Update vom 17. November, 12.30 Uhr: Mehr als 2600 Wahl-Stimmen wurden im Bundesstaat Georgia übersehen. Die Zeitung The Hill berichtet, dass diese nun bei der Neuauszählung der Stimmen aufgetaucht seien - in Floyd County. Eine Panne, die laut dem Leiter des Wahlsystems, auf einen menschlichen Fehler zurückzuführen sei. The Hill schreibt, dass Donald Trump offenbar mit 800 weiteren Stimmen rechnen kann. Dieser Umstand kann an dem Wahl-Ergebnis selbst nichts verändern, da Joe Biden in Georgia mit knapp 13.000 Stimmen führt. Luke Martin, der Parteivorsitzende der Republikaner im betroffenen Wahlkreis sagte, es „scheint nicht so , als sei das ein weit verbreitetes Problem.“
Erstmeldung vom 16. November, 18 Uhr: Pennsylvania - Dass der amtierende Präsident Donald Trump* sich weiterhin weigert, seine Wahlniederlage einzugestehen, hält die USA in Atem. Mit einer immens teuren Klagewelle und der Forderung nach Neuauszählungen will Trump den Sieg seines demokratischen Herausforderers - und mittlerweile „President-Elect“ - Joe Biden* in einigen Bundesstaaten noch immer abwenden, obwohl ihm Experten dabei nur verschwindend geringe Erfolgsaussichten attestieren.
Vergangene Woche hatte ein Gericht Trump zu einem kleinen Erfolg verholfen und einige Briefwahlstimmen in Pennsylvania für ungültig erklärt. Ansonsten bleiben die Repubikaner und ihre Anwälte bis dato weitestgehend erfolglos.
Von insgesamt 16 Klagefällen schreibt die New York Times: Die Hälfte wurde bereits abgelehnt, so blitzten die Konservativen etwa in Michigan mit einer Klage und mit einem Berufungsverfahren in Pennsylvania ab. Die Luft für die Republikaner wird vor Gericht jetzt offenbar immer dünner, sodass bereits in zwei Fällen Trumps Anwälte ihre Klagen aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten von selbst zurückzogen. Dies war etwa in Arizona der Fall. Fünf Fälle werden noch verhandelt, einer in Michigan, zwei in Pennsylvania, einer in Nevada und einer Wisconsin. Glaubt man der New York Times, hat Trump aber auch hier keine guten Karten.
Unter anderem das bekannte Rechtsanwaltsbüro Porter Wright Morris & Arthur verkündete, dass man nicht länger mit Trump in Sachen Wahlbetrugskampagne zusammenarbeiten werde - eine offizielle Begründung blieb man aber schuldig. Kurz darauf erklärte auch die größte Kanzlei der USA, Jones Day, die Zusammenarbeit mit Trump für beendet. Während Trump mit jeder Schlappe vor Gericht potenziell auch innerhalb der republikanischen Partei Rückhalt einbüßen könnte, steht mit Rudy Giuliani ein prominenter Verbündeter aber weiter an seiner Seite.
Doch auch Giuliani, engster Berater und persönlicher Anwalt des amtierenden, aber abgewählten Präsidenten, musste Berichten zufolge herbe Niederlage verbuchen: In Pennsylvania zog ein Anwaltsteam laut Washington Post einen Hauptklagepunkt zurück. Es geht um die Behauptung, es seien am Wahltag 3. November keine republikanischen Wahlbeobachter zugelassen gewesen. Diese Anschuldigung stellte sich offenbar als haltlos heraus, sodass Trumps Anwälte vor Gericht klein bei gaben.
Trump selbst hatte immer wieder auf diesen Vorwurf gesetzt und ihn besonders auf Twitter propagiert - so dürfte ihn die Nachricht wohl ziemlich getroffen haben. Wer aber jetzt denkt, Trump gehe in Pennsylvania nicht weiter gerichtlich auf die Barrikaden, liegt offenbar falsch. Trumps Kampagnen-Sprecher Tim Murtaugh verkündete zumindest am Montag auf Twitter, dass man noch immer gegen 682.479 Briefwahlstimmen klagen werde, die im „Swing State“ Pennsylvania angeblich - so der Vorwurf der Republikaner - „im Geheimen“ ausgezählt worden seien. Am Freitag behauptete Murtaugh polemisch, der „linke Mob“ sei so lange gegen die Anwälte, die die Klagen zurückgezogen haben, vorgegangen, bis diese unter dem Druck zusammengebrochen seien.
Laut einem Bericht der Agentur AP stützt sich die „neu strukturierte“ Klage von Trumps Team allerdings nicht auf diesen Vorwurf, sondern auf die These in einigen - vorwiegend demokratisch geprägten - Countys hätten Wähler die Möglichkeit erhalten, wegen eines Formfehlers ungültige Wahlzettel zu verbessern. In republikanisch geprägten Countys sei das nicht passiert. Hier sehe man eine Ungleichbehandlung.
Joe Bidens Team gibt sich trotz Trumps Bemühungen erstaunlich gelassen und stuft die Klagen öffentlich als reines „Theater“ ein. Trump hingegen spricht noch immer davon, dass die Wahl letzten Endes vom Supreme Court in Washington entschieden werden könnte. Dort gelten inzwischen sechs der neun Richter als konservativ*, hat Trump drei von ihnen doch selbst ernannt. Rechtsexperten halten es aber - vor allem wegen Bidens vergleichsweise großen Vorsprungs in vielen Bundesstaaten - für unmöglich, dass der Oberste Gerichtshof der USA das Wahlergebnis aufgrund der einzelnen Klagen kippen könnte.
Dass Trump sich noch immer weigert, seine Niederlage anzuerkennen, macht für Biden aber die Amtsübergabe - für die „transition“ ist eigentlich gesetzlich Unterstützung des Amtsinhabers vorgesehen - äußerst schwierig. Da die Republikaner Bidens Wahlsieg weiterhin öffentlich als unsicher hinstellen, gewinnt Trump Zeit, um eventuelle nächste juristische Schritte zu planen.
Bis zum 8. Dezember beglaubigen die Bundesstaaten ihre Wahlergebnisse und melden sie an Washington. Am 14. Dezember stimmen dann die 538 Wahlmänner ab und wählen den neuen Präsidenten und dessen Vize. Am 6. Januar wird im Kongress das Ergebnis verkündet und am 20. Januar der neue Präsident feierlich vereidigt. (cos) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.