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Eher authentisch als intim: Deutsche Fußballerinnen präsentieren sich auf Instagram

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Immer online: Die Nationalspielerinnen, hier Giulia Gwinn, sind vorwiegend auf Instagram aktiv.
Immer online: Die Nationalspielerinnen, hier Giulia Gwinn, sind vorwiegend auf Instagram aktiv. © dpa

Die Social-Media-Aktivitäten der deutschen Fußballerinnen sind ein wichtiger Faktor zur Gewinnung eines neuen Zielpublikums.

Die Videosequenz müsste vor dem WM-Viertelfinale Deutschland gegen Schweden (Samstag 18.30 Uhr/ ARD) doch ein Mutmacher sein: Dzsenifer Marozsan schlenzt mit wenigen Schritten Anlauf den Ball gekonnt in den Winkel. Was Zuschauer beim Training der deutschen Fußballerinnen nicht sehen können, zeigt ihr Instagram-Account „10maro10“. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg stellte auf derselben Plattform Fotos von einem privaten Ausflug ein. „Day off. Ich habe den freien Tag genutzt, um mir das wunderschöne Küsten-Städtchen Sain Malo etwa 70 Kilometer nördlich von Rennes anzuschauen.“ In der Pressekonferenz hatte die Trainerin ihre Freizeitgestaltung („Ich plane etwas“) zuvor noch offen gelassen.

Soziale Netzwerke sind zunehmend wichtiger geworden, um neue Zielgruppen zu erschließen. Deswegen arbeitet Sabrina Dirks seit November 2017 als Socia-Media-Managerin in der Kommunikation Frauen- und Mädchenfußball. Die 34-Jährige hat früher in den U-Nationalteams („Einige Lehrgänge zusammen mit Lena Goeßling“) und beim SC Sand in der Zweiten Frauen-Bundesliga gespielt. Die Fachwirtin Kommunikation ist für die Präsenz der DFB-Frauen und die Kampagne #NichtOhneMeineMädels zuständig.

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Sie erstellt selbst Aufnahmen, sichtet Videos und Bilder und bedient damit auch die Spielerinnen. „Ich selektiere und verteile aber nur. Was sie veröffentlichen, entscheiden sie eigenverantwortlich.“ Instagram hat dabei Facebook klar verdrängt. Dort gibt es einen leichten Überhang am weiblichen Follower, die meisten sind unter 34 Jahren.

Melanie Leupolz hat die meisten Instagram-Follower

Dirks bearbeitet Beiträge und Storys zwar ohne eine quantitative tägliche Vorgabe, aber: „Der Nutzer soll mit uns aufstehen und schlafen gehen.“ Dafür wird hochwertiges Videomaterial teils eigens produziert, jeder Quartierwechsel ist beispielsweise dokumentiert. Oder auch ein Schlechtwettereinbruch. Da können Lena Oberdorf oder Sara Doorsoun „Singin‘ in the Rain“ unter einem Regenschirm trällern. Für alles gibt es Grenzen: Zu intim sollen die Einblicke eben auch nicht sein.

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Weil jetzt das öffentliche Auge auf die DFB-Frauen gerichtet ist, kann der Zuspruch in Einzelfällen explodieren. Wie bei Giulia Gwinn, die mit ihren Follower-Zahlen (116.000) gerade durch die Decke schießt. Nur Melanie Leupolz (143.000) hat noch mehr.

„Ich mache alles selbst, dahinter steckt keine Agentur“, sagt die deutsche Social-Media-Queen Leupolz (25). Shootingstar Gwinn (19) spricht von einer Wertschätzung. „Ich bin gerne auf Instagram und poste gerne. Das ist eine schöne Nebensache. Da liegt aber nicht mein Fokus drauf.“ Die Einzige ohne Instagram-Account ist aus Überzeugung Torhüterin Almuth Schult (28), die deswegen unter einem eigenen Hashtag (#AlmuthOhneInsta) aufgezogen wird. Auch Ersatzspielerin Johanna Elsig (26) weigerte sich lange, „dann ist sie eingeknickt“, erzählt Dirks.

Dem Team folgen aktuell 109.000 Instagram-Nutzer. Das sind immerhin mehr als doppelt so viele wie vor Turnierbeginn. Zum Vergleich: Bei der Männer-Nationalmannschaft sind es 2,6 Millionen. Aber Zahlen sind für Dirks nicht die entscheidende Bezugsgröße. „Mein Ziel ist es, die Mannschaft zu charakterisieren. Sie soll sympathisch und authentisch sein. Wenn Sara Däbritz fünf Minuten nach Spielende einen Post veröffentlicht hätte, wüsste jeder, der ist nicht von ihr.“

Follower bei Instagram: Melanie Leupolz 143.000, Giulia Gwinn 116.000, DFB-Frauen 109.000, Sara Däbritz 104.000, Dzsenifer Marozsan 69.000, Alexandra Popp 50.900, Johanna Elsig 8100, Martina Voss-Tecklenburg 6300, Almuth Schult 0 (kein Account) (Stand 27. Juni 2019)

Vergleiche zu anderen Nationen hält sie nur für bedingt aussagekräftig. „Spanien ist uns am nächsten: nett und nahbar.“ Weltmeister auch in dieser Kategorie: Die USA mit 1,4 Millionen Follower, die hier gerne Doppelpass mit Sponsoren spielen, für die Reichweite ein entscheidendes Kriterium ist. Allein Superstar Alex Morgan folgen mehr als sechs Millionen. Dirks ist zufrieden mit den Abrufen beim deutschen Team: Vom 20. Mai bis 18. Juni hätten sich 18,2 Millionen die Beiträge, 11,6 Millionen die Storys angeschaut. Ein Renner war beispielsweise ein „Kölle-Alaaf“-Video, bei dem Kapitänin Alexandra Popp tanzend ins Teamhotel einkehrte. Generell sind aber die Zugriffszahlen während eines Spiels am höchsten. Der so genannte Second Screen erlangt parallel zur Fernsehübertragung bei der Smartphone-Generation große Bedeutung.

Den Vorwurf, dass solche Plattformen nur Heile-Welt-Stimmung vorgaukeln würde, entkräftet die deutsche Social-Media-Beauftragte mit einem Versprechen: „Ich werde die Mannschaft auch nach einer Niederlage so darstellen wie sie ist. Dass wir beim Ausscheiden die Kommunikation wie andere Verbände fast abrupt abbrechen und uns verabschieden, wird es bei uns nicht geben.“ Danke und Tschüss wäre nach so reger Tätigkeit auch ein bisschen wenig.

Von Frank Hellmann

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