Um einen wirklichen Effekt zu erreichen, müssten die Popular-Vote-Staaten jedoch die Mehrheit von 270 Wahlmännern garantieren. Denn in diesem Fall könnte der Zusammenschluss einfach die Wahlleute ins Electoral College* entsenden, die die Mehrheit der unter ihrer Bevölkerung abgegeben Stimmen repräsentieren.
So hätte entweder der Demokrat* oder der Republikaner* auf einen Schlag die benötigte Anzahl der Wahlleute auf seiner Seite. Folglich hätten die Ergebnisse in den anderen Staaten keinerlei Auswirkung mehr auf den Ausgang.
Bis dahin könnte es jedoch noch ein weiter Weg sein. Denn es hat sich längst Widerstand formiert. So wurde in Colorado bereits 2006 versucht, ein entsprechendes Popular-Vote-Gesetz einzubringen. Was jedoch mehrmals scheiterte.
Erst im vergangenen Jahr unterzeichnete der demokratische Gouverneur Jared Polis die neue Regelung. Doch eine Petition, der 227.000 Bürger folgten, führte zu einem Referendum, in dem eine knappe Mehrheit für die Änderung stimmte.
Der Republikaner Don Wilson aus Colorado etwa warnt angesichts der aktuellen Entwicklung: „Ich würde sagen, das entreißt uns die Souveränität unseres Bundesstaates, der somit keine unabhängige Stimme mehr hätte.“ Die Präsidentschaftswahl sei „die einzige, in der die staatliche Souveränität und die Bevölkerung gemeinsam eine Stimme haben“.
Zudem befürchten Kritiker, dass sich die Bewerber um das höchste Amt im Staat im Falle des Popular Vote komplett auf die Großstädte konzentrieren würden - und diese sind oftmals demokratisch geprägt. Folglich könnten sich die Menschen auf dem Land wieder deutlich benachteiligt oder sogar missachtet fühlen - weshalb sich die dort lebenden Bevölkerungsteile überwiegend in Trumps Arme flüchteten.
Diese Befürchtung der Fokussierung auf die Ballungszentren wischen die Popular-Vote-Befürworter jedoch weg. Laut dem Informatiker John Koza, der zu den Vorreitern der Bewegung zählt, sollte sich an den Wahlkämpfen der Kandidaten nichts ändern, außer dass sie sich auf das ganze Land konzentrieren würden.
Sylvia Bernstein, Colorados Koordinatorin der Koalition für den National Popular Vote, erwartet, dass sich die Bewerber um den Einzug ins Weiße Haus* nicht mehr nur auf die umkämpften Swing States* ausrichten werden: „Diesmal haben sich beide Kandidaten auf Pennsylvania* fokussiert. Aber Pennsylvania hat nichts zu tun mit Colorado oder Kalifornien oder Texas.“
Ihre Position erklärt sie so: „Der Grund, warum die Bevölkerung den National Popular Vote unterstützen sollte, ist einfach. Der Kandidat mit den meisten Stimmen sollte gewinnen - so wie es bei jeder anderen Wahl in diesem Land auch der Fall ist.“ (mg) *Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks