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Parlamentswahl in Frankreich: Das sagen die letzten Umfragen und Prognosen

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Präsident Emmanuel Macron bei der Stimmabgabe zur Stichwahl am heutigen Sonntag.
Präsident Emmanuel Macron bei der Stimmabgabe zur Stichwahl am heutigen Sonntag. © AFP

Erhält Präsident Macrons Bewegung heute eine absolute Mehrheit in der französischen Nationalversammlung? Das sagen die letzten Umfragen und Prognosen.

Update vom 18. Juni 2017: Holt Präsident Emmanuel Macron heute die absolute Mehrheit? Wir berichten in einem Live-Ticker zu den Wahlen 2017 in Frankreich.

Die Wahlbeteiligung der Parlamentschaftswahlen in Frankreich ist erfahrungsgemäß bei weitem nicht so hoch wie die bei der französischen Präsidentschaftswahl. So auch bei der zweiten Runde am heutigen Sonntag, 18. Juni 2017: Bis 17.00 Uhr gaben laut Innenministerium lediglich rund 35,3 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Trotzdem ist die Wirkung der Parlamentswahlen nicht zu unterschätzen, schließlich wird hier das wichtigste Organ der französischen Legislative gewählt.

Besonders für den neuen Präsidenten Emmanuel Macron bedeutet die heutige Wahl eine ganze Menge: Von ihr hängt ab, ob der parteilose Regierungschef mit einer Mehrheit im Parlament rechnen kann, die ihn in seinem politischen Kurs unterstützt. Bislang ist er ein Präsident ohne parlamentarische Basis – inwiefern sich das ändert, entscheiden die französischen Wähler in der heutigen Stichwahl.

Wahlen 2017 in Frankreich: Wie wird heute gewählt?

Das französische Wahlsystem unterscheidet sich von unserem besonders stark und ist dabei nicht ganz unkompliziert. Der grundlegende Unterschied ist der, dass in Frankreich nach dem Mehrheitswahlrecht gewählt wird, während in Deutschland die personalisierte Verhältniswahl im Wahlgesetz verankert ist. Bei einer Mehrheitswahl werden dabei nicht Parteien, sondern einzelne Abgeordnete in verschiedenen Wahlkreisen gewählt.

Im ersten Wahlgang am vergangenen Sonntag, 11. Juni, haben die Kandidaten gewonnen, die eine absolute Mehrheit der Stimmen erhalten konnten, also mindestens 50 Prozent. Im zweiten Wahlgang, der am heutigen Sonntag, 18. Juni, stattfindet, genügt dann die relative Mehrheit aller Stimmen. Für den zweiten Wahlgang dürfen alle Kandidaten antreten, die im ersten Wahlgang mindestens 12,5 Prozent der Stimmen erhalten konnten. In fast allen 577 Wahlkreisen fällt die endgültige Entscheidung erst in der Stichwahl zwischen den stärksten Kandidaten.

Im Übrigen gibt es in Frankreich bereits seit Längerem Diskussionen über den Wechsel vom Mehrheitswahlrecht hin zu einem Verhältniswahlrecht. Emmanuel Macron, Marine Le Pen und auch der linke Präsidentschaftskandidat Jean-Luc Mélénchon sprachen sich im Wahlkampf und auch nach dem schlechten Abscheiden ihrer Kandidaten im ersten Durchgang hierfür aus.

Wahlen 2017 in Frankreich: Was sagen die letzten Umfragen und Prognosen?

Mehr als 47 Millionen Franzosen sind am heutigen Sonntag im zweiten Wahlgang in Frankreich stimmberechtigt. Die Wahllokale sind bis 18 Uhr geöffnet, in großen Städten zwei Stunden länger. Erste Hochrechnungen werden gegen 20 Uhr erwartet.

Macrons Mitte-Lager gewann im ersten Wahlgang am Sonntag aus dem Stand 32,3 Prozent der Stimmen. Es steuert wegen des Mehrheitswahlrechts auf eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung zu. Laut Meinungsforschern sind 400 bis 455 der 577 Sitze in der Nationalversammlung möglich. Das würde dem Staatschef einen riesigen Spielraum gewähren.

