Gündogan: (lacht) Ich glaube, man kann einfacher gönnen, wenn man von Anfang an weiß, dass man eh keine Chance hat, den Titel zu gewinnen. Aber wenn man ganz genau weiß, dass man in der Lage ist, den Titel zu gewinnen, die notwendige Qualität dafür hat, die Saison entsprechend läuft und man immer oben mit dabei ist, dann ist es extrem schwer, jemand anderem den Titel zu gönnen. Ob ich Klopp das gönne? Das ist schwer zu sagen. Es sind ein paar Jahre vergangen, seit ein Team in der Premier League den Titel verteidigen konnte. Das ist fast zehn Jahre jetzt her. [Manchester United, 2008/09]. Deswegen wäre es natürlich schön, wenn wir das schaffen würden, daher ist es schwierig zu gönnen. Das ist keine Missgunst, denn Missgunst ist nicht schön. Aber wenn wir den Titel selber gewinnen können, wollen wir das auch. Wenn wir dann am Ende der Saison ehrlich sagen müssen, ein anderes Team war besser in der Premier League, dann akzeptieren wir das. Bis dahin ist es allerdings noch ein langer Weg.
Frage: In der Champions League geht es für Sie im Achtelfinale gegen den FC Schalke. Ist das ein Traumlos für Sie?
Gündogan: Ja, das ist ein sehr schönes Los, weil man zurück nach Hause kommt und die Möglichkeit hat, wieder mal gegen eine deutsche Mannschaft zu spielen. Gerade wenn man im Ausland spielt, bekommt man nicht oft die Möglichkeit, nach Hause zu fliegen, deswegen ist es umso schöner. Ich freue mich sehr, wieder mal in Gelsenkirchen zu spielen. Und es wird ein schönes Gefühl sein, dort aufzulaufen.
Frage: Ihr Teamkollege Raheem Sterling hat sich nach dem Auswärtsspiel beim FC Chelsea über rassistische Beleidigungen beschwert. Welche Erfahrungen haben Sie in England bisher mit Rassismus gemacht?
Gündogan: Ehrlich gesagt: Gar keine. Gerade in Manchester ist das Leben für mich sehr multikulti, also sehr international. Ich finde den Umgang hier sehr entspannt und sehr angenehm. Deswegen hat uns das, was bei dem Spiel in London passiert ist, sehr überrascht. Das ist etwas, was nirgendwo vorkommen sollte. Leider Gottes gibt es das nach wie vor, nicht nur im Fußballstadion, sondern auch im normalen Leben da draußen.
Frage: 2018 war ein turbulentes Jahr für Sie, wie fällt ihr Fazit insgesamt aus?
Gündogan: Die Gesundheit ist am wichtigsten, deshalb bin ich froh, dass ich 2018 ohne größere Verletzungen überstanden habe. Dass ich sehr viele Trainingseinheiten machen konnte und sehr viele Spiele spielen durfte. Das sollte man im Rückblick nie vergessen. Es wird oft zu wenig wertgeschätzt, dass man gesund bleibt. Was den Erfolg angeht, bin ich mit dem Club sehr zufrieden. Mit Meisterschaft und Ligapokal haben wir im Sommer ein sehr schönes Jahr gekrönt, auch wenn vielleicht etwas mehr drin war. Bei der Nationalmannschaft gibt es natürlich deutlich Steigerungspotenzial. 2018 war für uns sehr, sehr enttäuschend. Da müssen wir uns für 2019 mehr vornehmen, um den Ansprüchen wieder gerecht zu werden.
ZUR PERSON: Ilkay Gündogan (28) spielt seit 2016 für Manchester City. Mit den Citizens wurde er in der vergangenen Saison englischer Meister. Zuvor gewann der gebürtige Gelsenkirchener mit Borussia Dortmund 2012 das Double. Für die deutsche Nationalelf bestritt er 29 Spiele.