesagt, dass unter den derzeit Inhaftierten mehr als 4.400 Polizisten seien. Insgesamt seien rund 31.000 Mitarbeiter der Polizei und mehr als 15.000 Angehörige des Militärs ihres Amtes enthoben worden.

Türkischer Einsatz gegen PKK im Nord-Irak

12.37 Uhr: Die Türkei hat im Nordirak einen Militäreinsatz gegen angebliche Mitglieder der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK begonnen. Türkische Sender zeigten Bilder von Soldaten am Boden und von Helikoptern. Das Verteidigungsministerium bestätigte in einer Stellungnahme am Dienstag, dass der Einsatz seit Montagabend im Gange sei. Es gehe darum, in der Hakurk-Region Terroristen zu „neutralisieren“ und ihre Höhlen und Verstecke zu zerstören. Die PKK gilt in der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation.

Die türkische Luftwaffe fliegt regelmäßig Luftangriffe gegen Stellungen der PKK, die in der Grenzregion im Nordirak ihr Hauptquartier hat. Im Januar gab es dort einen blutigen Zusammenstoß zwischen türkischen Soldaten auf einem grenznahen Posten und Demonstranten, die kurdischen Angaben zufolge gegen zivile Opfer bei einem Bombardement protestiert hatten. Mindestens ein Demonstrant war demnach gestorben. Die Zentralregierung in Bagdad kündigte damals die Einbestellung des türkischen Botschafters an.

Türkei bestreitet US-Frist für Absage von Waffendeal mit Russland

10.42 Uhr: 

Die Türkei bestreitet, dass es eine Frist aus den USA für die Annullierung eines umstrittenen Waffengeschäfts mit Russland gibt. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Dienstag unter Berufung auf Verteidigungsminister Hulusi Akar. Der Türkei sei eine solche Frist nicht gesetzt worden, sagte Akar.

US-Medien hatten vor einer Woche berichtet, dass die Türkei bis Ende der ersten Juni-Woche habe, um den Kauf des russischen S-400-Raketenabwehrsystems abzusagen und das US-amerikanische Patriot-Raketenabwehrsystem zu kaufen. Sollte das nicht der Fall sein, werde sie mit Sanktionen zu rechnen haben und außerdem aus dem Projekt zum Bau der F-35-Kampfjets fliegen. Sanktionsdrohungen gab es unter anderem auch schon von führenden US-Senatoren.

Regierung betont seit Monaten, dass das S-400-Geschäft mit Russland abgeschlossen sei

Washington fürchtet, dass Russland über das S-400-System an Daten über die Fähigkeiten der F-35-Tarnkappenflugzeuge gelangen könnte. Die Türkei ist Partner beim Bau der F-35 und soll selber Jets erhalten.

Die türkische Regierung betont seit Monaten, dass das S-400-Geschäft mit Russland abgeschlossen sei. Vor einer Woche hatte Hulusi gesagt, dass das Training der türkischen Experten an dem System begonnen hat. Erste Lieferungen soll es schon im Juli geben.

Mit der S-400-Affäre steckt die türkische Regierung in einer Zwickmühle. Einerseits könnte sie es sich durch eine Absage des S-400-Deals mit Russland verscherzen. Die Türkei ist unter anderem wegen der Lage in Nordsyrien auf ein gutes Verhältnis angewiesen. Andererseits kann sie angesichts der schlechten Wirtschaftslage keine weiteren US-Sanktionen riskieren. 2018 hatten US-Sanktionen über den Fall eines in der Türkei festgehaltenen US-Pastors zu dramatischen Einbrüchen der Lira geführt. Ende Juni steht zudem die wichtige Neuwahl des Bürgermeisters in Istanbul an. Dort und anderswo hatte die Regierungspartei von Präsident Erdogan gerade wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage an Zustimmung verloren.

