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Merkel-Doku im ZDF sorgt für Empörung bei Ungarns Botschafter - „Schmutzkampagne“ -

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Angela Merkel im ZDF-Dokudrama „Stunden der Entscheidung“, gespielt von Heike Reichenwallner.
Angela Merkel im ZDF-Dokudrama „Stunden der Entscheidung“, gespielt von Heike Reichenwallner. © picture alliance/dpa / Hans-Joachim Pfeiffer

Das ZDF-Dokudrama „Stunden der Entscheidung: Angela Merkel und die Flüchtlinge“ soll bei Kanzleramtsmitgliedern nicht gut angekommen sein. Es gibt weitere Kritik.

Update vom 8. September: Nicht nur bei der Kanzlerin kam das ZDF-Dokudrama „Stunden der Entscheidung: Angela Merkel und die Flüchtlinge“ offenbar nicht gut an (siehe Update vom 6. September). Nun hat sich auch Ungarns Botschafter Peter Györkös über den Film beschwert. Er wirft dem Sender eine unfaire und nicht objektive Darstellung der historischen Ereignisse vor, gar eine „Schmutzkampagne“ sowie eine „an Ehrverletzung grenzende Propaganda“.Diese schweren Vorwürfe äußerte der Botschafter in einem Offenen Brief an den ZDF-Intendanten Dr. Thomas Bellut. 

Györkös betont, dass sein Land nach dem Dublin-Abkommen nicht für die „illegalen Einwanderer“ zuständig gewesen sei, da sie zuvor durch mehrere EU-Staaten gezogen seien. So schreibt er: „Auch sollte man die simple geographische Gegebenheit berücksichtigen, dass den Budapester Ostbahnhof mehr als 1000 km von der Außengrenze der EU und des Schengenraumes trennen. Beachten wir internationales Recht (Art. 31 der Genfer Konvention) oder europäisches Recht (Schengener Grenzkodex, Dubliner Verordnung) sind zwei Dinge festzuhalten: Die illegalen Einwanderer sind auf ihrem Weg durch nicht weniger als fünf oder sechs Staaten gezogen, in denen ihr Leben nicht in Gefahr war, sie also keine Flüchtlinge mehr waren. Zudem ignorierten sie bewusst alle Dubliner und Schengener Regelungen, denn ihnen war klar, wohin sie wollten.“

ZDF: Merkel und die Flüchtlinge - Doku kommt bei Kanzlerin gar nicht gut an

Update vom 6. September: Der am 4. September ausgestrahlte Film „Stunden der Entscheidung - Angela Merkel und die Flüchtlinge“ soll bei Kanzlerin Angela Merkel nicht sonderlich gut angekommen sein. Darüber berichtet der Spiegel.

Als bedenklich werde erachtet, dass die Filmemacher und Journalisten behaupten würden, die dargestellten Ereignisse wären „absolut authentisch“. Aus Gesprächen mit Merkels Umfeld habe sich abgezeichnet, dass sich die Kanzlerin weniger über den Film freuen würde, da Fiktion und Realität nicht klar abgegrenzt wären, deutet Spiegel an. Das Dokudrama ist ein Zusammenschnitt aus von Schauspielern dargestellten Szenen und dokumentarischen Inhalten. Das ZDF macht jedoch im Vorspann des Filmes klar, dass er auf den Schilderungen unmittelbar beteiligter Personen basiere.

ZDF-Dokudrama: Merkels Darstellung soll nicht authentisch sein

Dem Bericht nach sollen Stimmen aus dem Kanzleramt konkrete Anmerkungen haben: So würde Merkel ihren Gästen Kaffee immer selbst einschenken und das nicht ihrer Büroleiterin Beate Baumann überlassen, wie es das Dokudrama darstellt. Zudem würde sie, anders als die Kanzlerin im Film, selbst meist Tee und keinen Kaffee trinken. Das sind jedoch vor allem Randaspekte.

