1. Startseite
  2. Werder

Hoffenheims Ex-Bremer Florian Grillitsch im Interview: „Ich habe immer gehofft, dass Werder die Kurve kriegt“

KommentareDrucken

Florian Grillitsch schaut in die Ferne
Florian Grillisch trug von 2013 bis 2017 das Trikot des SV Werder Bremen. Am Sonntag trifft der Hoffenheimer auf seinen Ex-Club. © Andreas Gumz

Sinsheim – Von 2013 bis 2017 war er am Osterdeich und vor allem im Weserstadion sportlich zu Hause – dann wechselte Florian Grillitsch (25) vom SV Werder Bremen zu 1899 Hoffenheim. Am Sonntag kehrt der 25-Jährige nun bereits zum dritten Mal nach Bremen zurück, um gegen seinen Ex-Verein zu spielen.

Im Gespräch mit der DeichStube hat er zuvor verraten, dass Werder Bremen bei ihm damals einfach zu spät dran war und und wie sein Draht nach Bremen heute aussieht. Außerdem sprach der Österreicher über die Vorzüge von Hoffenheims Neu-Trainer Sebastian Hoeneß sowie über das Fußballspielen mitten in einer Pandemie. Das alles übrigens Anfang der Woche, bevor bei Werder der positive Corona-Test von Abwehrspieler Felix Agu bekannt wurde und bevor Florian Grillitsch am Donnerstagabend in der Halbzeit des Europa-League-Spiels gegen Belgrad ausgewechselt wurde, um bei der Geburt seines Kindes dabei zu sein.

Was macht die Rückkehr ins Weserstadion mit Ihnen, Florian Grillitsch?

Ich freue mich jedes Mal, wenn ich nach Bremen komme und dort spielen kann. Bei Werder bin ich als Profi groß geworden. Dort hat sich mir die Möglichkeit eröffnet, in die Bundesliga einzusteigen. Ich hatte schöne Jahre in Bremen und habe mich immer sehr wohlgefühlt. Zudem freue ich mich, alte Freunde wiederzusehen.

Zu wem bei Werder Bremen haben Sie noch engen Kontakt?

Zu Maxi Eggestein und natürlich zu meinem Landsmann Marco Friedl. Und Theo (Gebre Selassie, Anm. d. Red.) ist ja auch noch da.

Sie haben sicher mitbekommen, dass er nun sogar zum Vize-Kapitän befördert worden ist.

Ja, und zwar völlig verdient! Er spielt ja schon gefühlt 20 Jahre in Bremen.

Florian Grillitsch hat bei Werder Bremen seinen ersten Profi-Vertrag unterschrieben

Wenn Ihnen Werder Bremen so am Herzen liegt, warum sind Sie 2017 nach Hoffenheim gewechselt?

Ich hatte damals in Bremen meinen ersten Profivertrag unterschrieben. Der lief nur ein Jahr, mit Option für eine Verlängerung um ein weiteres Jahr. Ich habe gute Leistungen gebracht, so dass andere Clubs auf mich aufmerksam geworden sind. Hoffenheim mit Julian Nagelsmann, damals schon ein begabter junger Trainer, befand sich unter den Interessenten. So ist der Wechsel zustande gekommen.

Hatte Werder Bremen überhaupt eine Chance? Stand eine Vertragsverlängerung je zur Debatte?

Es gab lange Zeit keine Gespräche. Als sie begannen, hatte ich mich schon für Hoffenheim entschieden.

Alles richtig gemacht, könnte man sagen. Hoffenheim stand zu jener Zeit und erst recht heute auf einer ganz anderen Stufe als Bremen. Die Entwicklung der beiden Clubs in der Bundesliga gibt Ihnen recht, oder?

Ich bin mehr als zufrieden. In Hoffenheim habe ich den nächsten Schritt gemacht, spiele regelmäßig international. Sogar schon in der Champions League und aktuell wieder in der Europa League.

Werder Bremen: Florian Grillitsch trainierte unter Florian Kohfeldt in der U23

Sie haben früher in Bremen in der U23 unter Co-Trainer Florian Kohfeldt trainiert. Heute genießt er in der Bundesliga einen sehr guten Ruf. Wie schätzen Sie ihn ein?

Es ist natürlich ein Unterschied, ob man jemanden als Assistenten oder als Cheftrainer kennenlernt. Doch was ich sagen kann: Zum einen ist Florian Kohfeldt ein Supertyp in menschlicher Hinsicht. Und zum anderen besitzt er auch immense fachliche Qualitäten. In taktischer Hinsicht konnte er uns einiges mitgeben.

Kommen wir zu Ihrem aktuellen Trainer, der einen sehr berühmten Namen trägt. Wie erleben Sie Sebastian Hoeneß?

Er ist einer der Vertreter der neuen und immer stärker vertretenen Generation von jungen Fußballlehrern. Er ist eher ein ruhiger Typ, die Zusammenarbeit ist sehr angenehm. Fachlich ist Sebastian Hoeneß schon jetzt auf einem Topniveau.

„Der beste Sechser der Liga“, hat Ihr Ex-Coach Nagelsmann vor einiger Zeit über Sie gesagt. Was haben Sie dabei empfunden?