Istanbul-Wahl annulliert - wichtiger Entscheidungsträger stimmt gegen Erdogan-Antrag

Update vom 23. Mai, 13.43 Uhr: Der Chef der türkischen Wahlbehörde YSK hält die Annullierung der Bürgermeisterwahl in Istanbul für unzureichend begründet. Er selbst habe deshalb dagegen gestimmt, schrieb Sadi Güven in einer persönlichen Stellungnahme, die an eine mehr als 200 Seiten lange Erklärung der YSK zur Wahl angehängt ist. In der hatte die Behörde am späten Mittwochabend ihre Entscheidung von Anfang Mai erklärt, die Wahl zu wiederholen.

Annäherung an USA: Türkei hebt Sanktionen gegen bestimmte Produkte auf

Update vom 22. Mai, 11.50 Uhr: Nach Zollerleichterungen aus Washington hat im Gegenzug die Türkei Sanktionen gegen US-Produkte aufgehoben. Ankara senkte die Einfuhrzölle auf 22 US-Produkte wieder um die Hälfte, wie aus einer am Mittwoch veröffentlichten Anordnung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hervorgeht. Aufgelistet sind unter anderem alkoholische Getränke, Tabak, Papier sowie Reis aus den Vereinigten Staaten. Die Türkei reagiert damit auf einen Erlass von US-Präsident Donald Trump vom Montag wonach Stahlimporte aus der Türkei nur noch mit 25 Prozent statt wie bisher mit 50 Prozent Zoll belegt werden.

Die beiden Länder legen mit den Maßnahmen einen Handelsstreit bei, der sich im vergangenen Sommer an der Inhaftierung des US-Pastors Andrew Brunson in der Türkei entzündet hatte. Um den Pastor freizubekommen, hatte die Trump-Regierung unter anderem Strafzölle verhängt, die Ankara erwiderte. Brunson war im Oktober aus dem Gefängnis entlassen worden. Er wurde zwar wegen Terrorvorwürfen verurteilt, durfte das Land aber verlassen.

Die Beziehungen zwischen der Türkei und den USA sind jedoch weiter angespannt. Zurzeit belastet unter anderem der Streit um das russische Raketenabwehrsystem S-400 das Verhältnis. Der Türkei drohen neue US-Sanktionen, sollte sie das Waffensystem kaufen.

Wegen Erdogan-Kritik: Türkischer Basketball-Profi verschwindet aus TV

Update vom 20. Mai, 13.45 Uhr: Der Umgang der Regierung Recep Tayyip Erdogans mit ihren Kritikern treibt einmal mehr seltsame Blüten: In der Türkei wird nun offenbar systematisch auf Berichterstattung über den erdogankritischen türkischen NBA-Profi Enes Kanter verzichtet.

US-Senator fordert Schutz von Erdogan-Kritiker Kanter
Enes Kanter im Einsatz in der NBA. © dpa / David Zalubowski

So werden in dem Land unter anderem die Spiele von Kanters Portland Trail Blazers nicht mehr im Fernsehen gezeigt. Der türkische Kanal der Basketball-Profiliga verzichtete auf Twitter unlängst auch darauf, Kanter als besten Schützen seines Teams in den offiziellen Statistiken zu erwähnen - seine Punkte wurde quasi „gelöscht“. Kanter selbst prangerte die Vorgänge Anfang Mai in einem Tweet an.

Der zuständige Sender S Sport will die Entscheidung unterdessen nicht auf seine Kappe nehmen. „Diese Situation liegt nicht an uns“, erklärte ein Sprecher. Wer der Schuldige ist, sagte der Sprecher nicht. Es liegt allerdings die Vermutung nahe, dass die türkische Regierung um Erdogan involviert ist. Denn die hat Kanter nicht nur als kritische Stimme, sondern auch als Unterstützer des als Staatsfeind gebrandmarkten Predigers Fethullah Gülen im Fokus. 

Über Erdogan sagte Kanter einst: „Er ist der Hitler unseres Jahrhunderts.“ Seit 2017 ist der Basketballer nach Aberkennung der türkischen Staatsangehörigkeit staatenlos. Die Istanbuler Generalstaatsanwaltschaft hatte im Januar die Auslieferung des NBA-Stars beantragt, weil gegen ihn in der Türkei ein Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation läuft. Deshalb war Kanter im Januar nicht mit seinem Team zu einem Spiel nach London und im März zu einer Partie nach Kanada gereist.