Neben dem Spiegel will auch das Nachrichtenportal Watson brisante Kritik aus dem Kanzleramt aufgeschnappt haben. In dem ZDF-Film klärt ein Assistent Merkel über die Termine des Tages auf. Das entspreche nicht der Wahrheit, da Merkel ihren Kalender stets im Kopf hätte, heißt es. Auch im Moment ist der Terminkalender der Kanzlerin gut gefüllt - gerade befindet sich Merkel bei einem Empfang in China.

Außerdem sollen Personen aus dem Kanzleramt kritisiert haben, dass das Dokudrama Merkel müde zeige. Dabei würde die Kanzlerin sich durch Reaktionsschnelligkeit und Wachsamkeit auszeichnen. Über ihren gesundheitlichen Zustand gab es in den letzten Monaten immer wieder Redebedarf.

Menschen, die Merkel offenbar gut kennen, monieren zudem, dass die Darstellung von Merkel als Person dazu beitragen würde, dass sich die Zuschauer ein bestimmtes Bild ihres Charakters machen könnten, das womöglich gar nicht stimme.

ZDF-Dokudrama: Film über Merkel floppt

Update vom 5. September: Berlin/Mainz - Das Dokudrama „Stunden der Entscheidung - Angela Merkel und die Flüchtlinge“ war bei den Zuschauern nicht besonders gefragt. Durchschnittlich nur 1,91 Millionen Zuschauer (6,9 Prozent) verfolgten das Dokudrama über die Ereignisse am 4. September 2015, als Tausende von Flüchtlingen in Budapest beschließen, sich zu Fuß in Richtung Österreich und Deutschland aufzumachen.

Klarer Gewinner am Mittwochabend war die ARD-Komödie „Nimm du ihn“. Im Schnitt 5,12 Millionen Fernseh-Zuschauer interessierten sich ab 20.15 Uhr für die Geschichte über drei Geschwister, deren Vater nach jahrzehntelanger Abwesenheit plötzlich wieder auftaucht und ihr Leben durcheinander zu bringen droht. Der Marktanteil für das Erste lag bei 18,4 Prozent - fast jeder fünfte Zuschauer um diese Zeit. 

Auf RTL interessierten sich ab 20.15 Uhr 2,21 Millionen Zuschauer (8,1 Prozent) für die zweistündige Kuppelsoap „Die Bachelorette“, auf ZDFneo 2,12 Millionen (7,6 Prozent) für die Wiederholung des Krimis „Wilsberg: Gefahr in Verzug“ und auf Sat.1 1,27 Millionen (5,0 Prozent) für die Show „Die Unglaublichsten ... Augenblicke“.

ZDF-Dokudrama: Merkel verliert die Beherrschung - und Seehofer kommt sehr schlecht weg

Erstmeldung vom 4. September: Berlin/Mainz - Am Mittwochabend zeigt das ZDF das Dokudrama „Stunden der Entscheidung“ - es geht um den 4. September 2015, den historischen Schlüsseltag der Flüchtlingskrise vor vier Jahren. Die Zuschauer sollen einen Blick hinter die Kulissen des Kanzleramtes erhalten. Das ZDF spricht davon, „szenische Rekonstruktion und dokumentarische Elemente zu verknüpfen“.

Rückblick: Tausende Flüchtlinge durchqueren Anfang September 2015 Ungarn zu Fuß - ein "March of Hope", wie sie ihn bezeichnen. Deutschland galt als „gelobtes Land“. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban lässt den Menschenstrom gewähren - will die Asylbewerber aber schnell wieder loswerden. Es droht eine humanitäre Notlage im EU-Land - möglicherweise sogar eine gewaltsame Eskalation. 

Mit Bussen bringt er die Flüchtlinge, darunter viele Menschen aus dem kriegsgebeutelten Syrien, an die Grenze zu Österreich. Merkel steht nicht nur gesundheitlich unter Druck, ihre Regierung muss eine Grundsatzentscheidung treffen, wie sich die Bundesrepublik verhalten soll. Macht sie die Grenzen dicht? Der Film begleitet die Kanzlerin bei ihrem Entscheidungsprozess. 

