Aus der Sicht von Werder Bremen ärgert vor allem der Platzverweis von Kapitän Niklas Moisander. Die deutlichen Bremer Beschwerden über die Entscheidung von Referee Felix Brych beantwortete DFB-Schiedsrichterchef Lutz Michael Fröhlich am Sonntag im Sport1-„Doppelpass“ mit schützenden Worten für seinen Kollegen und mit einer Gegenattacke in Richtung Moisander. Aus der Sport1-Runde erhielt Fröhlich dafür allerdings Gegenwind – unter anderem von Stefan Effenberg.
Man müsse sich die Rolle des Finnen nicht nur in der Situation Sekunden vor Schluss, sondern auch bei dessen erster Verwarnung in Minute 71 angucken. Moisander habe im Mittelfeld „schon mal eine Massenkonfrontation ausgelöst“, meinte Fröhlich. Dann erneut in der Nachspielzeit, als binnen einer Aktion erst Mitspieler Kevin Vogt bewusstlos zu Boden ging, dann Keeper Jiri Pavlenka im Kampf um den Ball von zwei Düsseldorfern rüde angegangen wurde. „Wenn Moisander als Kapitän da nicht macht, was er macht, wäre er bei Werder kein Kapitän mehr“, meinte Ex-Profi Jan-Age Fjörtoft und warf sich damit für den Bremer Spielführer ins Zeug.
Aber was hatte Moisander gemacht? Laut Fröhlich dies: „Wenn man sich das genauer anschaut, dann ist der Bremer Spieler nicht orientiert zu dem Spieler Vogt, er kennt nicht den Verletzungsstand, er sieht vielleicht die Situation mit dem Torhüter, er ist eigentlich ein Unbeteiligter. Und das Erste, was er macht, ist: Er schubst einen Gegenspieler weg. Danach geht er zum Schiedsrichter und reklamiert höchst gestikulierend. Anschließend kommt es dann auch zu einer Rudelbildung, an der er mitwirkt.“ Gelb-Rot für Moisander sei deshalb „aus unserer Sicht nicht überzogen und wird auch unterstützt“.
Fröhlichs Darstellung und Argumentation konnten aber weder Doppelpass-Moderator Thomas Helmer noch Ex-Nationalspieler Effenberg folgen. „Ein Schubsen oder die Diskussion mit dem Schiedsrichter habe ich in der Sekunde nicht gesehen. Die Rudelbildung geht eher von den Düsseldorfern als von den Bremern aus“, sagte „Effe“. Aber die Tatsachenentscheidung steht, Moisander ist gesperrt, wird dem SV Werder Bremen am Sonntag gegen 1899 Hoffenheim fehlen.
„Unnötig“ nannte Werder-Sportchef Frank Baumann, ebenfalls Gast in der Talkrunde, die Ampelkarte. Die erste Gelbe Karte sei in Ordnung gewesen, „ein Fehler von Niklas“, die zweite dann eine überzogene Reaktion von Felix Brych. „Ich habe Verständnis für Lutz-Michael Fröhlich und die Schiedsrichter, dass man es unterbindet, wenn bei jedem kleinen Foul im Mittelfeld reklamiert wird. Aber wenn unser Torwart von zwei Spielern attackiert wird, dann muss man auch der besonderen Heftigkeit des Foulspiels ein Stück weit Rechnung tragen.“ Moisanders Verhalten sei für ihn „kein übermäßiges Attackieren des Schiedsrichters“ gewesen, so Baumann.
Dass die Referees in der Rückrunde angehalten sind, auf Spielerproteste schneller mit Karten zu reagieren, ist ein Fakt. Und für Werder-Coach Florian Kohfeldt der eigentliche Grund, weshalb Brych gegen Moisander zum zweiten Mal Gelb zeigte. Seine Protestnote an die deutschen Regelhüter: „Warum macht ihr eine solche Regel, wenn ihr das Spiel nicht versteht? Das ist eine Irrsinnsregel in einer solchen Situation.“ Antwort Lutz Michael Fröhlich: „Es wird niemand gezwungen, in solchen Situation Gelb oder Gelb-Rot zu zeigen. Es geht ausschließlich um die Attraktivität des Fußballs mit positiven Emotionen. Wir wollen endlich damit aufhören, permanent zu reklamieren und permanent irgendwo Hektik zu machen, wo keine Hektik notwendig ist.“
Als Zugabe dann noch dieser Hinweis: „Ich finde, dass sich der Vorgang dafür eignet, sich mal mit dem Spieler zu beschäftigen und nicht mit dem Schiedsrichter.“ Oder anders gesagt: Moisander bekommt nicht nur die Gelb-Rote Karte, sondern auch den Schwarzen Peter. (csa)
Zur letzten Meldung vom 18. Januar 2020
Düsseldorf - Zwei Mitspieler am Boden, beide offensichtlich am Kopf verletzt - für Niklas Moisander war die Sache klar: Er musste zum Schiedsrichter. Musste Dr. Felix Brych mit Nachdruck darauf aufmerksam machen, dass hier gerade etwas gehörig schief gelaufen war.