Türkei: Erdogan will gemeinsam mit Russland S-500-Raketen bauen

Update vom 19. Mai, 14.50 Uhr: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat im Streit mit den Nato-Partnern um den Kauf russischer Luftabwehrraketen nachgelegt. Erdogan kündigte am Samstag in Istanbul an, die Türkei werde nicht nur wie geplant die S-400-Raketen kaufen, sondern anschließend gemeinsam mit Russland die S-500-Reihe bauen. Die Pläne der Türkei, das Luftabwehrsystem zu kaufen, sorgen schon länger für Spannungen insbesondere mit den USA.

Bei einer Debatte mit Jugendlichen sagte Erdogan, ein Rückzug vom Kauf der S-400 komme "absolut nicht in Frage". Der Vertrag sei eine "beschlossene Sache", fügte der Präsident hinzu. Danach werde sein Land gemeinsam mit Russland S-500-Raketen bauen, kündigte Erdogan an.

Die Pläne zum Kauf russischer Luftabwehrraketen führen seit langem zu Spannungen zwischen der Türkei und der Nato. Die USA und andere Mitgliedstaaten fürchten, Russland könnte über das S-400-System Informationen zu Nato-Flugzeugen erlangen.

Washington hat aus Protest das gemeinsame F-35-Kampfjet-Programm mit der Türkei auf Eis gelegt und mit weiteren Wirtschaftssanktionen gedroht. Dennoch sagte Erdogan nun, die Türkei werde die F-35-Jets früher oder später bekommen. Als Termin für eine Lieferung der S-400-Raketen nannte er Juli. "Das könnte aber noch vorgezogen werden", fügte Erdogan hinzu. Vor dem Hintergrund, dass Russland und die USA beide aus dem INF-Abrüstungsabkommen aussteigen wollen, ein weiterer brisanter Vorgang.

Update vom 17. Mai, 15.02 Uhr: US-Präsident Donald Trump hat Stahl-Importe von dem Nato-Verbündeten Türkei von einem Teil der 2018 erlassenen Strafzölle entbunden. Die Türkei war mit einem Sonderzoll von 50 Prozent härter als die meisten anderen Länder getroffen werden. Vom 21. Mai an werde der Zoll auf 25 Prozent zurückgefahren, heißt es in einer Proklamation Trumps, die am Donnerstag (Ortszeit) bekannt wurde. Am Freitag oder Samstag wird auch eine Äußerung Trumps zu möglichen Zöllen auf Autoeinfuhren, unter anderem aus der EU erwartet. Die Abgaben auf türkischen Stahl und auch Aluminium wurden im vergangenen Jahr erhoben, um den in der Türkei festgehaltenen amerikanischen Pastor Andrew Brunson freizubekommen. Schon im Oktober war dies dann auch geschehen. 

Zoff in der Türkei: Unternehmer nehmen Erdogan in die Mangel

Update vom 16. Mai 2019: Der türkische Unternehmerverband Tüsiad - 1971 gegründet - gilt als unabhängig von der Regierung. An die und Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Tüsiad-Spitzenvertreter Tuncay Özilhan jetzt eine klare Ansage gerichtet: „Nur Demokratien produzieren Lösungen”, sagte er. Unter anderem der türkische Ableger des US-Medienunternehmens Bloomberg berichtet über den Appell für mehr Rechtsstaatlichkeit.

Nur mit einem klar demokratischen Kurs kann sich nach Ansicht der Unternehmer und Industriellen die wirtschaftliche Lage in der Türkei verbessern. Im 82-Millionen-Land kriselt es nicht nur politisch: Nach dem Wahl-Skandal in Istanbul verschlechterte sich der Kurs der türkischen Lira nochmals.

Anleger ziehen sich verstärkt zurück, seit das Ergebnis der Bürgermeisterwahl in Istanbul - ein Sieg für die Opposition - mit “Unregelmäßigkeiten” als Begründung annulliert wurde. Und Regierungschef Recep Tayyip Erdoğan (AKP) soll jetzt seinen Willen bekommen: Eine Wiederholung der Wahl am 23. Juni.

