Option 2: McLaren. Der zweite große Traditionsrennstall neben Ferrari hat ebenfalls schwierige Zeiten hinter sich. Selbst der große Fernando Alonso steuerte die Boliden aus Woking in vier Jahren nicht einmal aufs Podium, fünfte Ränge waren das höchste der Gefühle des rasanten und stolzen Spaniers. Doch zuletzt ging es merklich bergauf - was auch mit dem Motorenpartner-Wechsel zu tun hat. Statt Honda, deren Aggregate für Alonso das Hauptärgernis waren, liefert nun Renault die Power.
Derart angetrieben schoben Formel-1-Neuling Lando Norris und Carlos Sainz jr. den McLaren auf den achtbaren vierten Platz der Konstrukteurswertung - das beste Resultat seit 2012. Der Spanier wird wird nun Vettel-Nachfolger bei Ferrari. Er beendete die Saison auch dank des dritten Platzes beim vorletzten Grand Prix des Jahres in Brasilien auf Rang sechs.
Bitter für Vettel: Das freigewordene Cockpit bei McLaren ist aber bereits wieder vergeben. Daniel Ricciardo wechselt zur Saison 2021 von Renault zu den Briten.
Nachdem bekannt wurde, dass Sebastian Vettel Ferrari verlassen wird, wurde über einen Wechsel des Deutschen zu McLaren heiß diskutiert. Vettel hätte einem im Aufschwung befindlichen Rennstall weitere Expertise bescheren können. Und vielleicht hätte die um ein Jahr auf 2022 verschobene Regel-Revolution das Team ja sogar wieder in Schlagdistanz zu den großen Drei aus Mercedes, Ferrari und Red Bull gebracht. Zumal die Engländer ab kommender Saison auch wieder mit PS-Power aus Stuttgart an den Start gehen werden - diese Kombination gewann bereits drei Fahrer- und einen Konstrukteurs-WM-Titel.
Mit Andreas Seidl gibt es bei McLaren zudem bereits einen Deutschen in wichtiger Position: Der gebürtige Passauer ist der Teamchef. Auf dpa-Nachfrage wollte sich McLaren zunächst nicht zur Personalie Vettel äußern - was die Spekulationen nicht unbedingt einbremste*. Dies ist nun nicht mehr nötig: Ricciardo fährt ab 2021 zusammen mit Lando Norris für McLaren. Vettel wird sich anderweitig umsehen müssen.
Option 3: Red Bull. Für die Österreicher fuhr Vettel von 2009 bis 2014 und dominierte dabei viereinhalb Jahre lang den Rennzirkus. Mit dem Team bejubelte er 38 seiner 53 Grand-Prix-Siege. Eine Reunion der einstigen Traumkombination wird es aber ziemlich sicher nicht geben. Motorsportchef Helmut Marko hatte schon im vergangenen Herbst erklärt, Vettel habe für das Team „keine Relevanz“, nach der Vertragsverlängerung von Max Verstappen zu Jahresbeginn legte der Österreicher bei motorsport-magazin.com nach: „Durch die Verlängerung von Max kann ich mir nicht zwei Vs bei uns vorstellen. Das ist finanziell schon schwierig.“
Ohnehin setzt Red Bull seit einigen Jahren ausschließlich auf Fahrer, die in der eigenen Akademie groß geworden sind. Motto: Stars formen statt kaufen. Seit Vettels Verpflichtung 2009 wurden alle neuen Fahrer vom Schwester-Team Toro Rosso - ab diesem Jahr unter dem Namen Alpha Tauri unterwegs - übernommen. Das wird wohl auch in Zukunft so sein.
Option 4: Renault. Auch die Franzosen werden genannt, wenn es um Vettels Zukunft geht. Laut Sky Italia soll er sogar ein Angebot von Renault vorliegen haben. Dort ist nach dem Wechsel von Daniel Ricciardo zu McLaren ein Platz frei geworden. Die Verpflichtung des Australiers vor der vergangenen Saison brachte nicht die erhoffte Annäherung an die Spitze mit sich. Dementsprechend dürfte auch Vettel nur wenig Interesse an einem Engagement haben.
Mit Renault wird inzwischen zudem der zweimalige Weltmeister Fernando Alonso in Verbindung gebracht. Der 38-Jährige bestritt 2018 sein letztes Formel-1-Rennen, liebäugelte aber immer wieder mit einer Rückkehr in die Königsklasse des Motorsports. Darüber hinaus für er bereits von 2003 bis 2006 sowie von 2008 bis 2009 für die Franzosen und holte mit ihnen seine beiden WM-Titel (2005, 2006).
Option 5: Karriereende. Was zu Jahresbeginn noch undenkbar schien, könnte tatsächlich Realität werden. Hatte Vettel vor Monaten noch betont, sich jung genug für weitere Jahre in der Formel 1 zu fühlen, scheint ihn die Corona-Krise und deren Begleiterscheinungen zum Umdenken gebracht zu haben. In der Pressemitteilung zu seinem Ferrari-Abschied wird der dreifache Familienvater jedenfalls so zitiert: „Was in den vergangenen Monaten passiert ist, hat viele von uns reflektieren lassen, was im Leben wirklich wichtig ist.“
Die Situation habe sich verändert: „Ich selbst werde mir die Zeit nehmen, darüber nachzudenken, was wirklich von Bedeutung ist, wenn ich über meine Zukunft entscheide.“ Ein baldiger Entschluss ist also eher nicht zu erwarten. Auch die Erfahrungen in der wohl dennoch stattfindenden Saison werden sicher mit hineinspielen.
Allerdings gehen dem Heppenheimer allmählich die Optionen aus. Lediglich ein Platz bei Renault ist derzeit vakant. Andere Teams, wie beispielsweise Mercedes, haben aber ihre Fahrerpaarung für die Saison 2021 noch nicht bestätigt.
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mg