„Ich habe zu ihm nur gesagt gesagt: Schau her, schau her!“, berichtete der Kapitän von Werder Bremen, der daraufhin mit Gelb-Rot vom Platz geflogen war. Eine Szene aus der Nachspielzeit, die nach Werders 1:0-Erfolg bei Fortuna Düsseldorf zum großen Aufreger-Thema wurde. Und die dafür sorgte, dass Cheftrainer Florian Kohfeldt bissige Kritik in Richtung Schiedsrichter-Chef Lutz Fröhlich äußerte.
„Warum machen Leute Regeln, die dieses Spiel nie gespielt haben und überhaupt nicht wissen, was auf dem Platz passiert “, wetterte Kohfeldt: „Das ist Irrsinn!“ Der Ärger des 37-Jährigen bezog sich auf eine neue Schiedsrichter-Weisung des DFB, die besagt, dass die Unparteiischen zum Start der Rückrunde unter anderem bei Meckern und Reklamieren deutlich schneller Karten zeigen sollen.
Der Verband erhofft sich dadurch vor allem eine positive Wirkung auf den Amateurfußball, wo es immer wieder zu Übergriffen auf Schiedsrichter kommt. Da die Bundesliga den Amateuren als Vorbild gelte, will der DFB hier den Hebel ansetzen. In der Theorie klingt das gut, in der Praxis wurde es in Kohfeldts Augen in Düsseldorf aber falsch umgesetzt.
In der 92. Minute waren erst Werders Neuzugang Kevin Vogt und kurz darauf auch Torhüter Jiri Pavlenka nach Kopftreffern zu Boden gegangen und liegen geblieben, weshalb Moisander sofort mit weit aufgerissenen Augen auf Brych zusteuerte - und seine zweite Gelbe Karte kassierte. „Wenn der Kapitän in so einer Situation etwas emotional, aber nicht beleidigend ist, kann man ihn doch nicht mit Gelb-Rot vom Platz schicken! Kein Fußballer der Welt hätte in dieser Situation eine Gelbe Karte für Niklas Moisander gefordert“, betonte Kohfeldt und beklagte fehlendes Fingerspitzengefühl.
Brych selbst sah der Coach dabei übrigens nicht als Schuldigen an: „Ihm mache ich ausdrücklich keinen Vorwurf. Er muss die neue Regel ja umsetzen.“ Auch Moisander sagte: „Wir haben hinterher gesprochen. Er hat mir erklärt, dass er die neue Regel angewendet hat. Es ist trotzdem sehr enttäuschend. Ich kann das nicht nachvollziehen.“
(Lest hier den Spielbericht Fortuna Düsseldorf gegen Werder Bremen)
Kohfeldt hatte seine Spieler vor Beginn der Rückrunde auf die bevorstehende Änderung im Verhalten der Schiedsrichter vorbereitet. „Er hat es uns vorher gesagt, dass die ersten Spiele so ablaufen werden“, erklärte Leonardo Bittencourt, der von der Umsetzung dann aber doch sehr überrascht war: „Traurig ist das. Wenn der Kapitän dem Schiri nichts mehr sagen darf, können wir auch alle mit Klappe vor dem Mund spielen.“
Vor allem die fehlende Verhältnismäßigkeit in der Beziehung Spieler/Schiedsrichter ärgert Bittencourt. „Wenn ihr wüsstet, wie die teilweise mit uns reden. Ich habe keine Gelbe Karte in der Tasche, die ich zeigen kann, aber ganz lieb sind die Schiedsrichter auch nicht immer zu uns.“ Brych, so verriet der Werder-Profi noch, hätte er in Düsseldorf definitiv die Gelbe Karte gezeigt.