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"Revolution" für den Transfermarkt in Italien

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Ciro Immobile gehörte vor seinem Wechsel zum BVB zwei Clubs.
Ciro Immobile gehörte vor seinem Wechsel zum BVB zwei Clubs. © dpa

Rom - Hunderte Transfers in einem Jahr, oft dubiose Verstrickungen und schwierige Wechsel-Verhandlungen - das alles soll in Italien bald der Vergangenheit angehören.

Als Borussia Dortmund im vergangenen Sommer Ciro Immobile verpflichtete, musste der Bundesligist gleich mit zwei Clubs verhandeln: Der Serie-A-Torschützenkönig gehörte je zur Hälfte Meister Juventus Turin und dem FC Turin. Ein in Italiens Fußball weit verbreitetes Modell - mit tiefgreifenden Folgen für den Transfermarkt und die wirtschaftlichen Strukturen der Clubs. An diesem Donnerstag wird das Modell der Co-Eigentümerschaft endgültig abgeschafft. Für die italienischen Medien ist das nicht weniger als eine „Revolution“.

Vereine müssen sich auf Verhandlungsmarathon einstellen

Bis Donnerstagabend müssen die Clubs alle Fälle der sogenannten „Comproprietà“ lösen. Das bringt für die viele Vereine einen Verhandlungsmarathon - am Dienstag waren laut „Gazzetta dello Sport“ noch 69 Profis betroffen, darunter auch prominente Namen wie Radja Nainggolan. Der belgische Mittelfeldspieler läuft für den AS Rom auf, gehörte jedoch zur Hälfte noch seinem Ex-Club Cagliari Calcio.

Nach mehr als 50 Jahren hatte Italiens Verband FIGC im vergangenen Mai die Abschaffung der Co-Eigentümerschaft beschlossen, die es in keinem anderen europäischen Land gibt. Viele Clubs wehrten sich damals gegen die Entscheidung. „Eine Epoche geht zu Ende und es wird nicht leicht für die Clubs, sich dem europäischen Leben anzupassen“, urteilte die Zeitung „Tuttosport“. Der damalige FIGC-Präsident Giancarlo Abete bezeichnete den Schritt als „richtig und mutig“.

Den Clubs hatte die „Comproprietà“ jahrelang Schummeleien und undurchsichtige Geschäfte ermöglicht. Fällige Ablösesummen konnten verzögert, Spieler hin- und hertransferiert oder verliehen werden, um Netto-Gewinne für die Bilanzen zu schaffen. „Die Comproprietà ist über Jahre aufrechterhalten worden, weil sie das Transfersystem gestützt und eine Reihe von Transfers ermöglicht hat, die ansonsten unerreichbar gewesen wären“, kommentierte der „Corriere dello Sport“.

Hin- und Hergeschiebe soll ein Ende haben

Die Folgen für den italienischen Transfermarkt lassen sich an den Zahlen ablesen: Während die Seite transfermarkt.de für die deutsche Bundesliga für die Saison 2014/15 etwa 277 Ab- und 276 Zugänge auflistet, sind es für die Serie A 1119 Ab- und 1130 Zugänge. Bei Profis, die zwei Vereinen gehören, wird jeder Wechsel doppelt gezählt, was das System zusätzlich aufbläht. Viele Clubs setzen zudem auf den Ankauf zahlreicher junger Talente, die dann verliehen werden. Das Hin- und Hergeschiebe von Profis gehört zum Tagesgeschäft.

Wohin dieses System führen kann, zeigt der Fall FC Parma: Der Club betrieb ein exzessives Transfergeschäft, schönte Bilanzen und verzockte sich: Im März wurde der Club für bankrott erklärt, muss im kommenden Jahr in der Amateurliga neu anfangen. Doch der gesamte italienische Fußball ächzt unter einer gigantischen Schuldenlast, allein die 20 Serie-A-Clubs waren in der Saison 2013/14 mit insgesamt 1,7 Milliarden Euro verschuldet. Ihre Lizenzen bekamen einige Vereine nur mit Tricksereien - auch begünstigt durch die „Comproprietà“.

dpa

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