Borussia-Kapitän Marcel Schmelzer war nach dem Hinspiel gegen Frankreichs Tabellenführer noch immer fassungslos: «Das ist und das darf nichts Normales werden. Man darf nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Ich denke immer noch, dass die Zeit viel zu kurz war, um das Geschehene zu verarbeiten.» Alle, Coach und Spieler, wären gern gefragt worden, «weil es uns passiert ist und nicht den Leuten, die in einem Büro entschieden haben, dass gespielt wird».
Tuchel und seinen Profis ist klar, dass es im Fußball vor allem um Kommerz und um Dauerunterhaltung für Millionen geht. Da bleibt für menschliche Aspekte fast nichts übrig: «Wir haben zu funktionieren», stellte der Coach nüchtern fest. Eine Vorstellung davon, wie lange die psychische Belastung des Attentats nachwirkt, hat der BVB-Mann angesichts der «absoluten Ausnahmesituation» nicht: «Ich denke nicht, dass es dafür ein Rezept oder eine Zeitschiene gibt.»
Nicht nur Nuri Sahin war zutiefst betroffen und geschockt: «Diese Gesichter in diesen Minuten in dem Bus - die werden mich ein Leben lang begleiten.» Schrecklich sei das gewesen, und man hätte verstehen müssen, was die Menschen, die sich in dem Bus befanden, durchgemacht und erlebt hätten. «Und hier ein Zeichen zu setzen mit Fußball - das ist sehr, sehr weit entfernt von meinem Verständnis.»
Für Tuchel und die BVB-Verantwortlichen tut sich nun eine Herausforderung auf, die alle massiv in Anspruch nehmen wird. Ein Experte «für solche Extremsituationen» wird hinzugezogen, wie Tuchel ankündigte. Und der Alltag soll helfen, denn Tuchel habe schnell gemerkt, «dass uns das Training gut tut, dass uns das Training ablenkt». Und auch das erste Viertelfinale gegen Monaco war «Ablenkung von der Verarbeitung».
Tuchel will, dass seine Profis den Weg zurück zur Normalität und auch zum Spaß am Fußballspielen finden. «Und mit maximalem Ehrgeiz» - aber jeder dürfe das auf seine eigene Weise tun. Denn, das hatte der 43-Jährige schon zuvor betont: Fußball besäße keine Wertigkeit, wenn es um Dinge wie Gesundheit, ein friedliches Leben oder selbst um das tägliche Essen gehe. Eines aber möchte Tuchel tun: «Nicht jedes Spiel in den großen Sinnzusammenhang bringen. Dann können wir aufhören.»
Was wir wissen und was nicht: Der Stand der Ermittlungen im Fall Dortmund.
dpa/fn