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US-Wahl 2020: Droht Ausnahmezustand, wenn Trump verliert? Jura-Professor zeichnet „Horrorszenario“

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Die Demokratie in den USA steckt in einer Krise. Bei einer Wahlniederlage von Donald Trump könnte sogar das Militär eingeschaltet werden.

Washington - Was, wenn der US-Präsident* einfach nicht gehen will? Der designierte US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden hat davor gewarnt, dass Amtsinhaber Donald Trump* eine Niederlage bei der Wahl im November nicht akzeptieren könnte. Seine größte Sorge sei, dass Trump die Wahl „stehlen“ wolle, sagte der US-Demokrat in der Fernsehsendung „Daily Show“ mit Moderator Trevor Noah vom Mittwoch. Er verwies auf Äußerungen Trumps, der wiederholt die Rechtmäßigkeit von Briefwahlstimmen in Zweifel gezogen hatte.

Auf die Frage, ob er jemals über die Möglichkeit nachgedacht habe, dass Trump nach einer möglichen Wahlniederlage einen Abgang verweigern könnte, sagte Biden: „Ja, das habe ich.“ Er sei aber überzeugt, dass das US-Militär in diesem Fall eine friedliche Machtübergabe garantieren und Trump „aus dem Weißen Haus“ eskortieren würde.

Trump-Sprecherin zu Biden-Vorwürfen vor US-Wahl: „Verschwörungstheorien“

Trumps Sprecherin Kayleigh McEnany bezeichnete die Äußerungen des früheren Vizepräsidenten im konservativen Nachrichtensender Fox News als „lächerlich“. Die Demokraten würden „Verschwörungstheorien“ verbreiten.

Allerdings hatte Donald Trump wiederholt ohne jeden Beleg behauptet, bei Briefwahlen komme es zu massivem Betrug. In diesem Jahr dürften wegen der Coronavirus-Pandemie besonders viele Bürger so abstimmen wollen, um den Gang in ein Wahlbüro zu vermeiden.

US-Wahl 2020: Experte zeichnet düsteres Szenario - „Trump hat sich schon früher geweigert...“

Der US-Jura-Professor Lawrence Douglas hält das Szenario, dass Trump das Weiße Haus nicht verlassen will, für sehr gut denkbar. Er hat ein Buch zum möglichen Ergebnis der US-Wahl 2020 publiziert und sagte jetzt in einem Interview mit der Zeit: „Ich male mir nicht aus, dass sich Trump im Oval Office hinter seinem Schreibtisch verbarrikadiert, umgeben von ein paar letzten Getreuen und loyalen Secret-Service-Agenten“ - aber: „Trump hat sich schon 2016 im letzten Fernsehduell mit Hillary Clinton geweigert zu versprechen, dass er eine Niederlage akzeptieren werde“, warnt Douglas gegenüber der Zeitung.

Dass Trump das Prinzip Briefwahl nun in Zweifel zieht, ist für Douglas ein klares Indiz für seine unredlichen Pläne: „Die Briefwahl nutzt den Demokraten, deshalb attackiert er sie.“ Und: „Trump legt also schon heute das Fundament, um nach der Wahl im November die Ergebnisse anfechten zu können.“ Das Wahlverfahren sei seiner Ansicht zwar nicht „perfekt“, aber auch nicht anfälliger als andere Methoden.

Wahlniederlage akzeptieren? „Unvorstellbar, dass Trump je so etwas täte“

Was Douglas dagegen wirklich besorgt, sei, dass die USA ein „extrem anachronistisches und vermutlich dysfunktionales System“ hätten, um den Präsidenten zu wählen. Eine Direktwahl wäre seiner Ansicht nach viel besser - für die bräuchte es aber eine Verfassungsänderung, „und die ist praktisch unmöglich“. Die US-Verfassung setze bei der Machtübergabe ihrer Präsidenten schlicht voraus, „dass es gut läuft“. Ein existierendes Gesetz für den Fall von Hindernissen dabei sei „so widersprüchlich, dass es mehr Probleme schafft als löst“, so der Jurist.

Douglas bringt in dem Gespräch zwei Beispiele. 1876 habe ein Präsidentschaftskandidat das Ergebnis angefochten, das jedoch „wirklich unklar“ gewesen sei. Im Jahr 2000 schließlich habe Al Gore seine Niederlage gegen George W. Bush erst nach einem Urteil des Supreme Court akzeptiert - aber dann „großmütig“, urteilt Dougles. „Unvorstellbar, dass Trump je so etwas täte“, glaubt er.

Jura-Professor zur US-Wahl 2020: „In einem solchen Horrorszenario...“

Was würde dann geschehen? Douglas spekuliert für den Fall, dass zwei Politiker behaupten, sie seien der legitim gewählte US-Präsident, es müsste dann „sehr rasch eine Klärung stattfinden, allein schon wegen des Oberbefehls über das US-Militär. In einem solchen Horrorszenario müsste am Ende das Militär entscheiden, wer Commander in Chief ist.“

In der Tat ein Horrorszenario, das etwas weit hergeholt scheint. Douglas begründet in dem Zeit-Interview seine düsteren Visionen so: „Die allermeisten Politiker haben die Werte und Regeln des demokratischen Prozesses akzeptiert und internalisiert. Und wir hatten noch nie einen Präsidenten, der die Regeln des Systems so wenig akzeptiert hat wie Donald Trump, der sie sogar aggressiv ablehnt.“

Trump will sich bei der Präsidentschaftswahl am 3. November eine zweite Amtszeit sichern. Umfragen sehen ihn aber derzeit sowohl landesweit als auch in Schlüsselstaaten hinter seinem Herausforderer Biden.

frs mit Material der AFP

*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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