Türkei: Bürgermeisterwahl in Istanbul beschäftigt auch Unternehmer

Die Kritik in In- und Ausland ist groß. „Ich hoffe, dass die Wahlen in Istanbul unsere demokratische Reife bestätigen”, sagte Özilhan jetzt. Bereits Anfang Mai hatte Tüsiad sich mit Erdogan angelegt: Die Rückkehr zum Wahlkampf sei „besorgniserregend“, in einer „Zeit, in der man sich auf wirtschaftliche und demokratische Reformen konzentrieren müsse“, twitterte der Verband damals.

Lira-Krise verschärft sich: Türkische Zentralbank mit Finanzspritze für Erdogan
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verliert mehr und mehr an Rückhalt. © dpa / Uncredited

„Auf dem Global Competitiveness Index belegten wir von 140 Ländern nur den 116. Platz”, warnte Özilhan weiter. “Wenn die Demokratie funktioniert, wenn Rechtsstaatlichkeit geschaffen wird, wenn es eine Bildungsreform gibt, die den Weg für kritisches Denken ebnet, dann wird auch unsere Wirtschaftsleistung steigen”, sagte er in seiner vielbeachteten Rede. Meinungsfreiheit sei in den Tüsiad-Statuten festgeschrieben, betonte er in seiner Rede.

Nach eigenen Angaben repräsentiert Tüsiad etwa 85 Prozent des türkischen Außenhandels (ohne die Energiewirtschaft). Die Verbandsmitglieder beschäftigen demnach etwa 50 Prozent aller Mitarbeiter in privaten Unternehmen. Der Unternehmerverband der AKP ist der 1990 gegründete Müsiad.

Türkische Zentralbank mit Finanzspritze für Erdogan - US-Konsulatsmitarbeiter muss weiter in Haft bleiben

Update vom 15. Mai 2019: Ein in der Türkei wegen Spionagevorwürfen inhaftierter US-Konsulatsmitarbeiter muss weiter in Haft bleiben. Ein Istanbuler Richter lehnte bei einer Anhörung am Mittwoch einen Antrag von Metin Topuz auf Freilassung ab, wie eine AFP-Reporterin berichtete. Die nächste Verhandlung wurde für den 28. Juni angesetzt. Der Fall belastet seit Monaten die Beziehungen zu Washington, die wegen einer Reihe von Streitfragen ohnehin angespannt sind.

Dem türkischen Übersetzer und Verbindungsmann der US-Drogenbehörde in Istanbul werden Kontakte zu Polizisten und Staatsanwälten mit Verbindungen zur verbotenen Gülen-Bewegung vorgeworfen, die Ankara für den Putschversuch von Juli 2016 verantwortlich macht. Topuz beteuerte aber unter Tränen erneut seine Unschuld und betonte, alle seine Kontakte zu Vertretern des türkischen Staats seien Teil seiner Arbeit gewesen.

Der US-Geschäftsträger in Ankara, Jeffrey Hovenier, forderte von den türkischen Behörden, "den Fall rasch, transparent und fair aufzuklären". Sie hätten vor Gericht noch immer "keine glaubwürdigen Beweise für ein kriminelles Fehlverhalten von Metin Topuz" gesehen, sagte Hovenier vor Journalisten vor dem Gericht. Seine Anwälte legten dem Richter am Mittwoch eine Liste mit Topuz' Telefonkontakten vor und betonten, sie seien alle rein arbeitsbezogen gewesen.

Lira-Krise spitzt sich zu: Türkische Zentralbank mit Finanzspritze für Erdogan

Update vom 14. Mai 2019, 21.08 Uhr: Die Finanzkrise in der Türkei erreicht ihren nächsten negativen Höhepunkt. Nun soll die türkische Notenbank der Regierung Erdogans finanziell aushelfen. So arbeitet das Finanzministerium mittlerweile an einem Gesetzesentwurf, der es möglich machen soll, Geldreserven der türkischen Zentralbank in den Regierungshaushalt zu übertragen. 

