Erstmeldung vom 02. Februar 2020: München - Es war der Aufreger am Bundesliga-Samstag. Gladbachs Alassane Pléa flog im Topspiel gegen RB Leipzig mit einer Blitz-Ampelkarte vom Platz. In der 61. Minute empörte sich der Franzose kurz, als er keinen Freistoß für ein vermeintliches Foul von Marcel Sabitzer an ihm bekam.
Schiedsrichter Tobias Stieler ließ sich das nicht bieten und zeigte dem Torschützen zunächst Gelb. Was Pléa allerdings noch mehr auf die Palme brachte. Mit seiner abfälligen Geste als Reaktion auf die Verwarnung handelte er sich direkt die gelb-rote Karte ein.
Nicht nur Fans der Fohlen können die strenge Entscheidung überhaupt nicht nachvollziehen und laufen Sturm gegen die Regelanpassung, die den Schiedsrichtern den schnellen Griff zur Karte nahe legt.
Gehen der Bundesliga tatsächlich die Emotionen verloren? Das beklagen viele Fans und Verantwortliche schon seit der Einführung des VAR, vor allem in der Premier League. Der Videobeweis mache es unmöglich, sich ehrlich über einen Treffer zu freuen, der häufige Vorwurf. Nun raubt die neue Regelanpassung also auch noch die negativen Emotionen. Ist das ein tatsächliches Problem? Was ist Ihre Meinung?
Für manche User ist das eine klare Sache. „Zu viel des Guten“, sei es mittlerweile. Jüngst bekam schon Bremens Niklas Moisander die neue Strenge zu spüren.
Allerdings entstand die Regelanpassung nicht ohne Grund. Als Reaktion auf mehrere gewalttätige Eskalationen im Amateurfußball hatte der DFB die Verschärfung beschlossen. Die Bundesliga-Profis sollen ihrer Vorbildfunktion für Kinder und Amateurfußballer bewusst werden, so die Hoffnung des Verbands.
Genau darauf beruft sich auch Schiedsrichter Tobias Stieler, der Pléa am Samstag vom Platz und sich selbst nach der Partie den Kameras stellte. Die Referees sind dazu nicht angehalten, man kann also davon ausgehen, dass dem Juristen etwas auf dem Herzen lag.
Grundsätzlich gebe es nicht viel zu diskutieren, stellte er gegenüber den Sky-Mikrofonen klar, „ich kann nicht nachvollziehen, wenn ein Spieler eine Gelbe Karte bekommt, dass er danach immer noch abfällige Gesten macht.“
Auch für einige Fans ist die Sache klar. Pléa hätte sich zusammenreißen müssen. Außerdem muss man kein Lippenleser sein, um an den Mundbewegungen des Franzosen das Wort „Putain“ zu erkennen. Eine gängige Beleidigung im französischen Raum, die wörtliche Übersetzung ersparen wir Ihnen an dieser Stelle.
Trotzdem hat die Bundesliga sicherlich schon heftigere Ausraster erlebt. Das weiß auch Tobias Stieler, der allerdings einordnet: „Die Klubs wurden informiert, sie haben eine Vorbildfunktion - genauso wie die Spieler. Wir Schiedsrichter sind angehalten, zur Rückrunde diese Unsportlichkeiten konsequent zu ahnden. Solch ein Verhalten ist inakzeptabel, das hat absolut keine Vorbildfunktion für den Fußball - und insbesondere für den Amateurbereich nicht.“ So beschreibt er die Ampelkarte als direkte Folge der strengeren Auslegung in der Winterpause.
War die Entscheidung zu hart? War das Verhalten von Pléa respektlos? Viele Fragen, die man aus verschiedenen Standpunkten beleuchten muss. Sicherlich freut sich kein Spieler über eine Fehlentscheidung gegen ihn und die meisten Fans sehen am liebsten ein Spiel elf gegen elf.
Aber ein Schiedsrichter lässt sich ganz bestimmt nicht gerne beleidigen. Wir erinnern uns daran, dass die Debatte um gelb-rote Karten nicht erst in der jüngsten Regeländerung gebar. Nach einer irrwitzig kuriosen Ampelkarte für den damaligen Hannoveraner Szabolcs Huszti wurde schon 2012 über eine grüne Karte diskutiert.
Beim Spiel des FC Bayern München* in Mainz kam es zu einem Streit der anderen Art. Spieler und Trainer gerieten aneinander. Bei der Schuldfrage herrscht hier allerdings wohl mehr Einigkeit.
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