Der 47-Jährige mahnt im Namen der meisten Bundesliga-Fachleute an: „Es muss auch Spieler geben, die die Ellenbogen rausstrecken. Nur so, als Einheit, konnte 2014 der WM-Titel gewonnen werden.“ Und der einstige Torjäger fügt hinzu: „Wir hatten ja plötzlich keine Mittelstürmer mehr, nur noch falsche Neuner in Deutschland. Aber was ist das? Falsche Neun, falscher Hase?“
Einig sind sie sich im Verband und bei den Vereinen laut Bobic: „Man muss weiter Mut zu Veränderungen haben.“ Die US-Reise vom 2. bis 5. Dezember soll das vorantreiben. „Es ist die Aufgabe von Oliver Bierhoff und den Trainern der U-Mannschaften, die Kommunikation zu den Klubs hochzuhalten“, sagt Löw. Mit dem bisher an den ersten sieben Spieltagen erlebten Spielniveau in der Bundesliga kann der Bundestrainer sich nur mittelmäßig gut anfreunden. Diplomatisch spricht er davon, dass einige Mannschaften „stark“ spielten, andere aber „spielerisch nicht das darstellen, was wir uns vorstellen“.
Emre Can rennt sich fast ins Glück: Der Frankfurter Bub spielt gegen Argentinien erstmals in dieser Saison von Beginn an und hofft nun auf mehr Einsatzzeiten bei Juventus Turin.
Was die Zukunft angeht, besteht offenbar dringender Handlungsbedarf: Im Kader der deutschen A-Nationalmannschaft gibt es nur einen einzigen Spieler, der jünger ist als 22: Ausnahmetalent Kai Havertz (20) von Bayer Leverkusen. Und in der U21 von Stefan Kuntz findet sich lediglich ein Profi, der unangefochten Stammkraft in einem deutschen Erstligaklub ist: Dennis Geiger (21) von der TSG Hoffenheim. Das sind klare Indizien dafür, dass die Abschaffung der U23-Teams in diversen Klubs in erster und zweiter Liga (unter anderem Bayer Leverkusen, Eintracht Frankfurt, RB Leipzig) keine kluge Idee war. Denn die allermeisten Talente schaffen nicht direkt den Sprung in die Bundesliga und werden so im eigenen Klub oft im Stich gelassen.
Von Jan Christian Müller und Daniel Schmitt