Dabei geht es laut Angaben der Finanzagentur Reuter um 40 Milliarden Lira, umgerechnet um die 6 Milliarden Euro. Grund für diese extreme Maßnahme sei ein höheres Staatsdefizit als ursprünglich von Erdogan und seiner Regierung geplant. Laut der FAZ sind für dieses gravierende Defizit die ergriffenen Maßnahmen zur Konjunkturbelebung verantwortlich. Die türkische Regierung hatte zu diesem Zweck große Investitionen getätigt und darüber hinaus die Steuern gesenkt. 

Die Finanzspritze der Zentralbank entspringt allerdings nicht den Devisenreserven, sondern ausschließlich aus Ersparnissen für besondere Fälle, die aus Gewinnen der Notenbank hervorgingen.  

Streit um Kommunalwahlen in der Türkei: Antrag der Opposition abgelehnt

12.05 Uhr: Die türkische Wahlkommission hat den Antrag der Opposition auf Annullierung der gesamten Kommunalwahl in allen Bezirken Istanbuls abgelehnt. Die Behörde stimmte am Montag zudem gegen die Forderung, die Präsidenten- und Parlamentswahl von 2018 für ungültig zu erklären, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.

Alle elf Mitglieder der Hohen Wahlkommission (YSK) wiesen nach Angaben des Senders CNN Türk den Antrag der größten Oppositionspartei CHP und der nationalkonservativen Iyi-Partei zurück. Eine Begründung lag zunächst nicht vor.

Die Opposition hatte mit ihrem Antrag auf die Entscheidung der YSK reagiert, ihr den Sieg bei der Oberbürgermeisterwahl von Ende März abzuerkennen und die Wahl wiederholen zu lassen. Als Begründung gab die Behörde an, dass die Wahlräte teils rechtswidrig zusammengestellt worden seien. Die CHP hatte argumentiert, dass die Wahl der Bezirksbürgermeister und der lokalen Parlamente in Istanbul, die gleichzeitig mit der Oberbürgermeisterwahl stattfand, dann auch annulliert werden müssten. Damit sei auch die Parlaments- und Präsidentenwahl von 2018 fragwürdig.

Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu warf der Wahlbehörde vor, auf Anweisung der Regierung zu handeln. Er sei daher von der Entscheidung, den Antrag der Opposition abzulehnen, nicht überrascht.

10.30 Uhr: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin am Telefon über die eskalierende Lage im nordwestsyrischen Idlib gesprochen. Erdogan habe sich besorgt über die Verletzung des Waffenstillstands gezeigt, teilte sein Kommunikationsdirektor Fahrettin Altun am späten Montagabend mit. Er habe zudem deutlich gemacht, dass der Angriff auf Zivilisten, Schulen und Krankenhäusern nicht mit dem Kampf gegen den Terrorismus erklärt werden könne.

Aus dem Kreml hieß es, die Initiative für das Gespräch sei von türkischer Seite ausgegangen. Beide Seiten hätten betont, dass es wichtig sei, sich in Syrien weiter eng miteinander abzustimmen - auch auf der Ebene der Verteidigungsministerien. Bei dem Gespräch hätten sich Putin und Erdogan auch über bilaterale politische und wirtschaftliche Fragen sowie über einige internationale Probleme ausgetauscht, teilte die Präsidialverwaltung in Moskau mit.

In Idlib liegt das letzte große Rebellengebiet in Syrien neben den Kurdengebieten. Syriens Regierung und ihr Verbündeter Russland hatten Anfang Mai Angriffe auf die Rebellenhochburg in den Provinzen Idlib und Hama begonnen. Auch Kliniken und Gesundheitszentren wurden bombardiert. Zuletzt hatten die Rebellen in Idlib an Boden verloren.

Russland sowie die Türkei als Verbündeter der Opposition hatten die Region zu einer Deeskalationszone erklärt und sich im September auf eine entmilitarisierte Pufferzone geeinigt. Sie sollte eine Offensive der Regierung verhindern.