Es ist schön, so etwas zu hören. Natürlich freut mich ein solches Lob aus seinem Mund. Denn Julian Nagelsmann ist mittlerweile jemand in der Branche. Er ist zu einem richtig großen Namen im internationalen Geschäft avanciert.

War sein Kompliment möglicherweise ein Lockruf, um Sie für Leipzig zu gewinnen?

Das weiß ich nicht.

Im Sommer galten Sie als heißer Wechselkandidat. Bis 2022 läuft Ihr Vertrag in Hoffenheim. Er soll eine Ausstiegsklausel beinhalten, die bei einem Transfer innerhalb Deutschlands eine Ablösesumme von 20 Millionen Euro vorsieht...

Zu Details meines Vertrags sage ich nichts. Ich bin auch sehr zufrieden mit meinem Engagement in Hoffenheim, immerhin spiele ich jetzt hier schon die vierte Saison. Und die letzte Transferperiode hat sich etwas schwierig gestaltet – durch Corona, wie alle wissen.

Neben RB Leipzig wurden Sie mit Arsenal London und Inter Mailand in Verbindung gebracht. Wäre Leipzig ein denkbares Ziel? Oder favorisieren Sie, wie kolportiert wird, einen Transfer in die Premier League?

Wenn ich Hoffenheim verlasse, dann strebe ich den nächsten Schritt in meiner Karriere an – egal in welcher Liga. Es müsste schon ein Topclub aus dem In- oder Ausland sein.

Setzen Sie auf die Transferphase im Winter?

Im Moment verschwende ich daran keinen Gedanken. In drei Monaten wird sich kaum etwas geändert haben auf dem Transfermarkt. Doch man weiß im Fußball nie, was passiert, weil es manchmal auch sehr schnell gehen kann.

Bisher ein Spiel von Beginn an und zweimal eingewechselt – wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Start in die Saison?

Zum Start hatte ich leichte muskuläre Probleme, die abgeklungen sind. Da war ich nicht ganz fit, es wird besser. Zuletzt standen die Reisen mit der Nationalelf an.

Österreich steht in der Nations League mit Norwegen punktgleich an der Tabellenspitze. Die deutsche Nationalelf hat zuletzt nicht überzeugt. Ist Ihr Team mit der Löw-Elf auf Augenhöhe?

Es hat sich vielleicht ein bisschen was gedreht. Beim Ski-Auftakt in Sölden sind unsere Leute hinterhergefahren, und im Fußball sind wir momentan besser, haben viel aufgeholt. Die Europameisterschaft im nächsten Jahr ist unser und auch mein Ziel.

Werder Bremen: Florian Grillitsch hat nicht mit dem Absturz des Ex-Clubs gerechnet

Reden wir wieder über Werder Bremen. Hatten Sie den Absturz Ihres Ex-Clubs in der Vorsaison erwartet?

Nein, vor allem nicht nach der herausragenden vorletzten Spielzeit. Doch es lief von Beginn an nicht für Bremen, sie sind in einen negativen Lauf gekommen, der eine gewisse Eigendynamik entwickelt hat. Ich habe mitgefiebert, habe immer gehofft, dass sie die Kurve kriegen. Am Ende musste ich arg zittern, es wurde eng, doch es hat zum Glück gereicht.

Und nun steht Werder Bremen in der Tabelle als Siebter sogar einen Platz besser da als Hoffenheim. Genug Warnung für Sie und ihr Team vor dem Duell?

Natürlich, aber nicht nur wegen des aktuellen Zwischenstands. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es für Gäste nie so ganz einfach ist, an der Weser zu spielen. Es war immer schwierig mit den begeisterungsfähigen Werder-Fans auf der Tribüne. In diesen Zeiten müssen die Bremer auf diese Unterstützung zwar verzichten, doch wir dürfen dennoch den Gegner nicht unterschätzen.

Auch in der Fußballbranche gibt es derzeit immer mehr Corona-Infizierte, Ihre Mannschaft ist gegenwärtig betroffen. Haben Sie Bedenken, dass die Saison eventuell unter- oder gar abgebrochen werden muss?

Ich denke, das große Problem sind die vielen Reisen der Teams, ob nun der Nationalmannschaften oder jener Vereine, die im Europacup vertreten sind. Überall gibt es gute Hygienekonzepte, doch die Gefahr lauert vor allen Dingen in den Nationalteams, wenn Spieler aus aller Herren Länder zusammenkommen. Ich hoffe, dass alles gut geht. Und ich denke, dass es keine Unterbrechung wie im Frühjahr geben wird.

Die Zahl der Infizierten steigt und bedingt Einschränkung im öffentlichen Leben. Der Profifußball kämpft derweil um seine Existenz – und die Diskussionen nehmen wieder zu: Beansprucht der Fußball eine Sonderrolle für sich?

Ein bisschen schon, wie ich meine. Der Profifußball war mit der erste Bereich, in dem es mit Abstrichen ein Zurück in den Alltag und in die Normalität gegeben hat. Lobenswert war, dass die Bundesliga ein sehr gutes Konzept in Pandemie-Zeiten entworfen hat. Die deutsche Liga war Vorreiter für andere Spielklassen in Europa. (Das Interview führte Hans-Günter Klemm)

Auch interessant: So könnt ihr das Sonntags-Spiel von Werder Bremen gegen Hoffenheim live im TV und Stream schauen.

Auch interessant

Kommentare