Macrons Partei „La République en Marche“ könnte bei der heutigen Stichwahl zusammen mit der verbündeten Zentrumspartei MoDem zwischen 440 und 470 der 577 Abgeordnetenmandate gewinnen, wie es in den letzten Umfragen hieß.

Die Meinungsforschungsinstitute Opinionway Orpi und Harris interactive-Indeed sehen in den letzten Umfragen und Prognosen das konservative Lager bei 60 und 90 Sitzen, die Sozialisten mit verbündeten linken Parteien bei 20 bis 35 Sitzen. Linkspartei und Kommunisten kämen auf zwischen fünf und 25 Sitze, der rechtspopulistische Front National auf bis zu sechs Sitze. Umfragen sagen zugleich eine historisch niedrige Wahlbeteiligung von rund 46 Prozent voraus.

Die Wahl war ein schwerer Rückschlag für die traditionellen Parteien. Die bürgerliche Rechte um die konservativen Republikaner kam auf etwa 21,6 Prozent und kann laut dem Institut Ipsos mit 70 bis 110 Mandaten rechnen. Einen dramatischen Absturz erlebten die Sozialisten von Macrons Vorgänger François Hollande, die bislang die Nationalversammlung dominiert hatten. Sie kamen nur noch auf 7,4 Prozent, auch gemeinsam mit nahestehenden Kandidaten reichte es nicht für ein zweistelliges Ergebnis.

Auch die Kräfte von Rechts- und Linksaußen blieben schwächer als gedacht. Die Front National der Rechtspopulistin Marine Le Pen kam auf gerade einmal 13,2 Prozent. Das Ziel, erstmals seit 1988 eine Fraktion bilden zu können, dürfte damit hinfällig sein, die nötigen 15 Abgeordneten sind außer Reichweite - ein Misserfolg nach dem deutlich besseren Ergebnis Le Pens bei der Präsidentenwahl. Die Linkspartei La France Insoumise von Jean-Luc Mélenchon kam auf knapp 11 Prozent.

Weitere Informationen und Reaktionen zum ersten Durchgang der Parlamentswahl in Frankreich lesen Sie hier im News-Blog. 

Wahlen 2017 in Frankreich: So läuft die Stichwahl für die Auslandsfranzosen

Die im Ausland lebenden Franzosen wurden im Übrigen schon am 4. Juni zur Wahl gebeten. Hier werden sämtliche Länder in insgesamt 11 Wahlbezirke eingeteilt, die alle jeweils einen Abgeordneten der Nationalversammlung ernennen. Die Ergebnisse sprechen auch hier für Macron und dessen Kandidaten: In 10 von 11 Wahlkreisen haben Kandidaten der LREM oder der ihr nahestehenden MoDem-Partei den ersten Platz erlangt. Im Wahlkreis Deutschland/Österreich/Balkan haben sich Frédéric Petit (République en marche) und Pierre-Yves Le Borgn (Parti socialiste) für die Stichwahl am qualifiziert. Diese findet ebenfalls am 18. Juni statt, mit Ausnahme der karibischen Wahlbezirke, die ihre Stimmen schon am 17. Juni abgeben. 

Wahlen 2017 in Frankreich: Wann gibt es ein Ergebnis?

Nach dem ersten Wahlgang am 11. Juni werden abends gegen 20 Uhr die ersten Hochrechnungen veröffentlicht. Hier stehen dann die ersten Kandidaten für die Nationalversammlung fest, die mit einer absoluten Mehrheit ein Direktmandat erhalten haben. Am 18. Juni wird in den Wahlbezirken, in denen es kein eindeutiges Ergebnis gegeben hatte, erneut abgestimmt. Hier genügt eine relative Mehrheit, um als Wahkreissieger in die Nationalversammlung einziehen zu können. Erst am Abend des 18. Juni steht demnach die vollständige Zusammensetzung des französischen Parlaments für die kommenden fünf Jahre fest.

Alle weiteren Informationen zur Parlamentswahl in Frankreich haben wir hier für Sie zusammengefasst. Wie Sie die Wahl live im TV und Live-Stream anschauen können, lesen Sie ebenfalls in einem separaten Artikel. Außerdem informieren wir Sie über die Bedeutung des zweiten Wahlgangs

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