Video: Deniz Yücel: Foltervorwürfe gegen Erdogan in Gerichtsaussage

Lira-Krise in der Türkei: Spott für Finanzminister - „müsste jedem Mittelstüfler auffallen“

20.18 Uhr:Der türkische Finanzminister Berat Albayrak hat für seine Aussagen in Bezug auf die anhaltende Inflation und die schwache Konjunktur in der Türkei, mächtig Kritik einstecken müssen. Der Schwiegersohn von Präsident Erdogan sagte am Sonntag dem Sender CNN Turk: „Die Türkei wird, besonders bei der Inflation und der Arbeitslosigkeit, bis zum Jahresende deutlich besser dastehen.“

Bei den Aussagen zu der Inflationsrate, die derzeit bei knapp über 20 Prozent liegt, bedient sich Albayrak aber eines einfachen rechnerischen Mittels. Denn am Ende des Jahres würde der starke Einbruch des Lira-Kurses im September 2018 nicht mehr in den Vorjahresvergleich einwirken, was die Inflationsrate im Vergleich zum Vorjahr automatisch beschönigen würde. 

Focus.de zitiert Analysten der Commerzbank, die sich skeptisch darüber zeigen, ob sich der Devisenmarkt von einem Effekt beeindrucken lässt, „der jedem Mittelstufen-Schüler auffallen müsste.“ Darüber hinaus prophezeit die Bank, dass die Inflation weiterhin zum Problem für die Lira werden wird, da die Türkei keine Maßnahmen zur Inflationssteuerung ergreifen würde. Die Lira steht momentan bei 0,15 Euro. Vor einem Jahr waren es noch 0,19 Euro. 

Türkei: Erdogan startet riesiges Marinemanöver in umliegenden Meeren

13.20 Uhr: Inmitten eines Streits mit Zypern um die Ausbeutung eines Gasfelds hat die Türkei am Montag ihr bislang "größtes Marinemanöver" gestartet. Wie der Generalstab des Landes verkündete, nehmen an der knapp zweiwöchigen Militärübung im Mittelmeer, in der Ägäis und auch im Schwarzen Meer 131 Kriegsschiffe, 57 Flugzeuge und 33 Helikopter teil. Das Manöver dauert bis zum 25. Mai und fällt in eine Zeit von starken Spannungen mit Zypern. Hierbei geht es um wertvolle Rohstoffe:

Der kleine EU-Mitgliedstaat hat sich mit mehreren Mittelmeer-Anrainern auf die Aufteilung des Seegebiets im östlichen Mittelmeer geeinigt, in dem vor einigen Jahren ein großes Gasfeld entdeckt worden war. Die Türkei ist an dieser Vereinbarung nicht beteiligt und sieht sich auch nicht daran gebunden. Anfang Mai kündigte die türkische Regierung an, in dem von Zypern beanspruchten Seegebiet eigene Probebohrungen vorzunehmen.

Die EU und die USA äußerten sich "besorgt" über die geplanten Probebohrungen in der "exklusiven Wirtschaftszone Zyperns". Nikosia hat bereits Aufträge zur Gasförderung an internationale Ölkonzerne wie Eni, Total und ExxonMobil vergeben. Die Türkei fordert jedoch, dass die international nicht anerkannte Türkische Republik Nordzypern an der Ausbeutung des Gasfelds beteiligt wird, und warnt, sie werde "ihre Rechte" mit allen Mitteln verteidigen.

Türkei: Fußball-Fans legen sich mit Erdogan an

10.11 Uhr: Recep Tayyip Erdogan legt sich mit Fußballfans aus der Heimat an. Kurz vor Beginn einer Partie in der türkischen Liga hatten Fans des kriselnden Spitzenklubs Fenerbahce Istanbul politisch Partei ergriffen und im Chor die Parole „Alles wird sehr gut werden!“ gerufen. Diese Bezeichnung war nicht etwa auf die sportlichen Geschicke ihres Lieblingsklubs bezogen, vielmehr zieht der Oppositionskandidat Ekrem Imamoglu mit diesem Motto in die Wiederholung der Bürgermeisterwahl der Metropole Istanbul. 