ZDF-Dokudrama „Stunden der Entscheidung“: Merkel flucht ins Telefon - de Maizière beschreibt sie aber anders

Dabei ist der 88 Minuten lange Film eine Mischung aus verdichteter Fiktion und Realität. Laut ZDF basiert er auf den Schilderungen unmittelbar beteiligter Personen. So kommen unter anderem der ehemalige Vizekanzler Sigmar Gabriel und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) zu Wort. Andere Szenen werden von Schauspielern nachgestellt. Ob Merkel wirklich am Telefon die Beherrschung verloren hat an diesem Schicksalstag? Im Film flucht sie: „Scheiße, verdammt noch mal! 100 Busse?“, nachdem sie über das Ausmaß des Flüchtlingsstroms informiert wird.  

Diese Szene steht im Kontrast zu der Einschätzung ihres ehemaligen Innenministers: „In Krisensituationen wird die Kanzlerin ganz leise und sehr ruhig, körperlich fast bedächtig. Dahinter steckt dann aber ein sehr scharfer Verstand und die Möglichkeit, alles abzuwägen, soweit es die Informationen zulassen. Es ist ihre große Stärke, dann die Kraft zu haben, ihre Emotionen zu zügeln und dem Verstand das Prä zu geben.“

„Stunden der Entscheidung“ (ZDF): Seehofer geht nichts ans Telefon - und spricht auch in der Doku nicht

Ebenfalls pikant: Merkel versucht Seehofer zu erreichen, damals noch bayerischer Ministerpräsident. Doch der geht nicht an sein Telefon. „Ist mir inzwischen aber auch egal, muss er halt mit der Entscheidung leben“, entfährt es Merkel - beziehungsweise der Schauspielerin Heike Reichenwallner. Auch der echte de Maiziére geht auf diese Situation ein - und hat einen Seitenhieb für den CSU-Politiker: „Das gibt es mal in der Politik, dass man glaubt, wenn man nicht ans Telefon geht, ist man nicht Teil der Folgen einer Entscheidung.“ 

Nicht das erste Mal, dass de Maizière mit der Asylpolitik der CSU abrechnet, wie Merkur.de* berichtete. Wieso Seehofer aber tatsächlich nicht erreichbar war, bleibt unklar. Klar aber ist, nachträglich gab sich Seehofer als einer der größten Kritiker der Merkel-Entscheidung vom 4. September 2015. Die Grenzen blieben bekanntlich offen.

Merkel und Seehofer standen der ZDF-Doku nicht zur Verfügung

Horst Seehofer stand für die Dokumentation nicht zur Verfügung. Die Kanzlerin ebenfalls nicht. Angela Merkel wurde für den ZDF-Film angefragt, lehnte aber ein Interview ab.

Das Dokudrama „Stunden der Entscheidung: Angela Merkel und die Flüchtlinge“ ist am Mittwoch um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen. In der ZDF-Mediathek ist der Film ebenfalls abrufbar.

Die ARD präsentiert derweil bald einen eigenen Film über die Flüchtlingskrise und die Bundesregierung - eine Verfilmung des Bestsellers „Die Getriebenen“ von Journalist Robin Alexander.

Merkel und die Migration: Ein deutsches Missverständnis: Während den Volksparteien CDU und SPD weiter die Wähler davonlaufen, zeigt eine neue Studie, dass viele Bürger das Kernthema Migration durchaus pragmatisch sehen. Ein Merkur.de*-Kommentar von Chefredakteur Georg Anastasiadis.

Angela Merkel ist nach China gereist. Beim Empfang saß die Kanzlerin. Doch schon kurz darauf gab es Aufsehen über eine Entscheidung der chinesischen Gastgeber.

mag

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