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Emre Can rennt sich fast ins Glück

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Emre Can (rechts) war mal wieder ein gefragter Mann.
Emre Can (rechts) war mal wieder ein gefragter Mann. © picture alliance/dpa/Marius Becker

Der Frankfurter Bub spielt gegen Argentinien erstmals in dieser Saison von Beginn an und hofft nun auf mehr Einsatzzeiten bei Juventus Turin.

Am sehr späten Mittwochabend hat man Emre Can mal wieder lächelnd gesehen. Der Frankfurter Bub huschte nicht, wie derzeit bei seinem Arbeitgeber Juventus Turin, unbeachtet aus dem Stadion, sondern war ein gefragter Mann. 

Denn Can hatte auf einer Position, die er bislang erst selten ausgefüllt hat, eine ordentliche Partie im deutschen Nationaltrikot abgeliefert, wenngleich er den späten argentinischen Ausgleich unglücklich ins Tor abgefälschte. „Rechts in der Dreierkette habe ich für Juve letzte Saison zweimal gespielt“, berichtete er einigermaßen zufrieden. „Ich kann das, und wenn der Trainer mich da hinstellt, mach ich das gerne.“

Keine einfachen Wochen für Emre Can

Die letzten Wochen waren wahrlich nicht einfach für Emre Can. Anfang September war der 25-Jährige von Trainer Maurizio Sarri telefonisch informiert worden, dass er keinen Platz im Juve-Kader für die Champions League findet. 

Can weilte seinerzeit bei der deutschen Nationalmannschaft und tat im Interview mit der Frankfurter Rundschau seine tiefe Enttäuschung darüber kund*. Bei Sarri kam das nicht allzu gut an, aber weil Can eigentlich ein guter Junge ist, der sich in jedem Training ordentlich reinhaut, hat der Chefcoach dem türkischstämmigen Deutschen verziehen. Halbwegs zumindest; Can kam in der Liga auf bislang drei Einsätze als Einwechselspieler, viermal musste er von der Bank aus zusehen.

Emre Can wie einst die „Walz von der Pfalz“

Und jetzt stand er in seinem 23. Länderspiel für Deutschland gegen Argentinien in der Startelf. „Es war mein erster Einsatz von Anfang an in dieser Saison, es hat Riesenspaß gemacht gegen eine Weltklassemannschaft“, berichtete er danach in der zugigen Mixed Zone hinter der Haupttribüne der Dortmunder Arena fast überschwänglich. Jeder der lediglich 45.000 Zuschauer in dem fast nur bis zur Hälfte gefüllten Stadion hatte sehen können, wie motiviert Can sich an die Arbeit machte. Einmal, in der ersten Halbzeit, legte er sich den Ball fast 30 Meter vor und rannte dann wie verrückt und bedrängt von einem Argentinier hinterher. Solche Szenen hat man in der Nationalmannschaft zuletzt von Hans-Peter Briegel, der seinerzeit berühmten „Walz von der Pfalz“, in den 1980er Jahren gesehen.

„Wir haben in der ersten Halbzeit fantastischen Fußball gespielt“, lobte sich Can ein bisschen auch selbst. In der letzten halben Stunde ging dann nicht nur ihm die Puste aus, was einerseits mit fehlender Matchpraxis in seinem Fall zu tun hatte, andererseits aber auch mit einem formidablen Sprint über gut und gerne 80 Meter von rechts hinten in die zenrale Spitze bald nach dem Wechsel, diesmal ohne Ball. Kai Havertz legte perfekt vor, Can lief noch ein paar Meter, zog ab und scheiterte höchst unglücklich am klasse reagierenden argentinischen Keeper. Es wäre das 3:0 und vermutlich die Entscheidung gewesen. Statt eines Laufs ins Glück hat die Rennerei nur sehr viel Kraft gekostet. Es blieb die einzige klare deutsche Chance der zweiten Halbzeit.

Gemeinsame Initiative von DFB und DFL: Das neue Miteinander im deutschen Fußball

Emre Can will Rückenwind von Dortmund mit nach Turin nehmen

Schließlich gerieten dem gelernten Mittelfeldspieler dann noch ein paar Aktionen daneben. „Am Ende war ich ein bisschen platt, das muss ich zugeben“, sagte er und lächelte dabei fast ein bisschen entschuldigend. Er will den Rückenwind von Dortmund jetzt mit nach Turin nehmen: „Es war für mich keine einfache Zeit, aber ich glaube, dass ich mehr Einsatzzeiten bekomme, ich bin gut drauf.“ 

In einem Monat geht es dann schon wieder zurück nach Deutschland, sogar nach Frankfurt, in seine Heimatstadt, wo Deutschland am 19. November in der EM-Qualifikation auf Nordirland trifft. Wer Emre Can ein bisschen kennt, kann sich vorstellen, was es ihm bedeuten würde, dann mit von der Partie sein zu dürfen. In der Heimat, bei den Freunden und der Familie, dort, wo er vor vier Jahren sein erstes Länderspiel (ein 3:1 gegen Polen) absolvieren durfte.

Von Jan Christian Müller

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