Das Verletzungspech ist in der Tat groß. Aber das war auch schon vor der erfolgreichen EM 2016 so. Sehen Sie Parallelen?
Hanning: Ja. Wir haben auch damals gut daran getan, nicht mit den Dingen zu hadern, die eh nicht zu ändern sind. Wir haben aus meiner Sicht derzeit den bestmöglichen Kader zusammengestellt. Wir brauchen die beste Abwehr der Welt, das muss der Anspruch sein. Wichtig ist es auch, die Einsatzzeiten der Spieler geschickt zu verteilen. Und wir brauchen Typen und Egos so wie Tobias Reichmann, der sich jetzt aber auch beweisen muss. Wenn wir diesen Teamgeist haben, dann ist Christian Prokop genau der richtige Taktgeber für den Inhalt.
Sie sprechen den Bundestrainer an. Ist dieser Prokop jetzt der Prokop, den Sie sich bei seiner Verpflichtung 2017 erhofft hatten?
Hanning: Ja, das ist er. Ich freue mich wirklich, dass er sich nach der enttäuschenden EM 2018 in Kroatien so positiv entwickelt hat. Dass er ein brillanter Trainer ist, ist schon lange klar. Aber er hat sich verändert, und das können nur Spitzenkräfte. Aber eins ist auch klar: Wir sind ein Ergebnissport, und am Ende werden wir alle am Resultat gemessen. Ich glaube aber, dass er einen wesentlichen Teil zum Teamerfolg beitragen wird.
Was halten Sie von seiner Entscheidung, den 37-jährigen Johannes Bitter zurückzuholen?
Hanning: Die Entscheidung für Johannes Bitter im Tor neben Andreas Wolff halte ich für völlig richtig. Wenn Bitter nicht beim TVB Stuttgart wäre, dann würde der Verein jetzt in der 2. Liga gegen Rimpar spielen. Deswegen ist das Duo Wolff/Bitter die einzig richtige Entscheidung für diesen Moment. Bitter ist nicht unsere Lösung für die Zukunft, aber genau der richtige Mann für 2020.
Bei den Olympia wollen Sie Gold gewinnen, zumindest war das vor längerer Zeit mal Ihre Vision, von welcher der Bundestrainer oder andere DHB-Funktionäre aber abgerückt sind. Sie auch?
Hanning: Nein, das tue ich nicht. Es ist aber völlig richtig, dass der Bundestrainer sagt, dass die Zielsetzung letztlich aus der Mannschaft kommen muss. Funktionäre wie ich können fordern, was sie wollen, aber letztlich müssen sich die Spieler damit identifizieren. Aber ich bleibe bei meiner Vision, weil es definitiv nicht unmöglich ist, Olympia-Gold zu holen. Ich will nicht von diesem Ziel abweichen, weil ich auch will, dass wir weiter selbstbewusst unseren Weg gehen.
ZUR PERSON: Bob Hanning (51) sitzt noch bis 2021 im Präsidium des Deutschen Handballbundes. Daneben arbeitet er als Geschäftsführer des Bundesligisten Füchse Berlin. Hanning gilt als eine der mächtigsten Personen im deutschen Handball.
Interview: Nils Bastek (dpa)