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Die Werder-Helden von 2009: Zwischen Weltruhm und Versenkung

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Noch hat keiner die Hand am „Pott“, aber gleich: Diego, Hugo Almeida und Co. warten darauf, den DFB-Pokal endlich anfassen zu dürfen.
Noch hat keiner die Hand am „Pott“, aber gleich: Diego, Hugo Almeida und Co. warten darauf, den DFB-Pokal endlich anfassen zu dürfen. In den folgenden Jahren hat es das Team von Werder Bremen in alle Winde zerstreut. © imago images / Laci Perenyi

Bremen – Diego dribbelt. Er geht an ein, zwei Gegenspielern vorbei, passt den Ball schließlich links raus zu Mesut Özil. Ballannahme, einmal kurz aufgeschaut und abgezogen: Aus spitzem Winkel trifft der Bremer an diesem 30. Mai 2009 zum 1:0 für Werder Bremen.

Es ist der Goldene Treffer im DFB-Pokal-Finale gegen Bayer Leverkusen. Werder holt den „Pott“! Zehn Jahre sind seither vergangen, und wie man mittlerweile weiß, war der Pokaltriumph auch das Ende einer großen Werder-Ära. Diego verließ den Club, Frank Baumann beendete seine Karriere. Was die Finalhelden von damals heute machen? Elf der 18 Spieler aus dem Kader sind immer noch aktiv.

Startelf

Tim Wiese (heute 37 Jahre): Held bei Werder, Absahner bei 1899 Hoffenheim, Wrestler, Fleischberg, „The Machine“, Schauspieler im ARD-WM-Club, Ideengeber für eine TV-Spielshow – Wiese ist ein bisschen in Richtung zweibeiniges Zirkuspferd abgedriftet, aber fast immer sympathisch dabei. Der Ex-Keeper genießt das Leben und macht, was Spaß bringt. Glückwunsch!

Clemens Fritz (38): Stieg bei Werder zum Kapitän und Ehrenspielführer auf, befindet sich mittlerweile in der Ausbildung zum Fußball-Manager und jettet aktuell durch die USA. Auftrag: Eindrücke sammeln, Kontakte knüpfen. Bei Werder wird er zu Sportchef Baumanns linker Hand (und Nachfolger?) aufgebaut.

Sebastian Prödl (31): Sehnsuchtsziel England: Prödl, beim Pokalsieg noch 21 Jahre alt, hat es 2015 erreicht. Beim FC Watford sind die Zeiten für ihn aber schwierig geworden, der Innenverteidiger ist dort nach guten Jahren auf dem Abstellgleis gelandet. Eine Luftveränderung steht an.

Naldo (36): Der Brasilianer hat in der Bundesliga eine Bilderbuchkarriere hingelegt. Werder, Wolfsburg, Schalke – alles prima. Doch der Wechsel zur AS Monaco zu Jahresbeginn war keine gute Entscheidung. Naldo spielt dort keine Hauptrolle mehr, ist auch längst im Spätherbst seiner Karriere angelangt. Aber er hat bereits angekündigt, wie Claudio Pizarro auch mit 40 Jahren noch spielen zu wollen: „Das ist auf jeden Fall eine Motivation für mich.“

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Tim Wiese, der Entertainer: Der Ex-Torwart von Werder Bremen stieg im November 2016 einmal für die WWE als Wrestler in den Ring.
Tim Wiese, der Entertainer: Der Ex-Torwart von Werder Bremen stieg im November 2016 einmal für die WWE als Wrestler in den Ring. © imago images / Jan Huebner

Sebastian Boenisch (32): Der Linksverteidiger ist in der Versenkung verschwunden. Beim österreichischen Zweitligisten Floridsdorfer AC hielt er sich zuletzt fit, jetzt steht er kurz vor einem Engagement beim polnischen Zungenbrecher und Zweitligisten Podbeskidzie Bielsko-Biala. Es wäre das Ende einer seit 2017 laufenden Vereinssuche. Bis 2012 spielte Boenisch noch bei Werder, verzockte sich dann in den Vertragsgesprächen, war vereinslos, heuerte bei Bayer Leverkusen an, war wieder vereinslos und spielte noch mal ein Jahr bei 1860 München in Liga zwei.

Frank Baumann (43): Karriereende nach dem Pokalsieg. Kapitän Baumann reckte den Pott in die Höhe und trat ab. Aber dann: Comeback auf der Fußball-Bühne als Sportchef und Geschäftsführer des SV Werder. Der 43-Jährige hat die Bremer Mannschaft gemeinsam mit Coach Florian Kohfeldt wieder salonfähig gemacht.

Torsten Frings (42): Bis 2011 spielte er noch bei Werder, dann ließ er die Zeit als aktiver Profi beim FC Toronto in Kanada ausklingen. Danach Rückkehr zum SV Werder als Co-Trainer von Viktor Skripnik, anschließend Chefcoach bei Zweitligist Darmstadt 98. Doch die Karriere als Trainer stockt. Seit eineinhalb Jahren ist der ehemalige Vorkämpfer ohne Job.

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Mesut Özil, der Weltstar: 2014 wurde das frühere Ausnahmetalent von Werder Bremen mit Deutschland Weltmeister.
Mesut Özil, der Weltstar: 2014 wurde das frühere Ausnahmetalent von Werder Bremen mit Deutschland Weltmeister. © imago images / Laci Perenyi

Mesut Özil (30): Der Schütze des 1:0 im Finale ist nach seiner Werder-Zeit zum Weltstar aufgestiegen. Drei Jahre bei Real Madrid machten ihn zu einem ganz Großen, seit sechs Jahren spielt Özil nun beim FC Arsenal in London, 2014 wurde er mit Deutschland Weltmeister. Özil auf dem Zenit! Doch mittlerweile kann von Weltstar nicht mehr die Rede sein. Özil (30) ist durch seinen Rücktritt aus der DFB-Elf und den heiß diskutierten Begleitumständen die Beliebtheitsleiter runtergepoltert.

Diego (34): Er feierte einen goldenen Abschied von Werder. Diego wechselte nach dem Finale zu Juventus Turin, gewann 2014 mit Atletico Madrid in Spanien den Titel und stand im Champions-League-Finale. Und dennoch blieb der Eindruck zurück, dass der Hochbegabte nicht das Optimum aus seiner Karriere gemacht hat. Diego ist 34 Jahre alt, Haare und Bart sind angegraut, aber Fußball spielt er immer noch – bei Flamengo Rio de Janeiro in der Heimat Brasilien. Vor einem Jahr war er noch sauer, dass er nicht mit zur WM durfte. Heißt: Das Feuer in ihm lodert weiter.

Update vom 25. Juli 2019: Nach einem Horror-Foul in der Copa Libertadores könnte Werder-Legende Diego das Karriereende drohen.

Claudio Pizarro (40): Schon 2009 mit 30 Jahren eine Werder-Legende. Aber er spielt und trifft immer noch. Wahnsinn!

Hugo Almeida (35): Der Mann, der in jedem Western den Bösewicht spielen könnte, blieb noch bis 2011 bei Werder, dann schoss er wie eine Flipperkugel durch Europa. Istanbul, Cesena, Krasnodar, Machatschkala, Hannover, Athen, Split zuletzt Academica Coimbra in Portugals zweiter Liga – kaum ein Jahr, in dem der Stürmer nicht den Club wechselte. Nun läuft der Vertrag bei Academica aus, und die Karriere ist mit 35 Jahren möglicherweise am Endpunkt angekommen.

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Hugo Almeida, der Reisende: Der Stürmer tingelte nach seinem Abschied von Werder Bremen durch Europa, (bisher) letzte Station: Academica Coimbra.
Hugo Almeida, der Reisende: Der Stürmer tingelte nach seinem Abschied von Werder Bremen durch Europa, (bisher) letzte Station: Academica Coimbra. © imago images / GlobalImagens

Eingewechselt

Peter Niemeyer (35): Für ihn hat schon die zweite Laufbahn begonnen. Niemeyer ist neuer Co-Trainer beim niederländischen Erstliga-Aufsteiger Twente Enschede, bei dem einst auch seine Profi-Karriere gestartet war. Die hatte in dem DFB-Pokaltriumph ihren Höhepunkt. Weitere Besonderheit: Niemeyer wurde mit Hertha BSC zweimal Zweitliga-Meister (2011 und 2013). Außer für die Berliner und die Bremer spielte er auch noch für Darmstadt 98 in der Bundesliga. (Update: Im Juli 2020 begann Peter Niemeyer als neuer Sportdirektor von Preußen Münster.)

Alexandros Tziolis (34): Der Grieche kickte nur ein halbes Jahr für den SV Werder, absolvierte in dieser kurzen Zeit aber 27 Pflichtspiele in drei Wettbewerben. Im Pokalfinale kam er drei Minuten vor Schluss für Özil in die Partie. Nach der Saison kehrte Tziolis zu Panathinaikos Athen zurück – es war der Startschuss für eine Tingeltour, die sogar noch die von Hugo Almeida übertrifft. Tziolis spielte seither in neun Clubs und acht verschiedenen Ländern – zuletzt bei Al-Feiha’a in Saudi Arabien. Dort läuft der Vertrag des mittlerweile 34 Jahre alten Mittelfeldspielers in diesem Sommer aus.

Markus Rosenberg (36): Der Pizarro von Malmö! Rosenberg ist noch aktiv, verlängert bei seinem Heimatclub Malmö FF Saison für Saison den Vertrag. Vielleicht ist am Jahresende Schluss für den smarten Schweden, vielleicht aber auch nicht.`

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Auf der Bank

Petri Pasanen (38): Vor drei Jahren hat der coole Finne die Fußballschuhe in die Ecke gestellt. Seither kümmert er sich vor allem um seine sechs Kinder und tritt im finnischen Fernsehen als Fußball-Experte auf.

Christian Vander (38): Vom treuen Ersatztorwart zum Erfolgstorwarttrainer – Vander ist einen guten Weg gegangen bei Werder Bremen. Im Trainerteam um Chefcoach Kohfeldt ist er der Torwart-Beauftragte. Und in Jiri Pavlenka hat Vander einen echten Diamanten in der Hand.

Aaron Hunt (32): Gute Zeiten, schlechte Zeiten – Hunt könnte ein Drehbuch für eine Fußball-Soap schreiben. Goldenen Werder-Jahren folgte 2015 noch ein Pokalsieg mit dem VfL Wolfsburg – aber dann: Wechsel zum HSV, Abstieg, verpasster Wiederaufstieg. Hunt ist zu einem Teil des Hamburger Desasters geworden.

Martin Harnik (31): 21 Jahre war er jung, als Werder den Pokal gewann. Es folgte eine Karriere in der österreichischen Nationalmannschaft und ein Weg, der ihn aus Bremen über Düsseldorf, Stuttgart und Hannover wieder nach Bremen führte.

Pokal-Sieger, aber nicht im Final-Kader: Nico Pellatz, Sebastian Mielitz, Per Mertesacker, Dusko Tosic, Daniel Jensen, Jurica Vranjes, Boubacar Sanogo

Ein Pokalsieg ist das was war, ein neuer Stadionname ist das, was sein wird. Werder Bremen hat die Namensrechte vom Weserstadion verkauft.

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