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Lahm-Appell an Löw - Entscheidung bei Vorabtreffen?

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Philipp Lahm
Philipp Lahm rät Bundestrainer Joachim Löw zu einem anderen Umgang mit den DFB-Spielern. Foto: Armin Weigel/dpa © Armin Weigel

Jetzt richtet auch Philipp Lahm deutliche Worte an Joachim Löw. Die Debatte um die Zukunft des Bundestrainers wird dadurch nicht leiser. Im Gegenteil. Vieles bleibt offen, zum Beispiel, wer überhaupt über eine Beurlaubung entscheiden könnte.

Freiburg (dpa) - Diese unmissverständliche Botschaft von Joachim Löws einst wichtigstem Spieler dürfte auch im beschaulichen Breisgau angekommen sein.

Denn wenn Philipp Lahm sich schon öffentlich äußert, dann mit Bedacht und deutlich. Und die Worte des Weltmeister-Kapitäns von 2014 lesen sich wie eine Ermahnung an den angezählten Bundestrainer. «Ich habe schon nach der WM 2018 gesagt, dass Jogi Löw seine Ansprache an diese Generation anpassen muss. Es liegt jetzt am Bundestrainer, seine Spieler von der Leine zu lassen», schrieb der 37-Jährige in einem Gastbeitrag für die «Sport Bild». Es klang so, als hätte Löw ihm vor zwei Jahren nicht richtig zugehört.

Die Stimmung um den in der Kritik stehenden Coach kippt seit Tagen, und das nicht gerade zu Löws Gunsten. Während der 60-Jährige sich in seiner Freiburger Wahlheimat zurückzieht, sickern immer mehr Details zu einem für ihn brisanten Fahrplan durch. Zunächst kündigte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Montag seine Präsidiumssitzung am 4. Dezember als Rapport-Termin an - allerdings ohne Löw. Am Mittwoch schrieb nun die «Bild», dass der Bundestrainer sich schon vorab mit DFB-Boss Fritz Keller, Vizepräsident Peter Peters und DFB-Direktor Oliver Bierhoff treffen werde.

Der Coach selbst schweigt seit Tagen. Aber was soll er auch sagen? Die öffentlichen und nicht-öffentlichen Diskussionen laufen nach dem 0:6-Debakel in Spanien auch ohne neuen Wortbeitrag auf Hochtouren. Erst gönnte der DFB in seiner äußerst kühlen Mitteilung vom Montag «dem Bundestrainer die zeitliche und emotionale Distanz», um bis kurz vor dem Nikolaustag die kritische Lage seiner Mannschaft aufzuarbeiten. Der Name «Löw» fehlte. Und nun meldet sich auch noch sein einstiger Vertrauter Lahm, der dem Bundestrainer unter anderem empfiehlt: «Er muss sich vor Augen halten, welche Verantwortung er selbst trägt.»

Zu den vielen Merkwürdigkeiten gehört auch, dass nicht einmal eindeutig geklärt scheint, wer über Trennung oder Weiterbeschäftigung formal zu entscheiden hätte. In der mehr als 50 Seiten langen DFB-Satzung steht zwar, dass das 18-köpfige Präsidium (dem Lahm beisitzt) die «Personalauswahl» auch hinsichtlich des Bundestrainers zu treffen habe. Zwei Seiten später steht aber auch, dass für die «Personalangelegenheiten» etwa des Bundestrainers der Präsidialausschuss zuständig ist. Diesem Gremium gehören neben Keller und Peters auch Vizepräsident Rainer Koch, Generalsekretär Friedrich Curtius und Schatzmeister Stephan Osnabrügge an.

Es macht die Sache nicht leichter, dass das Verhältnis zwischen Keller und Curtius zerrüttet ist. Aber es passt ins Bild einer undurchsichtigen Debatte. Ob Löw diese Entwicklungen verfolgt? Mit der ihm eigenen Gelassenheit? Dabei ist nicht gesichert, was er selbst will. Sein Vertrag läuft bis einschließlich der Winter-Weltmeisterschaft 2022 in Katar. Nach der ernüchternden WM 2018 hatte er sich bewusst für einen Neustart mit einer jungen Spielergeneration entschieden. Der Rückschlag in Spanien setzte aber auch ihm spürbar zu.

Der ehemalige Nationaltorwart und künftige Bayern-Chef Oliver Kahn äußerte sich in der Debatte um Löw zurückhaltend. «Zunächst einmal haben wir Vertrauen in die handelnden Personen beim DFB. Die machen sich im Moment sehr, sehr viele Gedanken. Wir gehen mal davon aus, dass dort jetzt die aktuelle Situation richtig aufgearbeitet wird und dass dann dementsprechend Entscheidungen gefällt werden», sagte Kahn im TV-Sender Sky vor der Champions-League-Partie des FC Bayern München gegen RB Salzburg. «Das aus der Distanz zu beurteilen, ist nicht ganz einfach.»

Und wenn Löw geht? Wer folgt dann? Mögliche Kandidaten wie Jürgen Klopp (FC Liverpool), Julian Nagelsmann (RB Leipzig), Thomas Tuchel (Paris Saint-Germain) oder Hansi Flick (FC Bayern) stehen allesamt bei Topclubs unter Vertrag. U21-Nationaltrainer Stefan Kuntz wäre zumindest eine denkbare Übergangslösung. Eine Trennung vom Langzeit-Trainer könnte den DFB derweil auch finanziell schwer treffen. Denn dann müsste möglicherweise eine happige Abfindung an den Großverdiener fließen. In Zeiten der Corona-Pandemie dürfte die Verbandsführung auch darüber nachdenken.

© dpa-infocom, dpa:201125-99-453825/5

DFB-Satzung

DFB-Mitteilung vom Montag

BILD-Artikel zum DFB-Fahrplan

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