1. Startseite
  2. Sport
  3. Handball

Prokop-Verbleib spaltet Handball-Szene: „Keinen zum Verbleib zwingen“

KommentareDrucken

Christian Prokop
Christian Prokop bleibt DHB-Bundestrainer. © dpa

Mit der überraschenden Entscheidung für Christian Prokop sollte im deutschen Handball endlich Ruhe einkehren. Stattdessen erwägen nun einige Spieler einen Rücktritt.

Stuttgart - Christian Prokop bleibt - die Unruhe auch: Die zweite Chance für den umstrittenen Handball-Bundestrainer vergrößert nicht nur in der Bundesliga die Sorge vor einer Rücktrittswelle aus dem Nationalteam. „Ich werde keinen zwingen, einen gemeinsamen Weg mit mir zu gehen“, sagte der 39-Jährige am Dienstag im Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Ich glaube aber, dass wir alle zusammen schnell aus gemachten Erfahrungen lernen werden.“ Das hofft auch der Deutsche Handballbund (DHB) nach seinem überraschenden Bekenntnis zu dem zweifachen Familienvater. Dennoch bleiben vor allem bei den 18 Bundesliga-Clubs Bedenken.

„Wenn jetzt drei, vier, fünf Spieler sagen würden, dass sie nicht mehr mitmachen, hätten wir eine andere Situation“, sagte Liga-Geschäftsführer Frank Bohmann. Das Festhalten des DHB an Prokop trotz der enttäuschenden EM in Kroatien spaltet Liga und Mannschaft. Nationalspieler Steffen Weinhold appellierte mit Blick auf die wichtige Heim-WM 2019 an seine Teamkollegen.

„Alle müssen jetzt einen Schritt aufeinander zugehen“

„Alle müssen jetzt einen Schritt aufeinander zugehen“, forderte der 31-Jährige in den Kieler Nachrichten (Dienstag). „Wenn drei, vier, fünf Spieler wegbrechen, fehlt es uns an Qualität.“ Knapp elf Monate vor Beginn der richtungsweisenden WM hat sich die Situation mit der unerwarteten Entscheidung des DHB alles andere als beruhigt. Stattdessen denken einige Akteure nach wie vor über einen Rücktritt aus der Nationalmannschaft nach. Sollte es tatsächlich dazu kommen, stünde der Verband vor einem sportlichen Desaster. Angesichts der angespannten Situation hält der frühere Welthandballer Daniel Stephan das Festhalten an Prokop für eine „eklatante Fehlentscheidung“.

„Ich weiß von Spielern, die sich negativ geäußert haben - nicht offiziell, aber das zeigt: Es stimmt einfach hinten und vorne nicht zwischen Prokop und dem Team“, schreibt der 44-Jährige in seiner Kolumne für Sport1. Das sieht zumindest der DHB anders. Zwar hatte sich das Präsidium am Montag nicht einstimmig und nur äußerst knapp für Prokop ausgesprochen. Größere Differenzen zwischen dem Coach und seiner Mannschaft dementierte der Verband aber.

Prokop räumt Fehler ein

Prokop habe nach der desolaten EM in Kroatien Fehler eingeräumt und Besserung gelobt, sagte DHB-Boss Andreas Michelmann. „Mit Sicherheit war die Kommunikation mit- und untereinander nicht optimal“, gab Prokop am Dienstag zu. „Ich habe die Mannschaft während der EM zu wenig abgeholt und in wichtige Entscheidungen zu selten mit einbezogen.“

Wie einige Spieler reagieren, bleibt nun abzuwarten. Erstaunlich ist, dass bei der wichtigen Abstimmung am Montag in einem Flughafenhotel in Hannover zwei der insgesamt zehn Präsidiumsmitglieder gefehlt hatten. Das Votum fiel anschließend knapp für Prokop aus. Damit war auch ein Rücktritt von DHB-Vize Bob Hanning kein Thema mehr. Der 50-Jährige hatte sein Schicksal zuvor an das von Prokop geknüpft. Dann hätten die Handballer wenige Monate vor der WM vor einem personellen Neustart im sportlichen Bereich gestanden - was einige Präsidiumsmitglieder sicher auch in ihrer Entscheidungsfindung beeinflusste. Jedenfalls scheint für einige in der Verbandsspitze auch nach dem brisanten Gipfeltreffen längst nicht alles geklärt.

Testspiele gegen Serbien

DHB-Präsidiumsmitglied Uwe Schwenker will in Kürze ein persönliches Telefonat mit dem Bundestrainer führen: „Es hat schon ein Gespräch gegeben, aber es bleiben noch ein paar Fragen“, sagte der Bundesliga-Chef. Schwenker hatte im Präsidium die Meinung der 18 Bundesligisten eingebracht, die mehrheitlich offenbar Zweifel an einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Bundestrainer geäußert haben. „Es gab einige, die sich für seinen Verbleib ausgesprochen haben und einige, die sich dagegen ausgesprochen haben“, sagte Geschäftsführer Bohmann.

Dennoch soll Prokop die Nationalmannschaft nun auf die WM vorbereiten. Zum ersten Stimmungstest kommt es Anfang April in zwei Testspielen gegen Serbien in Leipzig und Dortmund. Die beiden Partien eröffnen die Vorbereitung auf das Turnier. Und auch wenn Spitzenfunktionäre wie Geschäftsführer Thorsten Storm von Rekordmeister THW Kiel nun dazu aufrufen, „geschlossen hinter dieser Entscheidung“ pro Prokop zu stehen, ist der Druck auf den jungen Coach enorm. „Der Erfolg ist jetzt zwingend notwendig“, betont Bohmann. Prokop wird daran gemessen werden. Auf welche Spieler er auf dieser schwierigen Mission setzen kann, wird sich zeigen. „Ich denke, dass alle daran beteiligt sein wollen“, sagt er.

dpa

Auch interessant

Kommentare