Noch war's das nicht für ihn. Zumal sein Ehrgeiz geweckt ist, weil es in dieser Saison oft Kritik hagelte, vom verpassten Umbruch bis hin zur angeblichen Notlösung auf dem Trainerposten mit Niko Kovac. Das habe ihm «furchtbar gestunken», gesteht Hoeneß. Er will liefern.
Bei Kovac fordert er «Geduld». Meisterschaft und Pokalsieg sind im ersten Jahr unter dem Kroaten noch möglich. «Die schlechtesten Jahre beim FC Bayern waren immer die, wenn wir auf der Trainerposition recht große Fluktuation hatten», erinnert Hoeneß. Er stärkt Kovac. «Mir hat gefallen, wie er die Mannschaft aus dem schwierigen Tal im November herausgeführt hat», äußert Hoeneß über den Nachfolger von Jupp Heynckes.
Der langjährige Kapitän Oliver Kahn (49) ist Hoeneß' Wunschlösung für die Nachfolge von Vorstandschef Rummenigge (63). «Es ist derzeit vorgesehen, dass es am 1. Januar 2020 losgeht», sagt Hoeneß zu Kahns Starttermin. Der Präsident mag es, an den zentralen Schaltstellen des Vereins Personen mit «Stallgeruch» zu installieren, «die als Spieler die DNA des FC Bayern aufgesaugt haben». So wie Kahn, Kovac oder auch Hasan Salihamidzic. «Hasan macht einen sehr guten Job», urteilt der Präsident über den Sportdirektor.
Den angeblich verpassten Umbruch bei der Mannschaft kontert der Präsident mit einem Verweis auf die deutsche Nationalelf: Beim 3:2 im Länderspiel gegen die Niederlande hätten jüngst fünf Bayern-Spieler in der Startelf gestanden, neben dem älteren Manuel Neuer (33) vier Junge: Kimmich, Süle, Goretzka und Gnabry, alle Jahrgang 1995.
«Kein anderer Verein stellte mehr als einen Spieler. Der Verein, der am meisten kritisiert wurde, dass er den Übergang nicht geschafft haben soll, erfreut beim Neuaufbau der Nationalmannschaft am meisten», sagt Hoeneß. Ihm sei es ein Bedürfnis gewesen, den Legenden Franck Ribéry (36) und Arjen Robben (35) «einen vernünftigen Abgang» in München zu ermöglichen und das Duo nicht vor den Kopf zu stoßen.
Ins Bayern-Team der Zukunft wird dennoch investiert wie nie zuvor. Beim Transfer des französischen Weltmeisters Lucas Hernández von Atlético Madrid stieß der Bundesliga-Krösus mit 80 Millionen Euro in eine neue Dimension vor. Die 100-Millionen-Marke werde aber «dieses Jahr sicherlich» nicht fallen, erklärte Hoeneß.
Ihn irritierte die Kritik am Rekordtransfer Hernández. «Vor kurzem hieß es noch, mit seiner vorsichtigen Transferpolitik habe der FC Bayern keine Chance mehr, in die Phalanx der englischen und spanischen Topclubs sowie von Paris Saint-Germain einzudringen. Jetzt liefern wir, und die Leute schreien: Wie kann man für einen Spieler 80 Millionen ausgeben? Was hätten die Leute erst geschrien, wenn wir Kylian Mbappé gekauft hätten.» Für Frankreichs jungen Weltmeister von Paris Saint-Germain schwärmt Hoeneß: «Mbappé würde ich sofort kaufen. Der Spieler ist toll. Aber für den fehlt uns das notwendige Geld.»
Meilensteine in vier Jahrzehnten als Bayern-Macher waren für ihn die rasante Entwicklung im Sponsoring und Merchandising, ebenso die deutsche Wiedervereinigung. Sie habe dem Verein eine «ganze Welle ehemaliger DDR-Bürger» als Fans und Mitglieder eingebracht. Und natürlich die Eröffnung der Allianz Arena 2005. «Das Stadion hat den FC Bayern in eine völlig neue Welt geführt. Fußballspiele sind zum Event geworden», frohlockt Hoeneß. Die Arena ist eine Goldgrube.
Bis auf die Steuergeschichte, die ihn 2014 zum Rücktritt auf Zeit von seinen Bayern-Ämtern zwang, habe er «nicht so viele gravierende Fehler gemacht», sagte Hoeneß jüngst. Während der Haftstrafe war es Vorstandschef Rummenigge, der den Verein als starker Mann antrieb, besonders in Form einer verstärkten Internationalisierung.
Nach Hoeneß' Rückkehr mussten die Bosse intern die Claims neu abstecken. Ihr Verhältnis war und ist Belastungsproben ausgesetzt. Beim rational handelnden Rummenigge ist der Schlusspunkt terminiert, beim emotionalen Bauchmenschen Hoeneß noch nicht. Aber auch er weiß: «Irgendwann müssen Karl-Heinz und ich hier die Plätze freimachen. Man darf sich nicht einbilden, dass man unersetzlich ist.»
Daten und Fakten zu Uli Hoeneß