An den Geisterspielen können die Clubs dabei freilich wenig ändern, aber Werder sieht durchaus Punkte, wo sich der Hebel ansetzen lässt. „Wir müssen nah an den Menschen dran sein, müssen wissen, was sie fühlen und denken, und wir müssen ihnen das Gefühl geben, dass wir ihnen auch in ihrem Alltag begegnen. Nicht nur alle 14 Tage im Idealfall in den Stadien. Wir müssen präsent sein und zeigen: Werder ist mehr als nur 90 Minuten Bundesliga“, fordert Hess-Grunewald und verweist auf die vielfältigen sozialen Projekte, die sein Verein in den Quartieren der Stadt und in Zusammenarbeit mit Schulen anbietet. Für Fanforscher Lange ist das genau der richtige Weg. „Alles, was man jetzt in Fan- und Wertearbeit investiert, zahlt sich nach der Krise aus. Der Verein sollte bestenfalls zum Leuchtturm in einer Wertedebatte werden.“
Dann ließe sich womöglich auch der Sorge entgegenwirken, dass während der Corona-Pandemie unter Umständen eine komplette nachwachsende Fan-Generation verloren geht. Lange: „Wir erleben gerade einen Bruch von fast einem Jahr, in dem Jugendliche nicht ihren ersten Stadionbesuch erleben können, stattdessen aber erfahren, dass der Fußball, über den sie hätten Identifikation finden können, plötzlich in Misskredit gerät.“
Hess-Grunewald nimmt es ähnlich wahr. „Es gibt doch immer ein Schlüsselerlebnis, ein besonderes Spiel, zu dem Opa, Papa oder Freunde einen mitgenommen haben“, sagt er – und hält fest: „Das fehlt jetzt. Ich hoffe, dass wir das nachholen können. Aber der eine oder andere wird vielleicht eine Chance verpassen, weil wir ihm genau in der Zeit, in der er nach Orientierung sucht, ein solches Live-Erlebnis leider nicht bieten konnten.“ Kennen- und vor allem liebenlernen werden es diese Personen also eher nicht, das Lieblingsgeräusch von Johanna Göddecke: 40.000 Menschen, die im Weserstadion ein Tor von Werder Bremen bejubeln! (dco) *DeichStube.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes.