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Schalkes Neustädter will zur EM - mit Russland

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Roman Neustädter, FC Schalke 04, Russische Nationalmannschaft, EM 2016, Europameisterschaft
Will mit Russland zur EM: Schallkes Roman Neustädter. © dpa

Moskau/Gelsenkirchen - Bundesliga-Profi Roman Neustädter wartet auf einen russischen Pass. Der Schalker kann dann für den Gastgeber der WM 2018 auflaufen.

Es ist ein bemerkenswerter Wechsel in politisch schwierigen Zeiten. Der deutsche Fußball-Profi Roman Neustädter will künftig für Russland spielen und hat in Moskau einen Pass beantragt. „Im März sind die nächsten Länderspiele. Wenn meine Leistungen stimmen, könnte es sein, dass ich eine Einladung bekomme“, sagt der Verteidiger vom Bundesligisten FC Schalke 04. Die Meldung macht seit Tagen in Moskauer Medien die Runde, gelegentlich mit Hinweis auf die aktuelle Ost-West-Krise. Der Wechsel sei vor dem Hintergrund der Konflikte in der Ukraine und Syrien durchaus spektakulär, heißt es dann - zumal der zweimalige deutsche Nationalspieler in der Ukraine geboren sei.

Schritt hat nur sportliche Gründe

Neustädters Schritt hat sportliche Gründe, keine politischen. Seine Herkunft aus der damaligen Sowjetunion und seine russlanddeutschen Wurzeln öffnen Neustädter die Tür zur Sbornaja. Ziel ist die Teilnahme an der Europameisterschaft in Frankreich im Sommer. „Damit würde ein Traum in Erfüllung gehen“, schwärmt der 27-Jährige. Das gilt auch für Russlands Sportminister Witali Mutko. Seit Jahren beißt sich der Vertraute von Präsident Wladimir Putin die Zähne aus auf der Jagd nach deutschen Talenten mit sowjetischem Hintergrund.

Doch ob Andreas Beck, Alexander Merkel, Konstantin Rausch oder Andreas Wolf: Der Lockruf aus Moskau war vergeblich. Nun soll es aber klappen - und statt des Bundesadlers wird Neustädter wohl bald den Doppeladler auf der Brust tragen. Schon Russlands damaliger Fußball-Nationaltrainer Dick Advocaat sprach 2011 davon, dass er von der deutschen Talentförderung profitieren möchte.

Neustädter kein Einzelfall

Auch der Italiener Fabio Capello, Vorgänger des aktuellen Sbornaja-Coachs Leonid Sluzki, forderte vom russischen Fußballverband die Einbürgerung von Talenten. Der Kontakt des Verbands mit Neustädter soll über Capellos Landsmann, dem ehemaligen Schalker Trainer Roberto Di Matteo zustande gekommen sein.

Neustädters „Trikottausch“ fällt in eine Zeit, in der Russland mit der Staatsbürgerschaft auch Politik betreibt. Demonstrativ überreichte Putin in jüngster Zeit Ausweise an den französischen Schauspieler Gérard Depardieu, den US-Boxer Roy Jones junior und den italienischen Judo-Olympiasieger Ezio Gamba.

Einen Ausweis erhielt auch der Brasilianer Guilherme - er soll 2018 bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland im Tor der Gastgeber stehen. Dem US-Geheimdienst-Enthüller Edward Snowden, der in Moskau untergetaucht ist, soll ebenfalls ein Pass angeboten worden sein.

Laut Verfassung entscheidet der russische Präsident über die Erteilung der Staatsbürgerschaft. So erhielt inmitten des Streits um gegenseitige Wirtschaftssanktionen der deutsche Milchproduzent Stefan Dürr, der in Russland arbeitet, einen neuen Pass. Beobachter werteten dies auch als politische Geste des Kremlchefs, die zeigen soll, dass Moskau im Streit mit dem Westen nicht isoliert ist.

Etwas Ähnliches könnte in den Staatsmedien mitschwingen, sollte Neustädter den russischen Pass erhalten - möglicherweise auch noch um den 28. Geburtstag des Spielers am 18. Februar herum. Es würde aber nicht den Nerv der russischen Fans treffen. In Internet-Blogs äußern sie Stolz und Freude, dass ein bekannter Fußballer aus der Heimat des amtierenden Weltmeisters in ihr Land wechselt. Politik spielt gar keine Rolle, auch der Ukraine-Konflikt nicht.

Neustädter, der 2012 und 2013 zwei Länderspieleinsätze in der DFB-Elf hatte, könnte mit seinem Schritt das gute Verhältnis zwischen Russland und Deutschland weiter festigen, meint Ex-Nationalspieler Kevin Kuranyi. Er wechselte 2010 von Schalke nach Russland, allerdings nicht die Staatsbürgerschaft: Der jetzige Hoffenheimer spielte fünf Jahre bei Dynamo Moskau - als Deutscher.

dpa

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