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Neuer Machtfaktor ECA - Darum gewinnen Clubs an Einfluss

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Karl-Heinz Rummenigge ist Vorsitzender der Interessenvertretung European Club Association ECA. Foto: Leszek Szymanski
Karl-Heinz Rummenigge ist Vorsitzender der Interessenvertretung European Club Association ECA. Foto: Leszek Szymanski © Leszek Szymanski

Stockholm (dpa) - Europas Top-Clubs sind so mächtig wie nie. Bei den kommenden großen Fußball-Turnieren fließt deutlich mehr Geld als je zuvor in die Kassen.

Fast 200 Millionen Euro pro WM-Turnier von der FIFA und Mitspracherechte bei der Terminplanung, angeblich mindestens 200 Millionen Euro für die übernächste EM von der UEFA und dazu noch Sitz und Stimme in deren Exekutivkomitee. Europas Fußball-Vereine haben über ihre Interessenvertretung European Club Association ECA unter dem Vorsitz von Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge wirtschaftliche Rekord-Deals erreicht. Die Stimmung dürfte blendend sein bei der ECA-Generalversammlung am Montag und Dienstag in Stockholm.

Wieso aber zahlen die internationalen Fußball-Verbände plötzlich so viel mehr Geld für die Abstellung der Spieler für die Turniere, nachdem es mit den Club-Vertretern lange regelmäßig Streit gab?

«Das war die Zeit des Unverständnisses, der Konflikte, der Drohungen. Ich bin überzeugt, dass nun die Zeit der Reife, der Weisheit, des gegenseitigen Vertrauens und der Vernunft gekommen ist», sagte UEFA-Präsident Michel Platini beim Kongress vergangene Woche in Wien.

Warum haben Europas Top-Clubs plötzlich so viel Macht?

FIFA und UEFA stehen nicht im Verdacht, freiwillig Geld zu verschenken. Schon gar nicht an die Vereine, mit denen sie früher um jeden Spieltermin und die Abstellung der Stars kämpfen mussten. Die Indizien für den Wandel deuten daraufhin, dass mit den neuen Entschädigungsregelungen Kritik an neuen Turnierformaten wie dem Winter-Termin für die WM 2022 in Katar oder der europäischen Nationenliga von 2018 an verhindert werden soll. In Europa ist auch das einstige Szenario einer möglichen Revolte der Spitzenclubs mit der Gründung einer eigenen Kontinentalliga definitiv vom Tisch. Durch ihre Champions League generierte die UEFA 2014 mit 1,4 Milliarden Euro rund 82 Prozent ihrer Einnahmen. Ohne Top-Clubs wäre das nicht möglich.

Was steckt eigentlich hinter der ECA?

Die ECA wurde 2008 als Nachfolger der sogenannten G14-Gruppe und des Europäischen Club Forums gegründet. Sie versteht sich mit ihren 214 Mitgliedern als einzige Interessenvertretung der europäischen Clubs. Zu den 16 Gründungsmitgliedern gehörte aus der Bundesliga nur der FC Bayern. Mittlerweile sind neben den Münchnern auch Borussia Dortmund, Schalke 04, der VfB Stuttgart und Werder Bremen ordentliche Mitglieder. Sogenannte assoziierte Mitglieder sind zudem Bayer Leverkusen, Eintracht Frankfurt, der Hamburger SV, Borussia Mönchengladbach und der VfL Wolfsburg.

Wer profitiert von den Millionen-Zahlungen?

Nach der WM 2014 bekam der FC Bayern für die Abstellung von 14 WM-Spielern mit 1,46 Millionen Euro den größten Betrag. Die ECA verweist aber darauf, dass die Entschädigung für alle Vereine von Nutzen ist, die Spieler für Turniere abstellen - oder solche Profis bis zu zwei Jahre zuvor unter Vertrag hatten. Gezahlt wird pro Tag, die der Spieler im Turnier ist. 2014 wurden rund 65 Millionen Euro an weltweit 396 Vereine ausgeschüttet - 23 davon kamen aus Deutschland. Auch für die kommenden Turniere soll dieser Verteilungsschlüssel gelten.

Karl-Heinz Rummenigge in der UEFA-Exekutive - passt das überhaupt?

Bayern-Boss Rummenigge soll als ECA-Chef in die UEFA-Exekutive einziehen - so der angebliche Plan. Der einstige DFB-Kapitän wäre nach Verbandschef Wolfgang Niersbach der zweite Deutsche in diesem Gremium. Rummenigges Name fiel schon mehrfach, wenn es um deutsche Kandidaten für FIFA- und UEFA-Gremien ging. Da wollte der Münchner aber nie hin. Als Vertreter der Spitzenclubs sieht das offenbar anders aus. Dann könnte er sich als genuiner Gesandter der Top-Clubs wie seines FC Bayern verstehen und müsste auf übergreifende Interessen keine Rücksicht nehmen.

Wer beschließt die Erweiterung der UEFA-Exekutive?

Hinter verschlossenen Türen wurde offenbar schon verhandelt. Eine Aufstockung des UEFA-Exekutivkomitees kann aber nur der Kongress des Kontinentalverbandes beschließen. Die nächste Sitzung des höchsten UEFA-Gremiums findet am 23. März 2016 in Budapest statt. Bis dahin könnten die ECA-Vertreter als kooptierte Mitglieder aufgenommen werden. Im September steht die nächste Sitzung des sogenannten Exekutive Top Programmes auf Malta an - dort dürften die formalen Grundlagen gelegt werden. Hoffnungen auf mehr Einfluss können sich neben der ECA auch die Vereinigung der Profiligen EPFL und die internationale Spielergewerkschaft FIFpro machen. «Die Interessenträger dürfen in keinem Fall als Gegner angesehen werden. Wie ich gerade gesagt habe: Sie sind Partner. Und ich denke auch, dass die Zeit gekommen ist, ihnen, oder zumindest einigen von ihnen, den Platz zuzugestehen, den sie verdienen», sagte Platini.

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