Nach seiner Freilassung habe Platini erschöpft gewirkt und gesagt: „Das hat lange gedauert, aber angesichts der Vielzahl an Fragen musste es lange dauern, da man mir Fragen zur EM 2016 (in Frankreich) gestellt hat, zur Weltmeisterschaft in Russland (2018), zur WM in Katar, zur FIFA.“
Letztlich sei „viel, viel Lärm um nichts“ gemacht worden, beklagte Platinis Anwalt William Bourdon laut AFP, nachdem sein Mandant kurz vor 1 Uhr nachts wieder auf freien Fuß gesetzt worden war.
Neben dem einstigen Fußball-Nationalspieler vernahmen die Anti-Korruptions-Ermittler in Nanterre bei Paris laut französischen Medienberichten auch Sophie Dion, eine frühere Sport-Beraterin des Ex-Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy (2007 - 2012). Ebenfalls angehört, aber nicht formal in Gewahrsam genommen, wurde demnach der frühere Élysée-Generalsekretär Claude Guéant, der unter Sarkozy diente.
Der Polizeigewahrsam ist bei Anhörungen zu Finanzuntersuchungen in Frankreich keine Seltenheit. „Die Ermittler wollten aus technischen Gründen, ausschließlich technischen, dass die Personen angehört werden, damit sie sich nicht untereinander absprechen können“, betonte Platinis Anwalt. „Wir sind beide ruhig und blicken zuversichtlich in die Zukunft.“ Platini hatte die Vorwürfe schon am Dienstag zurückgewiesen und über seinen Berater wissen lassen, dass er sich „nichts vorzuwerfen“ habe. Folgerichtig sei er auch nicht verhaftet worden.
Französischen Medien zufolge geht es bei den seit 2016 laufenden Ermittlungen zur umstrittenen WM-Vergabe nach Katar unter anderem um Bestechungsverdacht. Im Fall Platini interessieren sich die Ermittler laut der üblicherweise gut informierten Online-Plattform „Mediapart“ für dessen Treffen im Élyséepalast am 23. November 2010 mit dem damaligen Präsidenten Sarkozy und dem heutigem Emir von Katar, Tamim bin Hamad. Kurz danach wurden am 2. Dezember 2010 die WM-Turniere 2018 an Russland und 2022 an Katar vergeben.
Update vom 18. Juni, 19.05 Uhr: Noch am frühen Abend war aus dem Lager von Michel Platini zu hören gewesen, dass man sich angesichts der Korruptionsvorwürfen gegen den ehemaligen Uefa-Präsidenten „zuversichtlich“ zeige und sich der Franzose laut seinem Berater „nichts vorzuwerfen habe“.
Nun aber hat sich Ex-FIFA-Präsident Sepp Blatter erneut zu der Causa Platini geäußert und den 63-Jährigen schwer belastet. „Ich kann nur das wiederholen, was ich schon gesagt und geschrieben habe. Platini hat mich angerufen und mir gesagt, dass er eine Unterhaltung mit Nicolas Sarkozy im Élysée hatte und dass er und seine Freunde aus nationalen wirtschaftlichen Interessen für Katar stimmen könnten“, sagte Blatter der französischen Zeitung „L'Equipe“ und bekräftigte damit seine Vorwürfe.
Update vom 18. Juni, 16.28 Uhr: Nach seiner Vernehmung im Rahmen der Korruptionsuntersuchungen rund um die Vergabe der Fußball-WM 2022 an Katar hat der ehemalige UEFA-Präsident Michel Platini erneut jegliche Schuld von sich gewiesen. Platini habe "sich nichts vorzuwerfen und absolut nichts falsch gemacht", heißt es in einer über seinen Anwalt William Bourdon verbreiteten Erklärung: "Michel Platini ist gelassen und präzise, er beantwortet alle Fragen. Auch jene zur Vergabe der EURO 2016, und er hat nützliche Erläuterungen gegeben." Er sei auch nicht "verhaftet", sondern lediglich als "Zeuge vernommen" worden.
Erstmeldung vom 18. Juni, 10.52 Uhr: Paris - Anfang Juni ätzte Michel Platini noch gegen FIFA-Präsident Infantino und brachte sich damit selbst wieder ins Gespräch - nun steht der Franzose ungewollt im Mittelpunkt. Es geht mal wieder um die umstrittene WM-Vergabe an Katar.
Der für alle Fußballaktivitäten gesperrte frühere UEFA-Präsident Platini ist laut einem Agenturbericht von der französischen Polizei in Gewahrsam genommen worden. Hintergrund sei eine Ermittlung zu der umstrittenen WM-Vergabe nach Katar, berichtete die französische Nachrichtenagentur AFP am Dienstag unter Berufung auf namentlich nicht genannte Justiz-Quellen. Die zuständige Staatsanwaltschaft war drei Tage vor Platinis 64. Geburtstag zunächst nicht für eine Bestätigung zu erreichen.
Platini war von der FIFA-Ethikkommission 2015 zunächst für acht Jahre für alle Fußball-Aktivitäten gesperrt worden, der Bann wurde später auf vier Jahre reduziert. Grund war eine dubiose Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken, die er 2011 von Ex-FIFA-Chef Joseph Blatter erhalten hatte. Laut Blatter und Platini handelte es sich um eine verspätete Honorarzahlung für Platinis FIFA-Arbeit in den Jahren 1998 bis 2002.
Laut Medien wird der ehemalige Kapitän der französischen Nationalmannschaft in den Räumlichkeiten der Anti-Korruptions-Abteilung der Kriminalpolizei im Pariser Vorort Nanterre verhört. Es bestehe der Verdacht der „aktiven und passiven Korruption“.
Platini galt vor seiner Sperre als Favorit auf die Nachfolge von Blatter als FIFA-Präsident. Nach seinem Ausschluss setzte sich überraschend sein ehemaliger enger Vertrauter Gianni Infantino bei der Wahl zum Weltverbands-Boss durch. Platinis Sperre läuft im Oktober 2019 aus. Ob der ehemalige Weltklasse-Spieler wieder in die Sportfunktionärswelt zurückkehren kann, ist nun offener denn je.
Währenddessen läuft in Platinis Heimat die Frauen-WM - Deutschland steht nach drei Siegen in der Gruppenphase im Achtelfinale. Bei der U21-EM in Italien und San Marino ging am Montag der Stern eines DFB-Spielers endgültig auf.
*tz.de ist Teil des deutschlandweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks
sid