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Union-Papier für Reformen sorgt für Aufsehen

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Das sechs Seiten fassende Dokument wurde von Union-Präsident Dirk Zingler ausgearbeitet. Foto: Britta Pedersen
Das sechs Seiten fassende Dokument wurde von Union-Präsident Dirk Zingler ausgearbeitet. Foto: Britta Pedersen © Britta Pedersen

Ligen aufstocken, Playoffs einführen, Anstoßzeiten ändern: Mit einem sechs Seiten langen Positionspapier hat Union Berlin Reformen im deutschen Fußball angemahnt. Was davon ist wirklich umsetzbar?

Frankfurt/Main (dpa) - Die drei höchsten deutschen Fußball-Ligen auf 20 Mannschaften aufstocken und von der DFL organisieren lassen, die Meisterschaft in der 2. und 3. Liga wieder mehr belohnen, die Leihspieler begrenzen:

Mit Vorschlägen in einem sechs Seiten langen Positionspapier hat Zweitligist Union Berlin in der Vorwoche für Aufsehen gesorgt. Was wäre in naher Zukunft wirklich umsetzbar? Und welche Thesen entsprechen den Wünschen der Fans?

THESE: Die drei Profiligen sollen von 18 auf 20 Teams aufgestockt werden.

MEINUNGEN: Das Thema Ligengröße steht bei den Anhängern derzeit nicht im Fokus. «Ich sehe das nicht als einen der Kernpunkte, um näher am Fan zu sein», sagte Jochen Grotepaß von der Interessengemeinschaft «Unsere Kurve» der Deutschen Presse-Agentur. Auch bei den Vereinen stößt die Idee nicht gerade auf Begeisterung. «Ich bin spontan auch kein Freund von der Idee, die Liga aufzustocken», sagte Gladbachs Manager Max Eberl, der das Papier von Union Berlin als «eher kontraproduktiv» bezeichnete.

BEWERTUNG: Hilft nicht weiter

FAKTEN/EINORDNUNG: Eine Aufstockung würde zwar zusätzliche Einnahmen bringen, aber auch deutlich mehr Spiele. Jeder Bundesligist hätte 38 statt 34 Ligaspiele pro Saison. Die Folgen wären mehr Englische Wochen, eine kürzere Winterpause oder ein früherer Saisonstart. Doch die Bundesligisten hadern schon jetzt mit dem straffen Terminplan. Andererseits: Alle weiteren großen Ligen (Spanien, England, Italien, Frankreich) spielen längst mit 20 Teams.

THESE: Von der 2. bis zur 4. Liga soll es künftig einen direkten Aufsteiger geben

MEINUNGEN: Dieses Thema wurde mit Blick auf die Regionalliga immer wieder diskutiert. «Das halte ich für gefährlich - das ist aber meine ganz persönliche Meinung. Wir haben heute schon das Problem mit stark subventionierten Vereinen, die den Aufstieg erzwingen wollen», sagte Grotepaß. Der finanzielle Kampf könnte sich durch die geringere Zahl an direkten Aufsteigern weiter erhöhen.

BEWERTUNG: Macht in der Regionalliga Sinn

FAKTEN/EINORDNUNG: Vor allem für Zweitligisten würde sich daraus die Gefahr ergeben, dass der Weg in die Bundesliga noch schwieriger wird. Schon in den vergangenen Jahren setzte sich in der Relegation stets der Bundesligist durch. In der fünfgleisigen Regionalliga hat der DFB schon mit einer Übergangslösung reagiert: Dieses Jahr steigen erstmals vier Drittligisten ab. Doch das reicht noch nicht: Dass manche Meister der Regionalliga direkt aufsteigen und andere noch einmal Relegation spielen müssen, ist ungerecht und dem Fan nicht vermittelbar.

