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Werder-Rettung für Thomas Schaaf eine „Herzensangelegenheit“

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Thomas Schaaf seinen Dienst als Interimscoach bei Werder Bremen aufgenommen.
Thomas Schaaf seinen Dienst als Interimscoach bei Werder Bremen aufgenommen. © gumzmedia

Barsinghausen – Das Wort musste ja fallen. „Herzensangelegenheit“ – das allein würde schon als Erklärung reichen, warum Thomas Schaaf einen Spieltag vor Saisonende in einer hochgefährlichen Lage den Trainerjob bei Werder Bremen übernommen hat.

Weil, ja klar, das Ganze für ihn eine Herzensangelegenheit ist, „und ich einfach so sehr mit dem Verein verbunden bin“. Alles hat der 60-Jährige als Spieler und Trainer mit dem SV Werder Bremen erlebt, und auch fast alles gewonnen, was es im Fußball auf Clubebene zu gewinnen gibt. Nun soll er den Verein vor dem Sturz in die Zweite Liga bewahren, dafür bleibt ihm aber nur noch das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach am Samstag – plus eventuell die Relegation am 26. und 29. Mai. Am Montag hat Schaaf 2 929 Tage, nachdem er zum letzten Mal das Bremer Bundesliga-Team trainiert hatte, wieder eine Einheit geleitet. Anschließend sprach er in einer Online-Medienrunde über seine schwierige Mission und die Möglichkeiten, die er sieht, um sie zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Im Fokus: die lahmende Offensive.

Werder Bremen: Die Motivation von Thomas Schaaf

Schaaf ist der ewige Werderaner, hat beinahe sein ganzes Leben bei dem Club verbracht. Dennoch brauchte er Bedenkzeit, als am Samstagabend der Anruf und die Anfrage von Sportchef Frank Baumann kam. Denn die Aufgabe ist heikel. Sportlich, wie auch für Schaaf persönlich. Rettet er Werder Bremen, ist er für immer der Größte. Steigt er mit Werder ab, verbeult er sich sein eigenes Denkmal. Aber das war nicht der Grund der Bedenkzeit, sagt der Trainer: „Die Überlegung war eher, ob ich es mir selbst vorwerfen müsste, wenn ich es nicht versuchen würde. Ich mache mir dabei weniger Gedanken um meine eigene Person. Viel entscheidender ist es, das Gefühl zu haben, noch helfen und etwas leisten zu können. Das ist der Punkt, weshalb ich gesagt habe: Ja, ich probier‘s! Ich steige ein!“

Neben dem emotionalen Aspekt habe es aber auch die ganz rationale innere Auseinandersetzung gegeben. „Natürlich tauchte dabei die Frage auf, wie viel sich in sieben Tagen bewegen lässt“, schildert Schaaf seine Überlegungen, an deren Ende er sich selbst eine klare Antwort gegeben hat: „Es gibt diese Chance, das Team so anzupacken, dass es wieder mehr an sich und die eigenen Fähigkeiten glaubt.“ Ohne klare Antwort blieb Thomas Schaaf bei der Frage, ob die Aufgabe auch schon drei Wochen zuvor – also vor dem Bewährungsspiel für Florian Kohfeldt gegen RB Leipzig – von Werder Bremen an ihn herangetragen worden war.

Werder Bremen und Thomas Schaaf: Die Probleme, die Lösungen

Seit dem 0:2 beim FC Augsburg am Samstag liegt die Mannschaft am Boden – sportlich und mental. Thomas Schaaf hat am Sonntag erste Spielergespräche geführt, am Montag erstmals das Team trainiert. Festgestellt hat er das: „In der Mannschaft spürt man die kritische Auseinandersetzung mit der Situation. Niemand ist happy, niemand geht locker über die Lage hinweg.“ Einerseits richtig, andererseits aber auch ein Problem. Schaaf spürt einfach zu viel negative Energie. „Wenn du in einer Situation wie unserer steckst, siehst du sehr stark das Negative, weil das natürlich zuerst auffällt. Aber die Spieler sollen auch das Gute sehen, sollen sehen, was sie nach vorne bringt, was ihnen Bestätigung gibt.“ Die Kernaussage ist: Das Team ist besser, als es zuletzt gespielt hat. In Schaafs Worten: „Niemand hat zuletzt die Leistung gezeigt, für die er eigentlich steht.“ In Augsburg habe letztendlich den eigenen Aktionen völlig die Überzeugung gefehlt. Und das ist der wohl wichtigste Ansatzpunkt für Schaaf.

Deshalb wird er in der kurzen Zeit, die ihm bleibt, viel mit den Spielern sprechen, jeden einzelnen per Wort oder Video an gute Szenen und gute Leistungen erinnern. Das ist zwar kein revolutionäres Krisenmanagement, zeigt oft aber dann Wirkung, wenn es der neue und nicht mehr der alte Trainer macht. Zudem predigt Thomas Schaaf die Konzentration auf die individuellen Aufgaben, niemand soll sich mit dem großen Ganzen überfordert fühlen: „Es wird wichtig sein zu sagen: Ich kenne meine Aufgaben und konzentriere mich darauf, diese zu erfüllen. Und schaue erst dann, was noch darüberhinaus passiert. Anstatt immer zu schauen, was da und dort nicht funktioniert.“

Die schwache Offensive von Werder Bremen: Wie reagiert Thomas Schaaf?

Florian Kohfeldt hatte das Bremer Heil in den vergangenen Wochen in einem Dreiersturm gesehen. Niclas Füllkrug, Davie Selke, Josh Sargent griffen gemeinsam an. Doch obwohl alle drei in der Theorie zur Kategorie Vollstrecker gehören, schossen sie keine Tore. Vielleicht weil die richtigen Vorbereiter fehlten? Schaaf, der nach seiner Amtsübernahme 1999 mit der Raute einen begeisternden Offensivfußball mit Werder Bremen geprägt hatte, spricht genau über diesen Punkt. „Was man zu Ende bringen soll, muss auch gut vorbereitet werden“, erklärt er. Das könnte ein Hinweis sein, dass er mindestens einen der Erfolgslos-Vollstrecker gegen einen Vorbereiter tauschen wird – was Milot Rashica oder Yuya Osako oder sogar beide zurück in die Startelf spülen könnte. Noch sagt Schaaf allerdings nichts zu Namen: „Ich bin noch entfernt davon, eine Formation zu sehen. Ich lasse mir Zeit, die Eindrücke zu verarbeiten. Ich habe sicherlich ein paar Positionen im Kopf, aber die werden in den kommenden Tagen entweder verfestigt oder wieder verworfen.“

Werder Bremen 1999 und heute: Was bewirkt Thomas Schaaf als Trainer?

Als Bundesliga-Novize trat der Trainer Thomas Schaaf am 10. Mai 1999 als Nachfolger von Felix Magath an. Auch damals schwebte Werder Bremen in Abstiegsgefahr. Dem „Neuen“ blieben aber noch vier Spiele, um die Mannschaft zu retten. Was gelang. Nur ein Tag nach der Jobübernahme feierten der Coach und Werder ein 1:0 über Schalke 04. Aber Schaaf wühlt nicht in der Mottenkiste, um dort irgendetwas zu finden, was ihm aktuell hilft. „Damals waren es andere Zeiten. Das lässt sich nicht vergleichen“, sagt er. (csa) Auch interessant: Wolfgang Rolff zurück bei Werder: Ein Weltenbummler als „der perfekte Kollege“.

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