Im Kontrollgremium des Hamburger SVs wurde zumindest nicht darüber gesprochen. Vielmehr lag der Fokus darauf, schonungslos über die angespannten HSV-Finanzen zu diskutieren. Die von Finanzvorstand Frank Wettstein vorgelegten Zahlen sollen besorgniserregend sein und selbst dem kühnsten Optimisten kein Lächeln auf die Lippen gezaubert haben. Hatte der 46-jährige Wirtschaftsprüfer vor nicht allzu langer Zeit noch verlauten lassen, dass die Rothosen auch für weitere Saisons in der 2. Liga gut aufgestellt wären*, scheint sich das Blatt mittlerweile gewendet zu haben.
Nicht zuletzt die zu erwartenden Mindereinnahmen durch die Geisterspiele, ein Resultat der Coronavirus-Sars-CoV-2-Krise, und die durch den verpassten Aufstieg verloren gegangenen TV-Millionen veranlassen den HSV zum Sparen. Es wurde bereits offen kommuniziert, dass für die Saison 2020/2021 mit einem Mannschaftsetat von 23 Millionen Euro geplant werden soll (zuvor waren es 30 Millionen Euro). Doch selbst diese Summe steht nun auf dem Prüfstand.
Entscheidend ist, wie schnell ein adäquater Ersatz für den scheidenden Hauptsponsor Emirates und Stadionsponsor Klaus-Michael-Kühne gefunden ist. Letzterer engagiert sich seit zehn Jahren als Investor beim HSV und verfügt über die Namensrechte des Volksparkstadions. Jedoch plant er seinen Ausstieg bei den Hamburgern. Erweitert werden soll hingegen eventuell die Geschäftsstelle, und zwar um ein drittes Vorstandsbüro. Wie das „Abendblatt“ berichtet (hinter Bezahlschranke), gibt es sowohl Befürworter als auch strikte Gegner der Überlegung, die Stelle des erst im März entlassenen Bernd Hoffmann neu zu besetzen.
Wettstein und HSV-Sportvorstand Jonas Boldt, der sich mit etlichen Transfergerüchten konfrontiert sieht, sollen grundsätzlich für ein Bestehen der bisherigen Zweierkonstellation plädieren. Die Entscheidungsgewalt, einen möglichen dritten Vorstand zu benennen, liegt aber in den Händen des fünfköpfigen Aufsichtsrats. Dieser besteht aus dem Vorsitzenden Marcell Jansen, seinem Vertreter Andreas Peters sowie Markus Frömming, Felix Goedhart und Michael Krall. Trotz einer angeblich harmonisch verlaufenden Sitzung am Abend des 12. Julis, droht dem HSV abermals hausgemachter Streit. Erst unlängst hatte Ex-Präsident Jürgen Hunke eine Generalkritik der obersten Güteklasse vom Stapel gelassen* und sich Investor Kühne vorgeknöpft.
Dieses Mal heißen die Kontrahenten HSV-Präsident Marcell Jansen und Vizepräsident Thomas Schulz. Doch was ist der Hintergrund des Disputs? Schulz gehörte dem „Team Hoffmann“ an und unterstützte Bernd Hoffmann bei dessen Präsidentschaftswahlkampf 2018. Jansen wiederum wird zuhauf vorgeworfen, entscheidend an der Entlassung des 57-Jährigen im März dieses Jahres beteiligt gewesen zu sein. Daraufhin zog Schulz umgehend die Konsequenzen und trat aus dem Aufsichtsrat der HSV-AG zurück.
Mittlerweile wurde das Feuer zwischen den beiden HSV-Verantwortlichen neu entfacht. Jansen wird ein enger Draht zum HSV-Investor Kühne nachgesagt, der von vielen Fans mehr als kritisch beäugt wird. Demgegenüber steht Schulz, der als Gegner des Hamburger Unternehmers gilt. Nach einer konstruktiven, für den Hamburger SV fruchtbaren Zusammenarbeit klingt diese Konstellation also längst nicht mehr. Mit Blick auf die kommende Mitgliederversammlung werden beim HSV e.V. schon diverse Gedankenspiele abgehalten.
Nach Informationen des „Abendblatts“ wird erwägt, ein Misstrauensvotum gegen Schulz zu stellen. Ob dieser kommentarlos klein beigeben würde, steht jedoch auf einem anderen Blatt Papier geschrieben. Schriftlich fixiert ist hingegen die Zusammenarbeit zwischen dem FC St. Pauli* und Timo „Schulle“ Schultz, der zum Chefcoach des Kiezvereins aufgestiegen* ist. Der 42-Jährige ist bereits seit 15 Jahren im Verein aktiv, bringt ordentlich Stallgeruch mit und soll den sprichwörtlichen Schalter am Millerntor umlegen. Ein Reset fußballerischer Art würde mit Sicherheit auch dem HSV gut zu Gesicht stehen. * 24hamburg.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.