1. Startseite
  2. Sport
  3. Fußball

Ailton denkt über Abschied nach

KommentareDrucken

Ailton denkt über das Ende seiner Fußballkarriere in Deutschland nach.
Ailton denkt über das Ende seiner Fußballkarriere in Deutschland nach. © dpa

Bingen - Der brasilianische Ex-Bundesliga-Profi Ailton denkt über einen dauerhaften Abschied aus Deutschland nach. Der exzentrische Fußballer lässt sich aber ein Hintertürchen offen.

„Wo ist denn jetzt Ailton“, quengelt ein kleiner Junge und prellt ungeduldig immer wieder seinen mitgebrachten Fußball auf den Boden. Aber der Papa des Kleinen weiß es nicht, und der Manager von Ailtons neuem Verein Hassia Bingen wusste es gut eine Stunde vor Anpfiff auch noch nicht. „Er hat gestern angerufen und gesagt, dass er noch in Berlin ist. Er hofft aber, dass er es zum Spiel schafft“, sagt Stefan Seidel mit einem milden Lächeln: „So ist er halt. Es wird nie langweilig mit Ailton.“

1998 hatte der Brasilianer seine Karriere in Deutschland bei Werder Bremen begonnen. Mit seiner trotz des runden Bauchs beeindruckend explosiven Schnelligkeit bekam er den Spitznamen „Kugelblitz“ und brachte Trainer und Vereinsbosse andauernd mit eigenmächtig verlängerten Heimaturlauben zur Verzweiflung. Er war Bundesliga-Torschützenkönig, wurde als erster ausländischer Profi in Deutschland zum Spieler des Jahres gewählt und flirtete sich im RTL-Dschungelcamp in die Herzen der Zuschauer.

Jetzt spielt der 39-Jährige bei Hassia Bingen in der sechsten Liga. Gemeinsam mit drei finanzkräftigen Sponsoren hatte der Verein Ailton im Juli verpflichtet. Medienberichte über ein sechsstelliges Jahresgehalt will Seidel nicht kommentieren. Aber ein Haus und ein Auto bekomme Ailton vom Verein gestellt. Und was hat Ailton bewogen, in die rheinland-pfälzische Provinz zu wechseln?

„Hassia Bingen ist ein kleiner Verein, macht nicht so viel Druck, spielt ganz locker - und natürlich weniger trainieren, das ist wichtig“, betont Ailton. Er habe vor allem mehr Zeit für seine Kinder Stella und Ailton junior haben wollen.

Bingen wollte mit dem Torjäger seine Offensive verstärken, das klappte aber nur bedingt: Der Verein hat den schlechtesten Angriff der Liga und liegt inzwischen auf einem Abstiegsplatz. Schuld daran ist allerdings nicht der Brasilianer, denn mit sechs von insgesamt zehn Hassia-Toren ist er Bingens bester Schütze.

Auf jeden Fall sorgte Ailton zu Saisonbeginn in Bingen für volle Stadien. „Die Besucherzahlen haben sich in den ersten Spielen unglaublich entwickelt“, sagt Manager Seidel. Zum Liga-Start seien knapp 2000 Zuschauer gekommen, danach noch einmal 1000.

Am vergangenen Sonntag gegen den Tabellenzweiten Schott Mainz sind es allerdings nur noch rund 300 Stadionbesucher. Ailton hat es zur allgemeinen Erleichterung tatsächlich noch zum Spiel geschafft, bleibt aber zunächst auf der Bank. Als er nach der Halbzeit eingewechselt wird, steht es schon 0:1 gegen seinen Club, der sich kaum aus der eigenen Hälfte befreien kann.

Ailton lässt sich allerdings nur höchstens bis zur Mittellinie zurückfallen. Dort steht der 1,75 große Ballkünstler dann meistens herum und wartet auf den tödlichen Pass. Seine Ballkontakte lassen sich so an zwei Händen abzählen. Im ganzen Spiel hat er eigentlich nur eine überzeugende Szene, dabei verwehrt ihm der Schiedsrichter einen berechtigten Strafstoß. Am Ende steht es 0:4.

Auch wenn es sportlich im Moment weniger rund läuft, aus Sicht von Seidel war Ailton bislang eine gute Investition. Er denkt schon an die nächste Saison und wie er mit günstigen Übernachtungspaketen gezielt die Fans von Ailtons Ex-Vereinen nach Bingen locken kann. Vielleicht, träumt Seidel, wird Ailton ja sogar in Bingen seine Karriere beenden.

Nur sein Stürmer ist da offenbar anderer Meinung: „Zwei, drei Monate geht noch. Solange habe ich noch die Motivation, ein bisschen Fußball zu spielen und danach muss ich nach Hause“, verrät der Südamerikaner. „In der Winterpause muss ich zurück nach Brasilien und danach ein bisschen überlegen. Vielleicht komme ich wieder, vielleicht nicht“ - typisch Ailton.

Die bizarren Rituale der Fußballstars

Ein Comeback im deutschen Fernsehen schloss der ehemalige Bewohner des RTL-Dschungelcamps dagegen nicht aus: „Klar, warum nicht, Ailton bedeutet Spaß und die Zuschauer zu Hause waren immer sehr zufrieden. Ailton im Fernseher macht immer ein bisschen Show.“

dpa

Auch interessant

Kommentare