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„Dann wird er ungemütlich“: Drei ehemalige Weggefährten erklären Werder-Trainer Markus Anfang

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Weggefährten über den neuen Trainer des SV Werder Bremen, Markus Anfang (v.l.n.r.): Carsten Wehlmann, Andreas Geidel und Patrick Herrmann.
Weggefährten über den neuen Trainer des SV Werder Bremen, Markus Anfang (v.l.n.r.): Carsten Wehlmann, Andreas Geidel und Patrick Herrmann. © imago images / privat

Bremen – Noch stand Markus Anfang nicht mit seiner neuen Mannschaft auf dem Platz, und trotzdem gibt es in Bremen bereits dieses öffentliche Bild des neuen Werder-Trainers. Einerseits speist es sich aus Anfangs sympathischer Antritts-Pressekonferenz und andererseits aus seinem guten Ruf als Coach. Der 46-Jährige gilt als sehr emotionaler Mensch, als ebenso akribischer wie ehrgeiziger Arbeiter, der einen kommunikativen Führungsstil sowie Ballbesitzfußball bevorzugt. So weit, so bekannt.

Die DeichStube hat sich nun mit drei ehemaligen Weggefährten von Markus Anfang unterhalten, um dem Bild weitere Schärfe zu verleihen. Profi Patrick Herrmann, der unter Anfang in Kiel und Darmstadt gespielt hat, Darmstadts Manager Carsten Wehlmann sowie der Kieler Journalist Andreas Geidel charakterisieren den Trainer des SV Werder Bremen anhand folgender Kategorien: Emotionalität, Führungsstil, Akribie, Ehrgeiz sowie System und Taktik.

Emotionalität

„Ich kann an der Linie sowohl ruhig sein, aber auch emotional“, sagt Markus Anfang über sich selbst. „Am Ende ist es immer wichtig zu fühlen, was die Mannschaft braucht.“ In diesem Punkt gleicht der neue dem alten Bremer Trainer: Anfang coacht so emotional, wie es auch Florian Kohfeldt getan hat, kann bisweilen wie ein Irrwisch an der Außenlinie wirken, der seine Mannschaft auch mal sekundenlang neu sortiert, ehe der Torhüter endlich den Abschlag ausführen kann. Während der Spiele steht der Ex-Profi unter Dauerstrom, was Andreas Geidel für die „Kieler Nachrichten“ hautnah miterlebt hat. „Markus Anfang ist an der Seite immer bei der Sache“, sagt der Holstein-Reporter, der den Coach während dessen Zeit in Kiel (2016 bis 2018) eng begleitet und ihn auch danach in Köln und Darmstadt im Blick behalten hat.

Führungsstil

„Ein Trainer sollte inhaltlich gut sein und eine gewisse Empathie für die Spieler haben.“ So lautet Anfangs Credo. Und es sind keine leeren Worte, wie sein Ex-Spieler Patrick Herrmann weiß. Der 33-jährige Verteidiger bestritt zunächst in Kiel, dann in Darmstadt insgesamt 91 Pflichtspiele unter Anfang. „Sein Umgang mit den Profis ist sehr respektvoll“, betont er. Markus Anfang rede sehr viel mit seiner Mannschaft. Allerdings kann der Coach auch anders, wie Reporter Geidel während Anfangs erstem Trainingslager mit Holstein Kiel in Spanien erlebt hat.

Es sollten technisch-taktische Varianten geübt werden, was die Spieler überforderte: Sie führten die Übungen nicht korrekt aus. Anfang, eigentlich extrovertiert, zog sich, so die Beobachtung Geidels, in die innere Emigration zurück: „Er war regelrecht beleidigt und hat einen Tag lang nicht mehr gesprochen.“ Eine Ausnahme, denn auch Geidel unterstreicht: „Sein großes Plus ist, dass er weiß, wie ein Profi tickt und wie er funktionieren muss.“ Auch Herrmann, an der Kieler Förde oft wie ein „Fußball-Gott“ von den Fans angehimmelt, schätzt es so ein: „Spieler dürfen Fehler machen, doch wenn jemand nicht den Anweisungen folgt, dann wird Markus ungemütlich, dann setzt es Kritik.“

(Lest auch: „Höhere Ambitionen als in der 2. Liga zu spielen“: Augustinsson kündigt Abschied von Werder Bremen an)

Akribie

„Wichtig ist die tägliche Arbeit im Training. Und es sollte das Prinzip Leistung zählen. Wenn Spieler im Training Leistung bringen, sollten sie auch die Berechtigung haben, auf dem Platz zu stehen“, betont Markus Anfang, dessen Arbeitsweise als gewissenhaft und detailversessen charakterisiert wird. Alle bisherigen Weggefährten schätzen diese Eigenschaften des Neu-Bremers, der auf das kleinste Detail achtet, was sich so ausdrückt: eine punktgenaue Vorbereitung auf den Gegner, eine ebenso exakte Nachbereitung der Spiele. Darmstadts Manager Wehlmann, der den Trainer nur ungern in Richtung Bremen ziehen ließ, in Torsten Lieberknecht aber inzwischen einen Nachfolger gefunden hat, sagt: „Markus ist ein sehr akribischer Trainer.“

Ehrgeiz

„Ich möchte unbedingt gewinnen, das ist mein Ehrgeiz“, lautet einer der Kernsätze, die Anfang bei seiner ersten Pressekonferenz an der Weser formulierte. „So lebe ich das auch vor.“ Zustimmung gibt es auch in diesem Punkt von Wehlmann: „Er ist ein ehrgeiziger Arbeiter. Markus hat überall, wo er gearbeitet hat, damit Erfolg gehabt.“

System und Taktik

„Wir wollen versuchen, guten und attraktiven Fußball nach vorne zu spielen. Es ist ein Fußball, in dem wir hauptsächlich agieren und weniger reagieren.“ So hat Anfang seine Idee vom künftigen Werder-Stil kürzlich umrissen. „Er verfolgt eine klare Spielphilosophie und ist ein eindeutiger Verfechter des Ballbesitzfußballs“, sagt Herrmann. Markus Anfang setze stets auf spielerische Mittel, „will immer den Gegner dominieren und so zum Erfolg kommen“. So hatte der Coach in Kiel und Darmstadt spielen lassen, beim 1. FC Köln zwischenzeitlich übrigens auch.

Laut Herrmann habe sich Anfang dabei im Lauf der Jahre weiterentwickelt, was das taktische Vorgehen der Innenverteidiger, den Spielaufbau und das Anlaufverhalten betrifft. Bisher favorisierte Anfang dabei ein 4-1-4-1-System mit einem zentralen Stürmer: Marvin Ducksch in Kiel, Simon Terodde in Köln, Serdar Dursun in Darmstadt, die unter ihm alle zu Zweitliga-Torschützenkönigen wurden.

Bleibt zum Schluss nur noch die Gretchenfrage: Passt Markus Anfang zu Werder Bremen? Patrick Herrmann bejaht. Der Profi, der aktuell auf der Suche nach einem neuen Verein ist, ist durchaus optimistisch, was Werders Aussichten betrifft: „Wenn Markus sofort einen guten Draht zu den Spielern herstellen kann, besitzt Werder mit diesem Trainer genügend Potenzial, um die Rückkehr in die Bundesliga perfekt zu machen.“

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