1. Startseite
  2. Sport
  3. Fußball

„Angewidert von ihm als Mensch“: Fußball-Trainerin erhebt schwere Vorwürfe gegen Fifa-Boss

KommentareDrucken

Gianni Infantino soll einen unfassbaren Vergewaltigungsskandal nur halbherzig aufgeklärt haben.
Gianni Infantino soll einen unfassbaren Vergewaltigungsskandal nur halbherzig aufgeklärt haben. © dpa / Sebastian Gollnow

Kelly Lindsey, Trainerin der afghanischen Frauen-Fußball-Nationalmannschaft erhebt nach dem schier unbegreiflichen Missbrauchsskandal schwere Vorwürfe gegen Gianni Infantino.

Lyon - Während die Fußball-WM der Frauen in vollem Gange ist, nutzt Kelly Lindsey, ehemalige US-Nationalspielerin und heutige Trainerin von Afghanistan, die Gunst der Stunde um auf einen abscheulichen Skandal aufmerksam zu machen. 

Am Mittwoch hatte Jordaniens Prinz Ali Bin Al Hussein zu einer Pressekonferenz geladen. Das Thema ein schier unfassbarer Missbrauchsskandal, der hierzulande kaum Beachtung fand.

Missbrauchsskandal in Afghanistan: Fifa stößt bei Ermittlungen auf Unbegreifliches

Über Jahre hinweg sollen hochrangige Funktionäre des afghanischen Verbands ihre Nationalspielerinnen sexuell missbraucht und vergewaltigt haben. Kaum zu glauben, dass dieser Vorwurf noch übertroffen wird.

Das Fußballmagazin 11Freunde spricht von Vergewaltigungs-Orgien, schwer verletzten, traumatisierten Spielerinnen und einer Art Casting-Couch, auf der die Frauen vergewaltigt und blutend liegen geblieben lassen wurden. Kaum zu begreifen: die Erkenntnisse stammen aus Ermittlungen von Fifa und afghanischen Behörden. Trotzdem ist seit dem kaum etwas passiert. 

Fifa deckt Vergewaltigungen auf und es passiert fast nichts

Nach dem Bekanntwerden dieses abscheulichen Skandals, erwartete man einen radikalen Eingriff in die Personalstruktur der Afghanischen Fußball-Föderation (AFF). Doch der große Knall blieb aus, afghanische Insider sprachen schon damals von einem Desinteresse der Fifa. 

Systematischer Missbrauch im afghanischen Verband: Fifa schasst nur den Präsidenten

Der Verband hatte die Gräueltaten der Funktionäre aufgedeckt. Doch anstatt so durchzugreifen, wie man es erwarten durfte, wurde außer AFF-Präsident Keramuddin Karim niemand für die Arbeit im Fußball gesperrt.

Für die amerikanische Trainerin der afghanischen Auswahl, Kelly Lindsey, gibt es einen Hauptschuldigen dafür, Gianni Infantino. „Ich bin angewidert von ihm als Mensch und als Anführer unseres Sports“, macht die 39-Jährige ihrer Bestürzung Luft, „sie haben gegen keinen anderen als den Präsidenten ermittelt. Sie haben nur die oberste Schicht angekratzt.“

Und das obwohl die afghanische Regierung eine restlose Aufarbeitung des Skandals anstrebte. Während die Fifa nichts weiter unternahm, befreite die Generalstaatsanwaltschaft fünf Mitglieder der AFF von ihren Posten. 

Der Fall wurde im Land sogar von allerhöchster Stelle zur Priorität erklärt: „Das ist ein Schock für alle Afghanen. Mangelnder Respekt gegenüber unseren jungen Athleten ist nicht hinnehmbar. Ich will, dass die Staatsanwaltschaft die Fälle genau untersucht. Ich dulde kein unmoralisches Verhalten“, zitierte Deutsche Welle Afghanistans Präsidenten Ashraf Ghani.

„Angewidert von ihm als Mensch“: Kelly Lindsey schießt heftig gegen Gianni Infantino

Warum die Fifa nicht weiter ermittelte, ist nicht zu erklären. Schließlich sollen dem Verband konkrete Namen im Vergewaltigungsskandal genannt worden sein. „‘Dare to shine‘“, zitiert Lindsey das Fifa-Motto der Frauen-WM, frei übersetzt: Traue dich zu strahlen, „und dann lassen Sie (Gianni Infantino) diese Dunkelheit und all diese Dinge hinter den Kulissen stattfinden und kehren sie unter den Teppich und lassen Personen, Menschen in einem Spiel leiden, das wir alle lieben?“

Die Affäre um das Nichtstun des Verbandspräsidenten lassen für die Amerikanerin nur einen Schluss zu: „Er sollte nicht Präsident der Fifa sein, finde ich. Ich respektiere die Frauen-Weltmeisterschaft, ich respektiere, was die Fifa für den Fußball tut. Aber ich respektiere die Art und Weise nicht, mit der zurzeit regiert wird. Wir haben ihnen die klare und prägnante Möglichkeit gegeben, das Richtige zu tun und zu zeigen, dass sie Integrität besitzen“, prangert sie die ausbleibenden Ermittlungen an. Böse Zungen würden behaupten, dass Infantino als Fifa-Präsident auf Verbündete in den Landesverbänden baut, die er durch einen radikalen Schnitt nach dem Missbrauchsskandal in Afghanistan allesamt verloren hätte und das der Grund für die Apathie des Verbandes ist. 

Unterstützt wird Lindsey von Prinz Ali Bin Al Hussein, dem ehemaligen Vize-Präsidenten der Fifa. Er rief die Kampagne „Fearless Football“ ins Leben, die nicht nur auf Missstände aufmerksam machen möchte, sondern darüber hinaus waltende Institutionen von einer Null-Toleranz-Politik bezüglich der Diskriminierung von Frauen und Mädchen, zu überzeugen. 

Laut CNA haben schon bekannte Fußballer wie Robert Pires, Jamie Carragher, Kelly Smith und Gerard Houllier die Petition der Kampagne unterzeichnet, die die Verwaltungsorgane zum Handeln bringen will. 

mb

Auch interessant

Kommentare