Ekrem Imamoglu hatte Ende März die bereits durchgeführte Wahl knapp gegen den Kandidaten von Erdogans Partei für sich entschieden. Auf Antrag des türkischen Präsidenten wurde diese jedoch mittlerweile annulliert und soll nun am 23. Juni wiederholt werden. Recep Tayyip Erdogan übte Kritik an den Fußballfans und wies darauf hin, dass seine Partei das Stadion von Fenerbahce schließlich gebaut habe: „Wir haben das gemacht, wir!“

Präsident Recep Tayyip Erdogan braucht keine Annullierung seiner Wahl zu fürchten.
Präsident Recep Tayyip Erdogan braucht keine Annullierung seiner Wahl zu fürchten. © AFP / ADEM ALTAN

Zuvor hatte Erdogan die Kritik an der Annullierung der Bürgermeisterwahl scharf zurückgewiesen und die NATO-Länder um Deutschland attackiert: "Unser Volk wird sich Drohungen und dem Druck nicht beugen", sagte das Staatsoberhaupt bei einem Auftritt in der Millionenmetropole am Bosporus. Wer versuche, den "gewählten venezolanischen Staatschef" Nicolás Maduro zu stürzen, "der kann nicht von Demokratie sprechen", sagte Erdogan. Mit Blick auf die Situation im Nahen Osten fügte Erdogan außerdem hinzu, wer nichts gegen den "israelischen Terror" unternehmen, dürfe auch "nichts über unseren Kampf für Rechte sagen". Die türkische Wahlkommission hatte in der vergangenen Woche einer Beschwerde der Regierungspartei AKP von Erdogan stattgegeben und eine Wiederholung der Wahl in Istanbul vom 31. März angeordnet.

Video: Demo in Instanbul

Erdogan reagiert auf Kritik zu Annullierung der Bürgermeister-Wahl

09.05 Uhr: Die Foltervorwürfe des Journalisten Deniz Yücel haben zu neuen Spannungen zwischen der Türkei und Deutschland geführt. Das Außenministerium in Ankara wies die Aussage des Welt-Reporters, er sei während seiner einjährigen Haftzeit in der Türkei gefoltert worden, am Sonntag scharf zurück. Präsident Recep Tayyip Erdogan reagierte außerdem gereizt auf Kritik an der Annullierung der Bürgermeisterwahl in Istanbul.

Die zuständige Staatsanwaltschaft habe die Vorwürfe im Fall Yücel in der Vergangenheit bereits untersucht und entschieden, dass die Sache nicht weiter verfolgt werde, teilte der Außenamtssprecher Hami Aksoy mit. Die Mahnung des Auswärtiges Amtes, sich an die Anti-Folterkonvention der Vereinten Nationen zu halten, bezeichnete er als völlig unbegründet.

Yücel war bis Februar 2018 ein Jahr lang ohne Anklageschrift in der Türkei inhaftiert. Gleichzeitig mit seiner Entlassung aus dem Hochsicherheitsgefängnis Silivri bei Istanbul und der Ausreise nach Deutschland erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Terrorpropaganda und Volksverhetzung. Am Freitag hatte Yücel in dem Prozess vor dem Amtsgericht Berlin ausgesagt, er sei in den ersten Tagen seiner Haft gefoltert worden, und er machte Erdogan dafür verantwortlich.

CDU-Chefin AKK nimmt US-Präsident Donald Trump in Schutz, der giftet erneut gegen Deutschland - und warnt vor einem Szenario, das keiner wollen kann.

Der Grünen-Politiker Cemal Bozoğlu wird die Wahl in Istanbul vor Ort beobachten. Er glaubt, dass es bei einer Niederlage schwer für die Erdogan-Partei AKP wird, noch lange an der Macht zu bleiben. Wir haben mit dem gebürtigen Türken gesprochen.

Der türkischen Regierung um Präsident Erdogan steht das Wasser bis zum Hals. Nun sorgt ausgerechnet Rivale Trump mit einer neuen Aussage für Aufsehen.

dpa/afp/pf

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