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Sie blickten dem Tod ins Auge

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Stale Solbakken, Michael Büskens und Heiko Herrlich (v.l.)
Stale Solbakken, Michael Büskens und Heiko Herrlich (v.l.) © dpa

Köln - Stale Solbakken, Michael Büskens und Heiko Herrlich spielen mit ihren Klubs um den Auf- oder gegen den Abstieg. Dabei haben sie schon Schlimmeres erlebt: Alle drei blickten dem Tod ins Auge.

Das Wort „Schicksalsspiel“ würden Stale Solbakken, Michael Büskens und Heiko Herrlich wahrscheinlich nie in den Mund nehmen. Schicksal, das wissen sie besser als all ihre Trainer-Kollegen, ist etwas ganz anderes. Zum Beispiel, dem Tod ins Auge zu blicken und doch überleben zu dürfen. Alle drei haben das erlebt.

Im Vergleich dazu wirken sportliche Sorgen nichtig. Und das, obwohl die drei Fußball-Lehrer mit ihren Klubs vor heißen Wochen bis zum Saisonende stehen. Solbakken kämpft mit dem 1. FC Köln gegen den Abstieg aus der Bundesliga, Büskens will mit der SpVgg Greuther Fürth aus der 2. Bundesliga aufsteigen, Herrlich mit der SpVgg Unterhaching den Klassenerhalt in der 3. Liga meistern.

Als er mit dem VfL Bochum 2010 gerade gegen den Abstieg aus der ersten Liga kämpfte, sagte Herrlich mal einen bemerkenswerten Satz. Sicher habe er schon Schlimmeres erlebt, aber deshalb könne er seinen Spielern ja nicht sagen, dass es egal sei, ob sie gewinnen oder verlieren.

Als Herrlich 2000 die Diagnose „bösartiger Tumor im Mittelhirn“ bekam, war er 28, seine Frau war schwanger. Der streng gläubige Ex-Nationalspieler überlebte, berichtete aber später von Depressionen und bezeichnete sich zwischenzeitlich als „nicht gesellschaftsfähig“. Doch Herrlich fasste neuen Lebensmut und betonte stets, kein Mitleid haben zu wollen, sondern sich stets an Leistungen und Ergebnissen messen zu lassen. Im Endeffekt habe die Krankheit nicht alles andere im Leben unwichtig erscheinen lassen, ihm aber „geholfen, zu differenzieren, was wirklich wichtig ist und was nicht“.

Auch für Büskens hat sich der Blick aufs Leben verändert. Nach einem Multi-Organ-Schock lag er 2005 eine Woche lang im künstlichen Koma. Seiner Frau hätten die Ärzte bereits gesagt, „sie solle sich auf ein Leben als alleinerziehende Mutter einstellen“, sagte Büskens in einem 11Freunde-Interview: „Meine Überlebenschance lag bei fünf Prozent.“

Seine Wertevorstellungen hätten sich seitdem aber nicht komplett verändert. „Ich war immer ein sozial denkender Mensch, der nicht nur auf sich schaut“, sagte er: „Aber natürlich hat mir 2005 noch mal die Augen geöffnet.“ Dennoch stehe er weiterhin „zu Emotion und Leidenschaft, wegen meiner Liebe zu diesem Spiel“.

Nicht vergessen wird er vor allem die Liebe seiner Familie. „Ich habe mein Leben nicht komplett umgestellt, aber glauben Sie mir, ich werde nie vergessen, wer mir aus dem 'kicker' vorgelesen hat, als ich im Koma lag. Es geht im Fußball immer um Gewinnen und Verlieren, aber in dieser Zeit habe ich mit meiner Familie den wichtigsten Sieg errungen. Deshalb würde ich eine berufliche Entscheidung nie gegen meine Familie und allein für den Job treffen.

Auch Solbakken wird nicht vergessen, wer ihm 2001 zur Seite stand, als er wegen eines unbemerkt gebliebenen Herzfehlers auf dem Trainingsplatz zusammenbrach, für acht Minuten klinisch tot war und 30 Stunden im Koma lag. Dennoch bemüht er sich, ein normales Leben zu führen. „Die ersten ein, zwei Jahre nach dem Zusammenbruch war es schwierig, aber ich hatte 20 Untersuchungen gemacht und nie mehr ein Problem“, sagte er der Bild-Zeitung: „Man muss Vertrauen haben, sonst ist ein normales Leben nicht möglich - und ich habe ein normales Leben. Ich bin fit, gehe viermal die Woche joggen.“

Den Humor hat der Norweger jedenfalls nicht verloren. Als er nach dem Sieg gegen Hertha BSC jubelnd in die Kurve gerannt war, wurde er gefragt, ob er seinen Herzschrittmacher vergessen habe. „Nach neun Monaten in Köln kann mich nichts mehr schocken“, sagte er schmunzelnd. Und ergänzte später, der Herzschrittmacher müsse normalerweise alle neun oder zehn Jahre ausgetauscht werden: „In Köln könnte er aber auch nur zwei oder drei Jahre halten.“

sid

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