THESE: Im deutschen Profifußball sollen Playoffs eingeführt werden

MEINUNGEN: Dieser Vorschlag kommt immer wieder. Stuttgarts Michael Reschke forderte die Playoffs für einen spannenderen Kampf um die Meisterschaft, Union will nun die Aufstiegs-Playoffs. «Mit einem Playoff kommt wieder ein Spannungsgehalt in die Bundesliga rein. Fakt ist, dass die Meisterfrage wieder völlig offen wäre», hatte Reschke bei Sky betont. Grotepaß meint: «Ich fände mehr direkte Aufsteiger besser. Dann hätte man mehr Bewegung in den Ligen.»

BEWERTUNG: Zeitlich schlecht machbar

FAKTEN/EINORDNUNG: Der Fußball-Kalender ist schon mit 34 Spieltagen, DFB-Pokal, Europapokal und Länderspielen ziemlich voll. Ein sinnvolles Format für Playoffs liegt bislang nicht auf dem Tisch. Bei einfachen K.o.-Spielen würde der Faktor Glück zu großen Raum einnehmen, für längere Playoff-Serien wie beim Eishockey oder Basketball ist keine Zeit. Da immer nur bestimmte Teams in den Playoffs antreten, würden diese Teilnehmer deutlich stärker belastet werden als der Rest der Liga.

THESE: Der Gehaltsetat der Vereine soll genauso begrenzt werden wie die Anzahl an Leihspielern

MEINUNGEN: Viele Fans, denen immer höhere Summen immer schwerer zu vermitteln sind, befürworten dies. Die Vereine haben bei einer Einführung Sorge vor einen massiven Schwächung im internationalen Vergleich. «Da würden sich die anderen vier Topligen in Europa ins Fäustchen lachen», sagte Leipzigs Trainer Ralf Rangnick. Das weiß auch Grotepaß. Er meint, dass eine Einführung nur europaweit Sinn machen würde.

BEWERTUNG: Die Vereine werden sich nicht selbst schwächen

FAKTEN/EINORDNUNG: Da die Fußballclubs in Deutschland eigenständige Unternehmen sind, müssten sie sogenannte «Salary Caps» (Gehaltsbeschränkungen) selbst einführen. Das würde nicht nur wie von Rangnick geschildert zu einer internationalen Schwächung führen, sondern auch die aktuellen Vorteile der finanzkräftigsten Clubs aus der Bundesliga schmälern. Dazu wird es nicht kommen. Eine Begrenzung an Leihspielern könnte da eher ein interessantes Modell sein.

THESE: Die Anstoßzeiten in den Profiligen sollen wieder mehr den Wünschen der Fans angepasst werden

MEINUNGEN: Vielen Anhängern stoßen inzwischen sieben verschiedene Anstoßzeiten plus Englische Wochen in der Bundesliga sauer auf. Sie sind für eine Kernspielzeit. «Und wenn man Spiele am Freitagabend hat, dann müssen die Entfernungen so sein, dass die Fans auch dahin reisen können», sagt Fan-Vertreter Grotepaß. Mainz-Sportdirektor Rouven Schröder warnte vor einer weiteren Zersplitterung des Spielplans. «Wir müssen die Zuschauer ernst nehmen, sonst spielen wir irgendwann vor leeren Rängen», sagte er dem «Kicker».

BEWERTUNG: Ist unrealistisch

FAKTEN/EINORDNUNG: Das Höchste der Gefühle dürfte für die Fans eine Erhaltung des Ist-Zustandes sein. Auch wenn schon protestiert wurde (Stimmungsboykott, leere Tribünen am Montag), reisen die Anhänger auch zu Auswärtsspielen am Freitag oder Montag meist in Scharen. Die DFL schafft mit den zusätzlichen Anstoßzeiten attraktive TV-Sendeplätze. Und hat im Gegensatz zu anderen Ligen noch nicht Liga-Spiele oder den Supercup ins Ausland verkauft. «Wir werden niemals ein Pflichtspiel außerhalb Deutschlands spielen», hatte DFL-Boss Christian Seifert dazu versichert.

Positionspapier von Union Berlin

Widerstand gegen das Positionspapier

DFL-Statuten

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