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„Hilflos und planlos“: Warum Florian Kohfeldt bei Werder doch noch gehen musste

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Florian Kohfeldt ist nicht mehr länger Trainer des SV Werder Bremen - jetzt hat Sportchef Frank Baumann das Aus des Coaches erklärt.
Florian Kohfeldt ist nicht mehr länger Trainer des SV Werder Bremen - jetzt hat Sportchef Frank Baumann das Aus des Coaches erklärt. © nordphoto / gumzmedia

Barsinghausen – Es war kurz vor Mitternacht am Samstagabend, als für Florian Kohfeldt die Zeit als Trainer des SV Werder Bremen zuende ging. Wenige Stunden nach dem 0:2 im Kellerduell der Bundesliga beim FC Augsburg wurde der 38-Jährige von Sportchef Frank Baumann informiert, dass es das jetzt war für ihn. Freigestellt nach dem Sturz auf den Relegationsplatz – und das nur einen Spieltag vor Saisonende.

Florian Kohfeldt verließ um kurz nach Mitternacht das gerade erst bezogene Quarantäne-Sporthotel Fuchsbachtal in Barsinghausen. Es war der Schlusspunkt einer Zusammenarbeit, die lange märchenhafte Züge hatte, die in den vergangenen anderthalb Jahren aber für alle Beteiligten mehr und mehr zu einer schwierigen, weil erfolglosen Angelegenheit geworden war und den SV Werder Bremen nun schon zum zweiten Mal in Folge an den Rand des Abstiegs geführt hat.

Werder Bremen: Sportchef Frank Baumann erklärt, warum Trainer Florian Kohfeldt gehen musste

Acht Niederlagen in den vergangenen neun Bundesliga-Partien hat Werder Bremen unter Florian Kohfeldt kassiert. Lange hatte Frank Baumann seinen Trainer in dieser Phase gestützt, doch jetzt war Schluss. Weil, so die Begründung des Sportchefs, „die Überzeugung in die Konstellation mit Florian gebröckelt“ sei. Das wiederum sei der Effekt nach langen zwei Jahren im Abstiegskampf, in denen „wir ganz viel versucht und ganz viele Maßnahmen ergriffen haben“. Wie zum Beispiel die Abkehr vom Offensivfußball hin zum zweckmäßigen, aber unattraktiven Defensivdenken. Das war zwar nicht der Kohfeldt-Fußball, wie ihn sich der Trainer vorstellt, brachte aber bis zum 24. Spieltag der laufenden Saison 30 Punkte. Dann begann die Negativserie, die Kohfeldt nicht stoppen konnte. Baumann dazu: „Wenn man die Trendwende nicht schafft, kommen natürlich die Zweifel. Wir haben es nicht geschafft, uns in dieser Konstellation nachhaltig aus der Abwärtsspirale zu befreien.“

Dass dann aber erst nach dem vorletzten Spieltag die Reißleine gezogen wird, bezeichnet selbst Frank Baumann als verantwortlicher Entscheidungsträger als „überraschend“, aber doch begründbar: „Meine Überzeugung ist, dass dieser viel zitierte Impuls Trainerwechsel erst sein muss, wenn eine Mannschaft nicht mehr an die gegebene Konstellation glaubt. Das war vor wenigen Wochen noch nicht so wie jetzt.“

Schon Ende April stand Florian Kohfeldt beim SV Werder Bremen kurz vor dem Aus. Damals befragte Baumann die Spieler, bekam eine positive Rückmeldung und gewährte dem Coach ein letztes Spiel auf Bewährung. „Nach einer Idee von Flo“ sei dieses Endspiel ausgerufen worden, so Frank Baumann. Dank einer engagierten Leistung seines Teams im DFB-Pokal-Halbfinale gegen RB Leipzig (1:2 n.V.) konnte sich der Coach tatsächlich noch mal retten. Es folgten jedoch ein 0:0 gegen Bayer Leverkusen und am Samstag das 0:2 in Augsburg. Baumann beriet sich daraufhin am Abend mit den Geschäftsführer-Kollegen und dem Aufsichtsrat. „Einhellig“ sei man der Meinung gewesen, dass nun gehandelt werden müsse. Die Mannschaft befragte er nicht erneut. Der Eindruck auf dem Platz hatte ihm gereicht.

In Augsburg hatten die Bremer Bosse eine Werder-Elf gesehen, die ab der zwölften Minute nach einer Roten Karte für Ruben Vargas (versuchte Tätlichkeit) in Überzahl spielen durfte, damit aber nichts anzufangen wusste. Das Team habe auf ihn einen „hilf- und planlosen“ Eindruck gemacht, erklärte Baumann in seltener Klarheit: „Jetzt war es dann einfach zu viel, weil die Enttäuschung über die Leistung und Ergebnisse der Mannschaft so stark war. Wir haben das Geschenk des Platzverweises nicht angenommen und den Vorteil leichtfertig aus der Hand gegeben. Das war das i-Tüpfelchen.“ Denn Christian Groß sah kurz nach der Pause die Gelb-Rote Karte, nur Minuten später fiel das 1:0 für Augsburg durch Rani Khedira (57.). Mit einem verwandelten Foulelfmeter machte Daniel Caligiuri schließlich alles klar für den FCA (90.).

„Jetzt war es dann einfach zu viel“ - Werder Bremen trennt sich von Florian Kohfeldt, Thomas Schaaf neuer Trainer

Während die Augsburger damit im zweiten Spiel unter Trainer Markus Weinzierl den Klassenerhalt perfekt machten, bleibt Feuerwehrmann Thomas Schaaf bei Werder Bremen nur eine Partie, um zum Retter zu werden. Werder muss am letzten Spieltag gegen Borussia Mönchengladbach die Gefahr des direkten Abstiegs abwenden. Bei einem Sieg des Vorletzten 1. FC Köln gegen Schlusslicht Schalke 04 wäre schon ein Unentschieden zu wenig. Allerdings können die Bremer auch noch an Arminia Bielefeld (muss beim VfB Stuttgart antreten) vorbei auf Nicht-Abstiegsplatz 15 springen. Dafür würde schon ein Unentschieden gegen Gladbach reichen, sofern Köln nicht gewinnt und Bielefeld verliert. Alles nicht aussichtslos, alles nicht unmöglich. Wenn die Spieler denn mitziehen. „Ich weise noch mal darauf hin, dass die Mannschaft gefordert ist, gegen Gladbach eine Reaktion zu zeigen“, sagte Frank Baumann.

Florian Kohfeldt trägt dagegen nur noch die Verantwortung für die Vergangenheit. Dass er bei Werder Bremen jedoch noch bis 2023 unter Vertrag steht, belastet den finanziell in schwere Schieflage geratenen Club zusätzlich. Über die Abfindungsmodalitäten sei noch nicht gesprochen worden, so Baumann: „Aber das wird es noch – wann auch immer.“ Vielleicht bekommt Kohfeldt, dessen Verbleib bei Werder auch im Falle des Klassenerhalts unwahrscheinlich gewesen wäre, schon bald ein neues Job-Angebot in der Liga. (csa) Auch interessant: Viel zu spät, aber legendär - ein Kommentar zum Trainerwechsel des SV Werder Bremen.

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